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Pferde im Einsatz bei Wehrmacht und Waffen-SS

Der Pferdebestand der Reichswehr lag 1933 bei etwa 42.000 Pferden und stieg in der Wehrmacht der Vorkriegszeit auf etwa 170.000. Insgesamt wurden auf deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg 2.800.000 Pferde eingesetzt.

  • Nationalsozialismus (1933-1945)

Hintergrundinformationen

Hintergrundinformationen

Benennung der äußeren Körperteile des Pferdes; Vorschrift "Das Truppenpferd" von 1938 (RHD 4/11/2, S.18) Das landläufige Bild von der Wehrmacht als einer vollmotorisierten Armee und Inbegriff der technischen Möglichkeiten ihrer Zeit ist eine Legende, die zum guten Teil auf bewußter seinerzeitiger Propaganda beruht. Tatsächlich war die Wehrmacht in ihrer Masse bespannt und beritten, das Pferd war eines ihrer Haupt-Fortbewegungsmittel.Der Pferdebestand der Reichswehr lag 1933 bei etwa 42.000 Pferden und stieg in der Wehrmacht der Vorkriegszeit auf etwa 170.000. Am Tag des Kriegsbeginnes am 1. September 1939 lag der Pferdebestand infolge zusätzlicher Einziehungen bei 573.000 Pferden. Zwei Jahre später wurden für den Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 750.000 Pferde bereitgestellt. Insgesamt wurden auf deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg 2.800.000 Pferde eingesetzt und es gab nach Ende des Krieges tatsächlich Pferde, die den gesamten Krieg über als Truppenpferd "gedient" hatten.

Die Verluste waren indes hoch. Einer Aufstellung des Generalstabes des Heeres zu den Pferdeverlusten im Feldheer (einschl. der Luftwaffen-Feldeinheiten) für den Zeitraum vom 22. Juni 1941 bis zum 31. Dezember 1944 zufolge, lag der Monatsdurchschnitt an Totalausfällen bei Pferden in der Regel bei etwa 30.000, davon über 90% beim Ostheer. Insgesamt beliefen sich die Totalverluste an Pferden seit dem 22. Juni 1941 auf 1.558.508. Im Dezember 1944 lag die Totalausfallsrate bei 26.134 Pferden, wovon 10.058 durch Feindeinwirkung starben und knapp 2500 an Erschöpfung - bei einem Gesamtbestand in diesem Monat von etwa 930.000 Pferden. Zusätzlich befanden sich 40-80.000 Pferde pro Monat im Krankenstand.

Pferde wurden in drei Bereichen eingesetzt: Zum einen in der Kavallerie von Heer und Waffen-SS als Fortbewegungsmittel des kämpfenden Soldaten. Zum andern auch bei den anderen Waffengattungen als Fortbewegungsmittel des Führungspersonals (Offizierspferde). Und darüberhinaus als Zugtiere vor allem bei der Artillerie, aber auch bei den Pionieren und der Nachrichtentruppe und natürlich bei den Versorgungstruppen allgemein. In den letzten beiden Bereichen wurden Pferde auch bei der Luftwaffe und der Marine eingesetzt.

Der am 28. Juni 1919 von der Reichsregierung unterzeichnete Versailler Vertrag forderte nicht nur die Reduzierung der deutschen Armee auf 100.000 Mann, er legte auch die Zusammensetzung dieses "100.000-Mann-Heeres" fest: 21 Infanterie-Regimenter, 7 Artillerie-Regimenter und stattliche 18 Reiter-Regimenter. Im kleinen 100.000-Mann-Heer sollte diese Zusammenstellung zu einem unzeitgemäßen und nur begrenzt effektiven militärischen Instrument führen. Die 41 Reichswehr-Kavallerie-Regimenter der Vorläufigen Reichswehr wurden bereits im September 1919 im Übergangsheer auf 24 Reichswehr-Kavallerie-Regimenter reduziert. Im Zuge der Bildung des schließlichen 100.000-Mann-Heeres entstanden ab Mai 1920 die 1. bis 3. Kavallerie-Division mit dem 1. bis 18. Reiter-Regiment.

