Adenauer war nach dem Zweiten Weltkrieg für viele kein politisch Unbekannter. In Erinnerung geblieben war er vielen noch als Beigeordneter und Oberbürgermeister Kölns sowie, wie hier zu sehen, als Präsident des preußischen Staatsrates (1931).

Am 23.3.1949 verkündete Adenauer (nun Mitglied der 1945 neugegründeten CDU) als Präsident des Parlamentarischen Rats das Grundgesetz.

Nach dem Krieg galt es für die Überlebenden, die Erfüllung der existenziellen Bedürfnisse zu gewährleisten und den Wiederaufbau zu beginnen. Dies zu unterstützen war eine der wichtigsten Aufgaben, die die erste Regierung der Bundesrepublik erwartete.

Auch vier Jahre nach Kriegsende, in dem Jahr also, in dem die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde und Adenauer seine Kanzlerschaft begann, befanden sich noch enorme Mengen Schutt in den Städten. Selbst Jahrzehnte später konnte man noch vereinzelt Ruinen der Kriegszeit in Städten und auf dem Land entdecken.

Offiziell beendet wurde der Kriegszustand mit Deutschland von vielen Staaten erst 1951.

Die Regierung war sich bewusst, dass Deutschland bei vielen Staaten noch auf Misstrauen stieß. Eine europäische Zusammenarbeit begann Adenauer durch den Schuman-Plan und den Beitritt zur Montanunion. Besonders das Ruhrgebiet profitierte von den neuen wirtschaftlichen Regelungen des Kohle- und Stahlhandels.

Fortgeführt wurde dieser Schritt mit den weitergehenden Römischen Verträgen von 1957. Mit diesen wurde nicht nur die EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft), sondern auch die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gegründet. Über letztere setzten sich die Mitgliedsstaaten zum Ziel, die Kernforschung zu fördern und gemeinsame Regelungen zum Umgang mit radioaktiven Stoffen festzulegen.

In der BRD hatte Adenauer schon zwei Jahre zuvor Kontakt zum renommierten Physiker Werner Heisenberg aufgenommen, mit dem Wunsch, dass dieser ein Programm zur Erforschung und friedlichen Nutzung von Kernenergie leiten möge.

In die engere Auswahl möglicher Reaktorstandorte zur Atomforschung gelangten Karlsruhe und München, die sich hierzu beworben hatten. 1957 wurde der erste Forschungsreaktor in Garching bei München errichtet.

Ohne Kritiker war Adenauer zweifellos nicht. Größter politischer Konkurrent war die SPD, auf einer ganz anderen Ebene war jedoch das Verhältnis zur KPD. Bevor diese 1956 (mit Antrag von 1952) verboten wurde, …

… machte die Partei in der Öffentlichkeit rigoros darauf aufmerksam, dass sie Adenauers Politik – im Besonderen die Distanzierung von der UdSSR - für den falschen Weg hielt. Wie das nebenstehende Plakat der KPD verdeutlicht, spielte schon seit Beginn seiner Kanzlerschaft sein verhältnismäßig hohes Alter eine Rolle. So, wie spätere Bundeskanzler mit den Spitznamen "Birne" oder "Mutti" versehen wurden, war er für viele, gerade in den späten Jahren kurz vor seinem Rücktritt, nur mehr "der Alte".

Umstritten war des Weiteren seine Verteidigungspolitik. Vielen war nicht wohl bei dem Gedanken, dass die BRD mit der 1955 gegründeten Bundeswehr bereits zehn Jahre nach dem Krieg wieder eine Armee haben sollte (vgl. Friedensbewegung, "Ohne mich-Bewegung"). Kritisiert wurden auch die hohen Ausgaben und die wachsende Gefahr eines neuen Krieges infolge des zunehmenden Konflikts zwischen Ost und West, zumal die Existenz Deutschlands im Falle einer militärischen Auseinandersetzung (gerade beim Einsatz von Nuklearwaffen) auf dem Spiel gestanden hätte.

