1.144.1 (bru3p): Bankenfrage.

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Bankenfrage.

Der Reichsminister der Finanzen gab eine Übersicht über die Pläne zur Reorganisation des Bankwesens1. Den Gesamtbedarf der Sanierung schätzte er auf 7–800 Millionen, von denen auf die Dresdner Bank an Abschreibungen 218, auf die Danatbank 245 Millionen entfallen würden. Seine Absicht geht dahin, drei Typen von Banken zu schaffen. Die Dresdner- und die Danatbank würden verschmolzen in eine Bank. In einer anderen Großbank würde die Reichsbank die Führung haben2 und einer weiteren das Privatkapital übereignen3. Es käme in Frage, eine Organisation zu schaffen, in der die Rechte des Reichs und der Reichsbank unter eigener Verantwortung verwaltet würden. Durch die Differenzierung der Typen soll der Gefahr einer Verstaatlichung der Banken vorgebeugt werden.

1

Das vorliegende Dok. ist gekürzt veröffentlicht bei Born, Die dt. Bankenkrise, Dok. Nr. 15.

2

Es handelt sich um die Commerz- und Privatbank.

3

Gemeint ist die Deutsche Bank.

Nach der Sanierung würden die Banken nach seiner Auffassung stark genug sein, der Industrie den nötigen Rückhalt zu gewähren. Im übrigen werde alles getan werden müssen, um zur Belebung der Wirtschaft beizutragen. Der Geldmarkt sei bereits stark entlastet.

Mit den in Frage kommenden Banken müßten die Schlußverhandlungen alsbald und getrennt geführt werden.

Der Reichsbankpräsident schloß sich den Ausführungen an. Das Zahlenmaterial der Banken müsse lückenlos vorgelegt werden. Wenn sie saniert seien und wieder an Depositen Zufluß hätten, würde auch die Kapitalversorgung der Industrie wieder erleichtert sein4.

4

Vgl. Luthers Tagebuchaufzeichnung vom 2.2.32 im Nachl. Luther , Nr. 368, Bl. 251–255.

Er sprach sich dagegen aus, die ADCA in die Kombination einzubeziehen5. Es sei geplant, der Sächsischen Bank, mit der sie zusammengeschlossen sei, das Notenprivileg abzukaufen und ihren finanziellen Status dadurch zu erleichtern. Auch würde durch Rediskontkredit geholfen werden. Wegen der Zechen Ewald und König Ludwig werde die Reichsbank einen besonderen Weg finden, um der Industrie unmittelbar zu helfen.

5

Mit Schreiben vom 21.1.31 hatte der Sächs. FM Hedrich den RFM und den RK gebeten, die Allgemeine Dt. Creditanstalt (ADCA) in die Bankensanierung einzubeziehen (R 43 I /648 , Bl. 111–112). Vgl. die Vo. über die Neuordnung der Kapitalverhältnisse bei der ADCA vom 30.4.32 (RGBl. I, S. 189 ).

[2256] Der Barmer Bankverein möchte selbständig bleiben. Sein Eigenkapital sei aber außerordentlich gering. Die Entscheidung würde noch zu treffen sein6.

6

Der Barmer Bankenverein sollte von der Commerzbank übernommen werden.

Von den vorgesehenen 200 Millionen Mark müßte ein erheblicher Betrag für kleinere Banken und andere Probleme übrig bleiben. Im übrigen halte auch er die Schaffung von drei Banktypen im Sinne des Reichsministers der Finanzen für zweckmäßig. Die Verwaltung der Mittel werde nicht durch die Reichsbank unmittelbar oder durch die Golddiskontbank erfolgen können. Eine Treuhänder-Gesellschaft werde geschaffen werden müssen, formell sowohl für die Reichsbank wie für das Reich getrennt. Die Verwaltung beider könnte aber in Personalunion erfolgen. Die Aufsichtsräte und Generalversammlungen wären dann verschieden.

Bei der Frage des Kredits werde die Diskontbereitschaft der Reichsbank unterschätzt. Allen Fällen, in denen angeblich Aufträge nicht ausgeführt werden könnten mangels Kredits, würde die Reichsbank gern nachgehen. Geschäftsvorgänge, die sich selbst liquidierten, müßten mit Kredit versorgt werden.

Die Banken müßten bei den Sanierungsmaßnahmen deswegen bevorzugt werden, weil sie die Sammelbecken für das Geld wären. Im übrigen dürften aber durch die Maßnahmen des Staates die natürlichen Konkurrenzverhältnisse zwischen den einzelnen Unternehmungen nicht verschoben werden. Ein zusätzliches Akzept dürfe nur ergänzend und ausnahmsweise gegeben werden.

Der Reichswirtschaftsminister trat dafür ein, daß statt des Bilanztermins vom 31. Dezember 31 der 1. März 32 gewählt werden möge. Im übrigen war er mit den Vorschlägen einverstanden. Nur wegen der Kreditfrage vertrat er den Standpunkt, daß die Verluste größer seien als die Barmittel, die aufgebracht werden können. Neben dem Kredit für die Banken müsse ein Kredit auch für die Industrie geschaffen werden. Dadurch würde auch die Lage der Banken erleichtert. Die Banken müßten aus dem Risiko der verbleibenden Debitoren befreit werden. Sie könnten jetzt nicht den erforderlichen Kredit schaffen, um Auftragsbestände aufzuarbeiten. Die Banken müßten instand gesetzt werden, den hierfür erforderlichen Kredit zu geben, oder es müßte eine andere Stelle geschaffen werden, die dazu in der Lage wäre. Es käme in Frage, den Banken mit der Akzept- und Garantiebank die Möglichkeit zu geben, die Anträge der Industrie zu prüfen und den erforderlichen Kredit zu schaffen. Die Bank würde dann in der Haftung bleiben und eine zusätzliche Sicherheit erhalten. Dadurch würde ein Einblick in die Beschaffenheit der einzelnen Debitoren möglich sein. Nötigenfalls müßte bei diesen eine Bereinigung vorgenommen werden, wie beispielsweise bei Oberhütten7. Andernfalls würde der Kredit den Charakter des Konsumkredits haben. Nach der Bereinigung wäre er dagegen ein Produktiv-Kredit. Die Holding-Gesellschaft für die Interessen des Reichs müsse die Aktien der in Frage kommenden Banken verwalten mit dem Ziele, sie möglichst bald an die Wirtschaft oder an Kapitalisten abzustoßen. Die Verwaltung müsse unabhängig sein von politischem Einfluß.

