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Dezember 1848

Dass Preußen am 5. Dezember 1848 eine Verfassung erhielt, wäre ohne die Revolution wohl kaum möglich gewesen. Jedoch hatte nicht die preußische Nationalversammlung die Verfassung beschlossen, sondern König Friedrich Wilhelm IV. Er erließ sie von oben und löste gleichzeitig das preußische Parlament auf. Nach seinem Willen sollte es auch zukünftig in Preußen keine echte Gewaltenteilung geben. Das Militär blieb ein "Staat im Staat". Es unterstand dem direkten Befehl des Königs und war der Kontrolle des Parlamentes entzogen. In der Gesetzgebung würde der König ein absolutes Veto haben. Das nach Besitz gestaffelte Dreiklassenwahlrecht der männlichen Bevölkerung schränkte die politische Teilhabe von Mittelschicht und Nichtbürgerlichen stark ein. Und die der Bevölkerung zugestandenen Grundrechte konnten im Falle eines "Notstandes" wieder eingeschränkt werden.

Die Abgeordneten der Nationalversammlung verabschiedeten am 20. Dezember 1848 nach ebenso langen wie intensiven Beratungen und Debatten eine deutlich modernere und liberalere Ordnung: Die "Grundrechte des deutschen Volkes" traten bereits am Folgetag ihrer Verkündigung in Kraft. Am 27. Dezember fertigte Reichsverweser Johann das Gesetz über die Einführung der Grundrechte aus. Standesunterschiede und Standesvorrechte wurden abgeschafft. Die Freiheit der Wohnung und der Presse wurden ebenso garantiert wie die Glaubens-, Gewissens-, Forschungs- und Lehrfreiheit. Frei war auch die Berufs- und Ausbildungswahl, die ebenso garantiert werden sollte wie die Gewerbe- und Wettbewerbsfreiheit. Der Besuch von Volksschulen sollte kostenlos möglich sein. Die Rechtsprechung sollte unabhängig werden. Verhaftungen würden künftig nur noch mit einem Haftbefehl möglich sein. Die Todesstrafe wurde weitestgehend abgeschafft, ebenso demütigende Strafen wie der Pranger, das Brandmarken oder die körperliche Züchtigung. Wichtige Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit errangen damit erstmals deutschlandweit Gültigkeit. Den Einzelstaaten schrieben die Grundrechte die Einführung einer Verfassung mit Volksvertretung und Verantwortlichkeit der Minister gegenüber dem Parlament vor.

Die meisten deutschen Staaten publizierten die Grundrechte und erkannten sie damit an. Doch gerade Flächenstaaten wie Österreich, Preußen, Bayern und Hannover verweigerten der neuen Ordnung die Anerkennung. Und obwohl die Grundrechte formal gesehen mit ihrer Verabschiedung und Gesetzlegung durch Nationalversammlung und Reichsverweser automatisch rechtswirksam geworden waren, fehlte die Möglichkeit, sie gegen den Willen der Einzelstaaten durchzusetzen. Einmal mehr wurden der Nationalversammlung öffentlich die Grenzen ihrer Macht veranschaulicht.

Angesichts der schwierigen politischen Entwicklung und dem Erstarken der gegenrevolutionären Kräfte wundert es nicht, dass sich immer mehr Menschen fragten, ob die verabschiedeten Grundrechte durchgesetzt werden konnten. Die wachsende Sorge um die Errungenschaften der Revolution und die zunehmende Kritik am parlamentarischen Prozess zeigte sich auch in den Karikaturen der Presse. Beispielsweise veröffentlichte der Frankfurter Verlag Eduard Gustav May zu Weihnachten 1848 Ausschnittbögen, mit denen man Hampelmänner in der Gestalt von Parlamentsabgeordneten basteln konnte. Parlamentspräsident Heinrich von Gagern erschien als Harlekin, der die Abgeordneten mit Glocke und Rute zur Ordnung rief. Der angeblich sehr lebensfrohe Abgeordnete Alexander von Soiron steckte in einem Weinfass. Und der Abgeordnete Gustav Adolf Rösler, den man häufig in einem gelben Mantel sah, erschien als "Reichskanarienvogel".