Adenauer verortete das wiederbewaffnete Westdeutschland fest im Bündnis der westlichen Staaten: Im Jahr 1955 wurde die Bundesrepublik (im Rahmen der Pariser Verträge) Mitglied der NATO.

Im Umkehrschluss bedeutete die von Adenauer betriebene Westintegration auch die endgültige Distanzierung von der Sowjetunion und die Verschlechterung der diplomatischen Beziehungen. Nachdem die Bundesregierung bereits (auch auf Druck der Westmächte) die Stalin-Noten von 1952 abgelehnt hatte, zerbrach das Verhältnis zum Osten durch die Unterzeichnung der Pariser Verträge (1955) endgültig. Die Pariser Verträge sahen neben dem NATO- und WEU-Beitritt auch das Ende des Besatzungsstatuts in der BRD vor (Deutschlandvertrag).

Zudem war das deutsch-französische Abkommen über das Saarstatut unter den in Paris unterzeichneten Verträgen. Dadurch sollte das Saarland als Teil des europäischen Staatsgebietes einem WEU-Kommissar unterstellt werden. In einer Volksabstimmung lehnten die Saarländer dieses Abkommen jedoch mehrheitlich ab, 1957 wurde das Saarland als zehntes Bundesland Teil der Bundesrepublik Deutschland.

Um die ausreichende Armeegröße der neuen Bundeswehr zu garantieren, wurde 1956 die zunächst 12-monatige Wehrpflicht eingeführt.

Zeitgenössischer Entwurf eines Musterungszettels.

Im Ost-West-Konflikt war die Wiederbewaffnung der BRD Wasser auf die Mühlen der DDR in ihrer ideologischen Argumentation. Enge Beziehungen zur DDR hatte hingegen die KPD, weshalb der Präsident der DDR, Wilhelm Pieck, in einem Schreiben an Bundespräsident Heuss die Freilassung von verurteilten Parteimitgliedern forderte.

Das Verhältnis zwischen CDU und SPD zu verschlechtern hat sich offenbar auch der anonyme Verfasser dieses Briefes zum Anliegen gemacht, der mit einem (wohl gefälschten) Schreiben Ulbrichts geheime Absprachen zwischen der SPD und der Führung der DDR darzustellen versuchte.

Ohnehin galt das besondere Augenmerk Adenauers der Außenpolitik - zwischen 1951 und 1955 war er nicht nur Bundeskanzler, sondern auch Außenminister der BRD. Exemplarisch deutlich wird dieses Interesse anhand eines Briefes an den ehemaligen Bundespräsidenten Heuss aus dem Jahr 1960.

Konrad Adenauer bei einem Besuch in Japan (1960).

Kanzler Adenauer auf einer Reise nach Amerika und Japan (1960).

Auch im Inland wusste er in Wahlkämpfen zu überzeugen und durch geschickt platzierte Maßnahmen, gerade im sozialen Bereich, viele Wähler auf seine Seite zu bringen. Nach der Rentenreform von 1957, die die Rentenbeiträge durch die neu eingeführte Umlagefinanzierung ("Generationenvertrag") deutlich erhöht hatte, konnte die CDU/CSU 1957 das erste und bisher einzige Mal die absolute Mehrheit bei einer Bundestagswahl erreichen.

Diese Vorrangstellung seiner Partei versuchte er auszubauen, zum Teil auch mit weniger rühmlichen Mitteln wie der Einflussnahme auf die Medien (Versuch der Installation eines zweiten, staatsnäheren Fernsehsenders).

Viele Deutsche verbinden mit Konrad Adenauer auch die in Moskau ausgehandelte Rückkehr der Kriegsgefangenen, die ab 1955 als Spätheimkehrer nach Deutschland zurückkehren konnten.