7

Vgl. Dok. Nr. 701, P. 3.

Die Banken müßten in Konkurrenz bleiben; schon deswegen dürften sie nicht alle gleichmäßig behandelt werden. Die Holding-Gesellschaft könne ihre Aktien in verschiedenem Umfange anfordern. Die Aktien würden verschieden bewertet werden.[2257] Auch das werde vor der Verstaatlichung schützen. Würde ein gewisser Prozentsatz der eingefrorenen Kredite in eine Verwertungsgesellschaft eingebracht, so würde dafür eine größere Kapitalmenge erforderlich sein. Damit würde die Gefahr geschaffen, daß wesentliche Teile der Industrie zusammengelegt würden. Das müsse vermieden werden.

Das Industrievolumen, das zu berücksichtigen sei, werde sehr groß sein. Die Kapitalbasis zahlreicher Unternehmungen sei so stark eingeschrumpft, daß die Fortführung nur unter grundlegender Änderung möglich sei. Erst müsse diese Frage bereinigt werden, bevor weiterer Kredit gegeben werden könne. Hierfür müsse ein Gremium bestimmt werden. Die Industrie soll aber von der öffentlichen Hand möglichst ferngehalten und an diese Stelle verwiesen werden.

Der Reichskanzler wünschte, daß in den Verhandlungen mit den Banken unbedingt Klarheit geschaffen würde über die erforderlichen Unterlagen. Ein endgültiger Beschluß könne erst gefaßt werden, wenn diese Unterlagen gegeben seien8.

8

Die Chefbesprechung vom 4.2.32 ergab, daß bei der Danatbank ein Verlust von 100 MioRM zu decken sei; die Bankleitung sei mit den Vorschlägen der RReg. einverstanden. Dagegen war mit der Commerzbank und der Dt. Bank noch kein Ergebnis erzielt worden. Der Barmer Bankverein habe angeblich keine Verluste erlitten und wolle mit der Commerzbank fusionieren (Vermerk des MinR Feßler vom 10.2.32, R 43 I /648 , Bl. 121 und 123–124; gekürzt abgedruckt bei Born, Die dt. Bankenkrise, Dok. Nr. 16). Zur Fortsetzung der Beratung siehe Dok. Nr. 667.

Von der Holding-Gesellschaft müsse der Einfluß des Reichstags ferngehalten werden. Das Haushaltsgesetz wäre zu ändern. Die Klagen über unzulängliche Kreditgewährung hatte bisher meist bei der Nachprüfung nicht als berechtigt anerkannt werden können.

Die Stützungsmaßnahmen müßten vermeiden, daß die großen Unternehmungen zum Nachteil der kleinen künstlich aufrechterhalten würden. Zur Zeit könnten beispielsweise die Großbäckereien mit den Bäckermeistern nicht mehr konkurrieren, weil sie wesentlich kapitalintensiver seien als diese. Beim Absinken des Lohnniveaus wirke sich dieser Umstand für sie ungünstig aus.

Die größere Industrie sei auch jetzt gegen die Phasenpauschalierung der Umsatzsteuer. Sie fürchtet ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber den kleinen Unternehmungen zu verlieren.

Staatssekretär Dr. Trendelenburg führte aus, nach der Sanierung der Banken werde es erforderlich sein, die Industrie in Ordnung zu bringen. Es werde in Verbindung mit den Abschreibungen in den Büchern der Banken möglich sein. Die Verflechtung aber sei deswegen ein Hindernis, weil es den Bankleitern an der ausreichenden Energie fehle. Sie scheuten sich noch, die Folgen aus der schlechten Lage der Industrie zu ziehen. Daher müsse eine Stelle geschaffen werden, die durchgreifen könne.

Staatssekretär Dr. Schäffer wies zur Frage der Finanzierung darauf hin, daß Wechsel nicht mehr wie früher bei der Auftragserteilung gegeben würden, sondern erst im Laufe des Produktionsvorganges oder nach seinem Abschluß. Der Beginn der Erzeugung könne deswegen nicht finanziert werden, weil der Käufer den Fabrikanten nicht für ausreichend sicher halte, ob er den Auftrag tatsächlich ausführen werde. Es sei mehr eine Frage der Industrie und der Kreditversicherung als des allgemeinen Bankkredits. Der weitgehende Ausfall des Großhandels wirke in gleicher Richtung.

[2258] Ministerialdirektor Ernst machte darauf aufmerksam, daß die Stelle, die zur Prüfung der Sanierungsfrage geschaffen werden solle, lediglich als Mittler zwischen den Interessenten wirken dürfe. Sobald ihr Zwangsbefugnisse zukämen, würde ein Druck auf das Reich oder die Reichsbank ausgeübt, um die durch die Zwangsanordnung erforderlich werdenden Mittel bereitzustellen.

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