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Stalingrad - Teil 1

Der Weg der 6. Armee nach Stalingrad, die Einschließung und der gescheiterte Entsatzversuch (September 1941 – 31. Dezember 1942)

  • Nationalsozialismus (1933-1945)

Hintergrundinformationen

Hintergrundinformationen

Am 31.1. und 2.2.2013 jährten sich zum 70. Mal die beiden Tage, an denen im Süd-, bzw. Nordkessel von Stalingrad die deutschen Truppen und ihre Verbündeten die Kampfhandlungen einstellten.

Kein anderer Schlachtort des Zweiten Weltkriegs ist auch heute noch derart bekannt wie Stalingrad. Kaum eine andere Schlacht wurde derart intensiv erforscht und zugleich kontrovers bewertet. Und wohl mit keiner anderen Schlacht verbinden sich neben den Emotionen Betroffener auch derart viele Deutungsversuche.

Es gibt gute Gründe in der deutschen Niederlage von Stalingrad eine Kriegswende zu sehen. Es war schließlich die erste derartige Niederlage für die Wehrmacht. Doch es gibt auch gute Gründe, vor einer diesbezüglichen Überbewertung zu warnen. Denn der Zweite Weltkrieg zog sich in Europa nach Stalingrad noch über 27 Monate hin. Und schlußendlich ist es auszuschließen, daß ein anderer Kriegsausgang als der tatsächliche jemals im Bereich des Möglichen lag. Der Begriff einer „Wende“ ist daher irreführend.

Doch mit Stalingrad verbindet sich nicht „nur“ der Verlust einer Armee und einiger weiterer angeschlossener Verbände und Einheiten. Es ist die Kombination von Vermeidbarkeit und ab einem bestimmten Zeitpunkt Unausweichlichkeit eines tragischen Schicksals für hunderttausende von Soldaten, in einer Stadt, die ihrerseits hunderttausende von Opfern zu beklagen hatte, umgeben von einem Gegner, der bis zu seinem Sieg ebenfalls hunderttausende von Gefallenen zu beklagen hatte. Es ist die Beobachtung der sich langsam entwickelnden Tragödie, die bereits die Zeitgenossen aufwühlte.

Diese Tragödie spielt sich ab vor dem Hintergrund eines Krieges, der an dieser Front auf deutscher Seite bewußt als "Vernichtungskrieg" abseits althergebrachter Regeln und Bräuche geführt wurde. Der getragen wurde von den verbrecherischen Zielen eines gewissenlosen Regimes, die wiederum in der Regel geduldet und häufig genug auch unterstützt wurden von weiten Teilen der deutschen Gesellschaft, insbesondere auch der Wehrmacht.

Auch die 6. Armee mit ihren Verbänden und Einheiten war Teil dieses Vernichtungskrieges. Sie war dies in der Phase, in der Walter von Reichenau ihr Oberbefehlshaber war, sogar in besonders prägnanter Form. Dies relativiert nicht ihr tragisches Ende in Stalingrad – aber es darf auch nicht ob des tragischen Endes unerwähnt bleiben.

Es kann an dieser Stelle nicht die äußerst komplexe Geschichte der Schlacht um Stalingrad erzählt oder gar wissenschaftlich dargestellt werden. Hierfür wird auf die unten angeführte Standardliteratur zum Thema verwiesen. Diese Internetgalerie will lediglich anhand einer zwangsläufig begrenzten Auswahl von Dokumenten und Bildern aus dem in der Abteilung Militärarchiv des Bundesarchivs verwahrten Schriftgut der Wehrmacht den Ablauf des Geschehens verdeutlichen und dabei zumindest die zentralen Dokumente präsentieren.

Die Galerie umfaßt zwei Teile: Teil 1 bis zum 31.12.1942, Teil 2 ab dem 1.1.1943.

Auswahl und Texte: Thomas Menzel

Technische Umsetzung: Nina Janz

Danke für die Unterstützung an die Kolleginnen und Kollegen der Abteilung Filmarchiv und des Referates B 6 (Bildarchiv)!