Mitte der 1950er begann auch das Thema der Arbeitszeitverkürzung (40-Stunden-Woche) und der 5-Tage-Woche in den Fokus zu geraten. In der Zeit des Wirtschaftswunders wurden diese Reformen allerdings in vielen Branchen überwiegend erst ab Mitte der 1960er durchgesetzt.

Bonn, das sich in der Abstimmung über die provisorische Hauptstadt der Bundesrepublik 1949 gegenüber Frankfurt durchgesetzt hatte, war der Favorit des Rheinländers Adenauer gewesen und unweit seiner Heimat Köln gelegen. Allerdings bemängelte er, dass Bonn sich in den Folgejahren nicht optimal zu einer Hauptstadt entwickelt habe.

Als sich nach Ende der zweiten Amtsperiode des Bundespräsidenten Heuss (im Jahr 1959) die Frage der Nachfolge stellte, geriet auch Adenauer ins Gespräch. Er lehnte dieses Amt, in dem er weniger politischen Einfluss gehabt hätte, ab. Neuer Bundespräsident wurde stattdessen sein Landwirtschaftsminister Heinrich Lübke.

In den letzten Jahren seiner Kanzlerschaft intensivierte Adenauer die Versöhnung mit Frankreich und ebnete zusammen mit Charles de Gaulle den Weg für die deutsch-französische Freundschaft. 1963 unterzeichneten beide Staatschefs den Élysée-Vertrag, um auf mehreren Ebenen den bilateralen Austausch zu fördern, etwa durch Jugend- und Kulturprogramme.

Ein großer Rückschlag, wohl auch beeinflusst durch Adenauers Politik der Westbindung, war der Bau der Berliner Mauer im August 1961. In dieser Situation profilieren konnte sich der Regierende Bürgermeister von (West-)Berlin, Willy Brandt (SPD).

Dass Adenauer seinen katholischen Glauben nicht nur privat lebte, wird zum einen an seiner engen Beziehung zu Vertretern der katholischen Kirche, zum andern auch anhand seiner gesellschaftspolitischen Vorstellungen evident. So verschleppte die Bundesregierung lange die grundgesetzlich geforderte Behebung von Missständen in der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Und auch während der Erarbeitung eines neuen Familienrechts fiel Adenauer durch seine konservative Haltung auf, indem er an der herausgehobenen Stellung des Mannes in der Ehe und Familie vergeblich festzuhalten versuchte (Bsp.: Stichentscheid des Vaters).

Erholung suchte Adenauer bei seiner Familie, in seinem Wohnhaus in Rhöndorf und bei Sommerurlauben.

Wie er in einem Brief an Heuss offenbarte, erforderte sein Amt auch im Urlaub mehrere Stunden Arbeit pro Tag.

Gerne reiste er dabei ins italienische Cadenabbia am Comer See, wo er sich auch seinem Hobby, dem Boccia, widmete. Zeit seines Lebens konnte er sich zudem für das Tüfteln (für einige seiner Erfindungen ließ er sich Patente ausstellen) und Gärtnern (insbesondere Rosen) begeistern.

Im Nachlass des Journalisten Peter von Zahn, der Adenauer in seinen letzten Jahren mehrfach in Vorbereitung seiner Adenauer-Dokumentation "Die fünf Prüfungen des Oberbürgermeisters" (1969) interviewt hatte, finden sich interessante Dokumente, die eine nähere Charakterisierung zulassen – von Adenauers Ansichten über globale Themen bis hin zu seiner Marotte des Daumenreibens.

Als Adenauer 1963 wie angekündigt vor Ende der 4. Legislaturperiode zurücktrat, prognostizierte Karl Brammer (CDU-Mitglied und Journalist) in einem Brief an Heuss treffend: "Nun geht Konrad Adenauer von uns und ich glaube auch nicht, wie Sie mir einmal schrieben, daß er ein echter Ruheständler sein wird. In der Fraktion und im Auswärtigen Ausschuß wird er sich schon oft zu Wort melden."

