Ganz nach dem Londoner Vorbild, wurde 1923 der Deutsche PEN-Club mit Sitz in Darmstadt gegründet. Die exklusive Mitgliedschaft im PEN-Club vor 1933 bedeutete vor allem eines: Diners und Tänze. Schriftsteller mit Namen trafen sich, um in einem freundschaftlichen Umfeld über literarische Themen zu sprechen. Die Anfangsphase des PENs war noch von einer englischen Club-Atmosphäre geprägt, die sich von starken politischen Überzeugungen eher distanzierte. So formulierte John Galsworthy, der erste Präsident des britischen PEN-Clubs: „No politics.“

Nach dem Ersten Weltkrieg war es das Ziel des PEN-Clubs, weltweit nationale Zentren zu gründen, um freundschaftliche Beziehungen zwischen Schriftstellern zu etablieren. Aus diesem vorerst apolitischen Ansatz entwickelten sich jedoch schon zeitnah die offiziellen PEN-Charta. Sie wurden Ausgangspunkt des Agierens des PENs und gelten noch heute für den Club. Um Schriftsteller, Literatur und die dafür nötige Meinungs- und Personenfreiheit zu schützen, war das Schriftstellerbündnis dazu verpflichtet, sich auch politisch zu engagieren. Was mit der Bereitstellung sicherer Transitwege ins Ausland, für in ihrem Land gefährdete Autoren, begann, entwickelte sich über die Zeit zu einer internationalen Menschenrechtsorganisation und resultierte in der fortschreitenden Politisierung des PENs.

So interpretierte schon Heinrich Böll (Präsident des westdeutschen PENs 1970-1974) die Charta als politischen, statt freundschaftlichen Verbund: „Was sich aus der Charta keinesfalls herauslesen lässt, ist die Interpretation des PEN als eines ausschließlich geselligen Clubs, der Gemütlichkeit und Schulterklopferei zu pflegen habe – und nicht einmal sie, die Geselligkeit, wird ja gepflegt. Liest man die Charta genau, so enthält sie […] viel Aufforderung zur politischen Aktivität und Wachsamkeit. […]“

Als Reaktion auf die Bücherverbrennung und die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 wurde das Deutsche PEN-Zentrum angeklagt und aufgelöst. Geflohene deutsche Autoren bildeten 1934 den Deutschen Pen-Club im Exil, welcher noch heute unter dem Namen „PEN-Zentrum für deutschsprachige Autoren im Ausland“ besteht. Nach dem Zweiten Weltkrieg bildete sich 1948 erneut ein Deutsches PEN-Zentrum. Inmitten des Kalten Krieges spaltete sich aber auch dieses 1951 in ein West- und ein Ost-Zentrum.

Das vorliegende Dokument befasst sich mit der Entwicklung und der schließlichen Spaltung des PEN-Zentrums seit seiner Neugründung 1948. Der Verfasser, Günther Birkenfeld, forderte, gemeinsam mit Rudolf Pechel und Theodor Plievier, die Trennung des deutschen PEN-Clubs, auf Grund politischer Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedern aus der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik (Einschreiben siehe Link). Sie bewerteten die Treue zu einem Staat, welcher die Meinungs- und Pressefreiheit einschränkte, als unvereinbar mit einer Mitgliedschaft im PEN, gar als Regelverstoß gegen die Charta des Clubs. Das Präsidium des PEN-Clubs musste also seine Werte und Richtlinien neu definieren: War der verpflichtende Schutz der Meinungsfreiheit und des Schriftstellertums über den Grundsatz, dass politische Ansichten nicht zu einer Spaltung führen durften, zu stellen? Letztlich wurde der Forderung dennoch nicht nachgegangen. Somit traten sie, und viele weitere Schriftsteller, aus dem Club aus, um 1951 ihren eigenen, das PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland, zu gründen.