Stalingrad – Teil 1

Der Weg der 6. Armee nach Stalingrad, die Einschließung und der gescheiterte Entsatzversuch

Sept. 1941 – 31. Dez. 1942

Der Ostfeldzug hatte 1941 nicht den gewünschten Abschluß gefunden. Der Widerstandswille der Sowjetunion und der Roten Armee war ungebrochen und die Kämpfe des Winters 1941/42 hatten die Wehrmacht in überaus starkem Maß gefordert. Die Entscheidung sollte nun 1942 in einem zweiten Feldzug gesucht werden. Hierzu erging am 5. April die Führerweisung Nr.41. Für die deutsche Sommeroffensive an der Ostfront wurden als Ziele bestimmt, im Norden Leningrad "zu Fall" zu bringen und Verbindung mit den Finnen herzustellen sowie im Süden in den Kaukasus-Raum vorzudringen. Für Stalingrad war vorgesehen, die Stadt zumindest unter schweres Feuer nehmen zu können, um sie so als Rüstungs- und Wirtschaftszentrum auszuschalten. Die Mitte der Ostfront sollte ihre Positionen halten.

Allerdings drang zunächst die Rote Armee auf Charkow vor. Im Laufe des Mai kam es zu schweren Kämpfen um Charkow, das letztlich gehalten wurde und zur Eroberung der Halbinsel Kertsch am Schwarzen Meer. Ende Juni begann die Offensive in Richtung Kaukasus, am 1. Juli wurde Sewastopol erobert, am 23. Juli Rostow. Die deutschen Truppen kamen zügig, aber nicht zügig genug voran. Der Gegner wich aus und das eigentliche Ziel, die Vernichtung großer Teile der Roten Armee, wurde nicht erreicht.

Diese Lage führte am 23. Juli zur Führerweisung Nr.45. Diese sah nun die Aufspaltung der Offensive vor. Es sollte nun einerseits der Kaukasus erreicht und dabei die Ostküste des Schwarzen Meeres besetzt werden, sowie in der Folge Baku am Kaspischen Meer erreicht und genommen werden. Ziel waren vor allem die dortigen Ölquellen. Andererseits war weiter über den Don vorzustoßen, Stalingrad zu besetzen, die Wolga zu sperren und im Anschluß nach Astrachan am Kaspischen Meer vorzustoßen.

Im Juli und August drangen die deutsche Truppen über den Don gegen immer stärker werdenden Widerstand weiter nach Osten und Südosten vor. Am 23. August erreichte das XIV. Panzerkorps nördlich von Stalingrad die Wolga. Am 3. September stießen westlich von Stalingrad die 6. Armee und die 4. Panzerarmee aufeinander und am 10. September erreichte das XXXXVIII. Panzerkorps südlich von Stalingrad die Wolga. Stalingrad war damit von drei Seiten von deutschen Truppen umschlossen, die weiter auf die bereits durch deutsche Luftangriffe schwer getroffene Stadt vordrangen und diese Mitte September erreichten. Die Besetzung der Stadt durch die 6. Armee stieß weiter auf starken Widerstand, der von Haus zu Haus langsam und verlustreich niedergekämpft werden mußte.

Diese Kämpfe zogen sich noch über den ganzen Oktober und darüber hinaus hin. Doch bereits am 8. November, am Vorabend der Gedenkveranstaltung zum Putschversuch von 1923, sprach Hitler in einer Rede in München davon, er "habe" Stalingrad "bereits". Zu diesem Zeitpunkt war Stalingrad zu 90% deutsch besetzt und die schweren Kämpfe dauerten ungemindert an. Hitler erklärte, er werde den Rest mit "ganz kleinen Stoßtrupps" erledigen.

In der Zwischenzeit wurde auf deutscher Seite an verschiedenen Stellen die Möglichkeit einer sowjetischen Gegenoffensive diskutiert und zum Teil auch erwartet. Die Versorgungslage der im Raum Stalingrad eingesetzten deutschen Truppen war bereits zu diesem Zeitpunkt schlecht, erste Engpässe wurden gemeldet, die Winterbevorratung war völlig unzureichend.

