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"Geistreiches Ragout" und "Tugendhafte Hausklöse".
Heinrich Heine über Frankreich und Deutschland

Rückblick auf den Vortrag von Karin Füllner vom 20. September 2019

Dr. Karin Füllner bei ihrem Vortrag in Rastatt. 20.9.2019

Im Rahmen der Sonderausstellung „Zwei Völker versöhnen sich. Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag von 1963“ hatte die Bundesarchiv-Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte die an der Heinrich-Heine-Universität lehrende Dr. Karin Füllner zu einem Vortrag eingeladen.

Humorvoll und spannend schilderte Frau Füllner Heinrich Heines Leben und Schaffen in Frankreich und Deutschland und sein Streben, die beiden Völker einander näherzubringen. Seit seiner Kindheit während der Napoleonischen Ära fasziniert von Frankreich, das für ihn Fortschritt, Freiheit, Kultur – und gutes Essen – verkörperte, ging Heine 1831 selbst nach Frankreich, um als Zeitzeuge bei dem von der Julirevolution 1830 eingeleiteten „Aufbruch in die Freiheit“ dabei zu sein. Sein Abschied von Deutschland entsprang freilich auch dem Ärger über das „Land der Philister“, in dem der zeitweilig zum christlichen Glauben konvertierte Jude Heine sich durch staatliche Zensur und einen latenten Antisemitismus eingeschränkt fühlte. Nur vier Jahre später verbot die deutsche Bundesversammlung tatsächlich sämtliche Werke Heines – auch jene, die er noch gar nicht geschrieben hatte.

Doch bei aller Begeisterung für Paris, das „Foyer der europäischen Gesellschaft“, sah Heine auch in Frankreich hinter die Kulissen von Politik und Gesellschaft und kritisierte spitzzüngig das Gewinnstreben der neureichen Bourgeoisie des „Bürgerkönigs“ Louis-Phillipe. Auch wenn Heine die französische Lebensart, Küche und die französischen Frauen poetisch pries - wenn auch mit feiner Ironie – , wurde ihm das Land niemals zur Heimat, die für ihn immer Deutschland blieb. Deutsch blieb auch die Sprache, in der er aus dem selbstgewählten Exil heraus für ein freies Deutschland eintrat – trotz oder gerade wegen seiner bissigen Kritik an Kleinstaaterei, politischer Zensur und Engstirnigkeit, aber auch den „Teutomanen“ der deutschen Nationalbewegung, die den Hass gegen Frankreich als Mittel zur Identitätsstiftung propagierten.

Derartigen Bestrebungen stellte Heine Zeit seines Lebens die Idee einer Weltgesellschaft und einer gemeinsamen europäischen Zivilisation entgegen, die die einander feindlich gegenüberstehenden Nationalismen ablösen würde. Bei seinem Versuch, Deutsche und Franzosen einander näherzubringen, griff der „letzte Dichter der Romantik“ bewusst auch immer wieder die wechselseitigen Klischees zu der Küche, den Charakterzügen und der Lebensart der beiden Nachbarländer auf, um sie zu überspitzen und damit ironisch zu brechen.

Nach dem langanhaltenden Applaus der mehr als 50 Zuhörenden ließ der Vorsitzende des Fördervereins der Erinnerungsstätte, Prof. Dr. Gunter Kaufmann, auch einige Erinnerungen an die Zeit der französischen Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg in seine Dankesworte einfließen, die die Kindheit und Jugend vieler heute noch lebender Rastatter nachhaltig prägte.