Ab Oktober 1934 gingen mehrere Reiter-Regimenter an die Kraftfahrkampftruppe und wurden umgebildet zu Reiter-Regimentern (mot.) und später zu Schützen-Regimentern, Panzer-Regimentern und Kradschützen-Bataillonen. Aus den noch vorhandenen Reiter-Regimentern entstanden ab Juli 1936 neue Kavallerie-Regimenter. Diese bestanden zusätzlich zu den Reiter-Schwadronen auch aus Radfahr-Schwadronen, motorisierten Teileinheiten und Nachrichten-Einheiten. Sie umfaßten damit drei verschiedene Fortbewegungsmittel bei deutlich erhöhter Feuerkraft. Im Jahr 1939 bestand schließlich in jedem Wehrkreis (außer XVIII) ein Kavallerie-Regiment, dazu kam die 1. Kavallerie-Brigade mit den Reiter-Regimentern 1 und 2.

Mit der Mobilmachung wurden die 13 bestehenden Kavallerie-Regimenter aufgelöst und traten planmäßig zu den neu aufgestellten Aufklärungs-Abteilungen der Divisionen. Nach Bildung der 2. Kavallerie-Brigade mit zwei neugebildeten Reiter-Regimentern entstand zudem die 1. Kavallerie-Division (trotz Teilmotorisierung mit einem Bestand von 17.000 Pferden). Diese bestand bis zum 28. November 1941 und wurde dann zur 24. Panzer-Division umgebildet. Die Infanterie-Regimenter wiederum erhielten jeweils einen Infanterie-Reiterzug (ein Infanterie-Regiment von 1940 umfaßte so 626 Pferde). Zusammen mit den Aufklärungs-Abteilungen bildeten diese die "Truppenkavallerie", gegenüber der 1. Kavallerie-Division als "Heereskavallerie".

Im Winter 1941/42 wurden die Aufklärungs-Abteilungen an der Ostfront zwar sehr erfolgreich eingesetzt, waren jedoch bald auch völlig ausgebrannt, ebenso die Infanterie-Reiterzüge. Aus den im Winter 1942/43 daher noch bei Divisionen im Osten befindlichen Reiter-Schwadronen wurden die Reiterverbände Boeselager und Winning gebildet, aus denen bis zum Sommer 1943 die Kavallerie-Regimenter Mitte, Nord und Süd gebildet wurden. Im Jahr 1944 entstanden hieraus die Kavallerie-Regimenter 5, 31, 32 und 41, vereinigt in der 3. und 4. Kavallerie-Brigade und schließlich im I. Kavallerie-Korps, das in der Folge an der Ostfront eingesetzt wurde, nach Ostpreußen zurückging, weiter nach Ungarn zog und schließlich im Mai 1945 in Österreich in britische Gefangenschaft ging.

Letztlich war es allein das Pferd, das die Infanterie beweglich machte, nicht nur daß es ihr mit den genannten Einheiten als Aufklärung diente, es zog auch die schweren Waffen, die Versorgungsfahrzeuge und beförderte die Führungsorgane. Im Fortgang des Krieges dehnte sich der Tätigkeitsbereich der Pferde tatsächlich noch aus, auch die motorisierten und Panzer-Divisionen mußten in ihren Versorgungs- und Unterstützungsteilen zunehmend auf Pferde zurückgreifen (Pferdebestand derartiger Divisionen 1942: ca. 1500), desgleichen bei Luftwaffe und Marine. Selbst die Volks-Grenadier-Divisionen von 1944 umfaßten planmäßig noch 1290 Pferde gegenüber nur 57 motorisierten Fahrzeugen.

Letztlich wurde die Pferdeabhängigkeit bedingt durch die wirtschaftlichen Realitäten. Der deutschen Industrie gelang es zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd soviele Fahrzeuge zu produzieren, wie für eine durchgreifende Vollmotorisierung nötig gewesen wären. Hinzu kam das bereits für den bestehenden Fahrzeugbestand zunehmend gravierendere Problem der Betriebsstoffversorgung. Das Pferd war in diesem Szenario kein Anachronismus, sondern ein nachwievor brauchbares und vertrautes Hilfsmittel.

Thomas Menzel