Mehr Informationen zum Konflikt und der Spaltung des PENs, finden Sie hier:

1951 wurde das Deutsche PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland ins Leben gerufen und ein Jahr später offiziell anerkannt, Erst 1953 entstand ebenfalls die PEN-Gruppe der Deutschen Demokratischen Republik. Des Öfteren klagte der PEN der Bundesrepublik Politiker und den PEN-Club der DDR an und äußerte Unverständnis für deren Vorgehen. Trotz Annäherungsversuchen, wie gegenseitige Einladungen zu PEN-Veranstaltungen, schafften es die beiden Clubs jedoch nicht, ihre politischen Differenzen zu überwinden. Erst 1998, fast 10 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands, einigten auch sie sich auf einen gesamtdeutschen PEN-Club.

Das PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland wagte sich nun auch, über seine literarische Agenda hinaus, das Wort zu erheben. Neue Gesetzgebungen, welche potenziell die Meinungsfreiheit gefährden konnten, inhaftierte Schriftsteller, die Hilfe benötigten und politische Ereignisse, wie Machtübernahmen und Militär-Putsche, waren der neue Diskussionsstoff auf den Mitgliederversammlungen. Auch die Presse nahm diesen Wandel war, so formuliert ein Zeitungsbericht anlässlich der Tagung am 16.04.1971 in Nürnberg: “Ende der Teestunden-Ära – PEN-Club ist politischer geworden:
Die Zeiten, da man PEN einen Altherrenverein und seine Jahresversammlung eine Teerunde nennen konnte, scheinen endgültig vorbei zu sein. Jetzt wird Tacheles geredet. Das zeigte die Jahrestagung 1971. Heinrich Böll, Präsident des Deutschen PEN-Zentrums der Bundesrepublik, in Nürnberg: „Wenn man die PEN-Charta liest, muß man feststellen, daß der PEN-Club gar nicht politisch genug sein kann.“ (aus: Zeitungsartikel der WELT vom 18.04.1971)

Bei seiner internationalen Mission, Schriftsteller und Literatur zu schützen und zu unterstützen, welche durch die Politik eines Landes erst gefährdet wurden, erkannte der PEN, dass er sich gerade politisch engagieren musste.

Der PEN-Club gewann schon bald an Aufsehen. Er wurde unter anderem für seine hitzigen Debatten über große politische Themen bekannt. Seine Tagungen fanden öffentlich statt und zogen teilweise so viele Zuschauer an, dass sie gar nicht mehr alle in die Veranstaltungshalle passten. Auch die Medien verfolgten und berichteten über die Diskussionen und Beschlüsse der Mitgliederversammlungen. Im Vergleich zu 1929, als es in einem Schreiben an das Präsidium des Clubs noch hieß: „Manche außerhalb von Berlin wohnende Schriftsteller scheinen den Eindruck zu haben, dass ihnen die Zugehörigkeit zum P.E.N.-Club keinen ausreichenden Vorteil bringe“, gewann die Autorenvereinigung 1952-1975 jährlich mindestens 20 Mitglieder.
Auch von der Politik wurde dem Club Anerkennung geschenkt. Viele PEN-Veranstaltungen wurden von der Regierung finanziell gefördert und durch die Präsenz von Politikern geprägt. Da der deutsche PEN häufig Mitglieder anderer PEN-Vereinigungen einlud, oder diese in ihrem Land besuchte, erfüllte er auch durchaus eine diplomatische Rolle für die Bundesrepublik.

Prof.Dr. Walter Jens illuminiert die Evolution und Bedeutung des PEN-Clubs; Seine einst elitären Züge weichen seiner Relevanz als politisches Diskussionsforum. Er schließt, dass der Club jene beiden Pole vereint. Die PEN-Charta interpretiert er als politische Bestrebungen, welche somit die fortschreitende Politisierung des Autorenzusammenschlusses bereits prädestinierten.

In seinem Einschreiben kritisiert der Schriftsteller Ottfried Preußler die Politisierung des Autorenverbandes, wodurch der einst primär freundschaftliche Schriftstellerverbund von hitzigen politischen Debatten abgelöst wurde. Preußler war nicht der Einzige, der 1976-1978 aus dem PEN-Club austrat. Den Charakterwandel des PENs kritisierten viele deutsche Schriftsteller.