In dieser Situation begann am 19. November die sowjetische Gegenoffensive, zunächst nördlich von Stalingrad, am nächsten Tag auch südlich. Bereits am 23. November war die 6. Armee und einige weitere Einheiten der 4. Panzer-Armee, mit insgesamt etwa 300.000 Mann im Raum Stalingrad eingeschlossen (zu den Zahlenangaben vgl. die angeführte Literatur). Die Stadt selbst war bereits weitestgehend zerstört, es hielten sich aber immer noch sowjetische Truppen in ihr, die auch immer noch über die Wolga versorgt wurden. Hitler nunmehr befahl das unbedingte Halten von Stalingrad. Dies blieb auch die unverhandelbare weitere Vorgabe: die 6. Armee unter ihrem Oberbefehlshaber, dem am 30. November zum Generaloberst beförderten Friedrich Paulus, hatte Stalingrad und die Front an der Wolga zu halten. Davon abgesehen begannen nun die Planungen für eine Entsatz-Operation: Deckname "Wintergewitter".

Die von den außerhalb des Kessels befindlichen Teilen der 4. Panzer-Armee unter deren Oberbefehlshaber Generaloberst Hermann Hoth getragene Offensive begann am 12. Dezember. Zugleich wurde ein Ausbruch aus dem Kessel vorbereitet – unter dem Decknamen "Donnerschlag". Die Entsatz-Operation sah vor, daß ab einer bestimmten Entfernung der vorstoßenden Teile zur Front um Stalingrad, die 6. Armee ihrerseits den Entsatzkräften durch einen Ausbruch im Südwesten entgegen kommen sollte. Die Vorgabe war allerdings, Stalingrad und die Wolgafront trotzdem zu halten. Die Entsatzoffensive blieb jedoch am 21. Dezember im starken sowjetischen Widerstand endgültig stecken – 40-50km vor der Front der 6. Armee. Zu weit, als daß die eingeschlossenen Truppen diese Strecke hätten überwinden können. Zumal in deren geschwächtem Zustand, mit zuwenig Betriebsstoff und Munition. Die Armee wurde zunehmend schwächer, wehrloser und unbeweglicher.

Die vorgestoßenen Teile der 4. Panzer-Armee zogen sich wieder zurück. Zusätzliche Truppen zur Verstärkung standen kurzfristig nicht zur Verfügung. In dieser Lage waren die Eingeschlossenen endgültig und ausschließlich auf die Versorgung durch die Luftwaffe angewiesen. Diese Luftversorgung war von der Führung der Luftwaffe, namentlich Reichsmarschall Hermann Göring, vollmundig zugesichert worden, obwohl es bei den Luftwaffen-Befehlshabern vor Ort von Anfang an schwere Bedenken gegen die Versorgung einer ganzen Armee auf dem Luftwege gegeben hat. Die Luftversorgung hat – trotz aller Anstrengungen der Luftwaffe, die bei diesen Einsätzen erhebliche eigene Verluste erlitt – nie einen für die Eingeschlossenen ausreichenden Umfang erreicht. Ab Anfang Dezember litten die Eingeschlossenen zunehmend unter Hunger, an den Fronten wurde die Munition knapp, die eigenen Fahrzeuge konnten mangels Betriebsstoff nur noch eingeschränkt genutzt werden und das Heizmaterial wurde knapp. Schwere Erfrierungen und Tod durch Hunger und Erschöpfung nahmen immer mehr zu. Hinzu kamen die nachwievor anhaltenden, zäh und hart geführten Kämpfe in Stalingrad selbst und in seinem Umland.

Ende Dezember 1942 war die Situation für die im Raum Stalingrad Eingeschlossenen bereits mehr als düster, aus eigener Kraft war keine Rettung mehr möglich.

Thomas Menzel

Ausgewählte Literatur:

  • Beevor, Antony: Stalingrad. München 1999
  • Diedrich, Torsten: Paulus. Das Trauma von Stalingrad. Eine Biographie. Paderborn, München, Wien und Zürich 2008
  • Förster, Jürgen (Hrsg.): Stalingrad. Ereignis
  • Wirkung – Symbol. München, Zürich 1992
  • Kehrig, Manfred: Stalingrad. Analyse und Dokumentation einer Schlacht. Stuttgart 1974
  • Ueberschär, Gerd R. (Hrsg.): Stalingrad. Mythos und Wirklichkeit einer Schlacht. Frankfurt a.M. 1992
  • Wegner, Bernd: Der Krieg gegen die Sowjetunion 1942/43. in: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 6. Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initiative 1941-1943. Stuttgart 1990