Adenauer bei seiner Rücktrittsrede vor CDU-Mitgliedern.

Bis zu seinem Tod blieb Konrad Adenauer Bundestagsabgeordneter und gewann noch mit 89 Jahren den Wahlkreis Bonn bei der Bundestagswahl 1965.

Im April 1967 verschlechterte sich der Gesundheitszustand Adenauers. Im Kanzleramt (nun unter Bundeskanzler Kiesinger) bereitete man sich auf das Ableben des Altkanzlers vor und plante die Trauerfeierlichkeiten.

Als Adenauer dann am 19. April 1967 verstarb, beherrschte dieses Thema die Medien. Zahlreiche Kondolenzschreiben von Bürgern und Politikern im In- und Ausland gingen bei der Bundesregierung ein.

Ein Kondolenzschreiben der französischen Stadt Lillebonne (Seine-Maritime) an die deutsche Partnerstadt Immenstadt. Darin informierte der Bürgermeister auch darüber, dass der Stadtrat entschieden habe, eine Straße der Stadt nach Adenauer zu benennen: "Allée Conrad Adenauer".

"Rue Conrad Adenauer" im französischen Rosny-sous-Bois.

Die Trauerfeierlichkeiten unter Anwesenheit von Verwandten und Freunden des Verstorbenen sowie vielen weiteren Gästen und der Presse fanden am 25. April 1967 im Kölner Dom statt. Anschließend sollte der Sarg per Schiffskonvoi auf dem Rhein nach Grafenwerth überführt werden.

Auch Bundeskanzler Kiesinger, Bundespräsident Lübke und Bundestagspräsident Gerstenmaier ergriffen bei diesem Staatsakt das Wort.

Der nähere Ablauf des Staatsaktes kann den nebenstehenden Dokumenten entnommen werden.

Bild der Trauerfeier vor dem Kölner Dom.

Adenauers gesamtes Leben bilanzieren zu wollen, gestaltet sich naturgemäß als schwierig. Durch die Standortgebundenheit des Betrachters können sich leicht einseitig kritische oder glorifizierende Einschätzungen ergeben. Wie schon seine Zeitgenossen können wir uns heute retrospektiv die Frage stellen, ob die Entscheidungen dieses Kanzlers (und seiner Minister) immer die richtigen gewesen sein mögen. Zweifellos lässt sich dabei erkennen, dass die Leistungen der Ära Adenauer in Teilen noch in der heutigen Bundesrepublik ausgemacht werden können, etwa mit Blick auf unser Sozialsystem und die europäische Zusammenarbeit. Nachzudenken ist aber auch über Alternativen zu den getroffenen politischen Maßnahmen, zumal von nachfolgenden Bundesregierungen einige Aspekte revidiert wurden (Hallstein-Doktrin, Ostpolitik). Das große Verdienst Konrad Adenauers mag es sein, mithilfe seiner langjährigen politischen Erfahrung im Stande gewesen zu sein, die Basis für einen stabilen deutschen Staat und ein gutes Verhältnis zu seinen westlichen Nachbarn in Europa geschaffen zu haben – dies angesichts zweier vorangegangener Weltkriege und des (wenngleich unter anderen Bedingungen) mit der Weimarer Republik bereits schon einmal gescheiterten Versuchs, eine stabile Demokratie in Deutschland zu errichten.

Umstritten bleibt Adenauers Verhältnis zu (früheren) Nationalsozialisten. In vielen Fällen wurden diese wieder in relevante Positionen eingesetzt. Nennenswert ist an dieser Stelle insbesondere Hans Globke, der im Reichsinnenministerium unter anderem an den Nürnberger Rassegesetzen mitgearbeitet hatte - 1953 wurde er Chef des Bundeskanzleramts und blieb dies bis zum Rücktritt Adenauers 1963.