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1. Stellung zu dem Antrag der englischen Regierung auf Unterstützung ihres Antrages auf Revision des Arbeitszeitübereinkommens1.
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Die englischen Revisionswünsche bezogen sich auf klare Begriffsbestimmungen (z. B. working hours – Arbeitsstunden – neben hours of working – Arbeitszeit) und auf Herausarbeitung genauer Richtlinien. Ferner wünschten die Engländer Klarheit über die Verteilung der Arbeitsstunden sowie eine Begriffsklärung für Betriebsstörung und „höhere Gewalt“. Weiterhin sollten die verschiedenen Ansichten über Überstunden, über das Nachholen von Arbeitsstunden und die Schwierigkeiten der Bestimmungen für das Verkehrsgewerbe besprochen werden (Schreiben des AA an den RArbM vom 2.3.29; R 43 I/2074, Bl. 278-280).
[…]
Der Reichskanzler faßte das Ergebnis der Aussprache dahin zusammen, daß sich die materielle Grundeinstellung zur Ratifikation des Washingtoner Übereinkommens aus der Regierungserklärung vom 3. Juli ergebe, an der die Reichsregierung nach wie vor festhalte. Die Regierungserklärung besage, daß die Reichsregierung beabsichtige, die Ratifikation des Washingtoner Übereinkommens über den Achtstundentag vorzunehmen, sobald die innerdeutsche Gesetzgebung dem internationalen Übereinkommen angepaßt sei2. Inzwischen sei das Arbeitsschutzgesetz und das Bergarbeitsgesetz vom Reichskabinett im Entwurf verabschiedet worden, und zwar unter Anpassung an das Washingtoner Übereinkommen. Hierdurch liege die materielle Einstellung der Reichsregierung zum Washingtoner Übereinkommen fest. Für die formale Behandlung der Revisionswünsche Großbritanniens war das Kabinett der Auffassung, daß es nicht angängig sei, den Revisionswünschen eines so großen Landes wie Großbritannien[468] sich von vornherein zu widersetzen, und daß der Reichsarbeitsminister daher taktisch erklären solle, daß die Reichsregierung sich an der Verhandlung über die Revisionswünsche beteiligen werde.