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Nr. 161
Deutscher Frauenausschuß zur Bekämpfung der Schuldlüge an den Reichskanzler. 6. November 1930
[Revision des Youngplans1]
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MinDir. v. Hagenow vermerkte am 6. 11. auf dem ersten Blatt des Schreibens handschriftlich: „Von Frau Mende mir heute persönlich übergeben. Urspr.[ünglich] sollte eine scharfe Entschließung gefaßt werden. Den Bemühungen von Frau Mende gelang es aber, eine abgeschwächte Formel zu finden.“
Der Deutsche Frauenausschuß zur Bekämpfung der Schuldlüge und mit ihm zahlreiche andere Frauenorganisationen richtet an die Reichsregierung die Bitte, sich umgehend mit den Ententestaaten in Verbindung zu setzen, um eine Befreiung des deutschen Volkes von den unerträglichen Kriegslasten zu erreichen.
Not und Verzweiflung sind die Folge der ungeheuren Lasten, die Jahr für Jahr getragen werden müssen. Dauer und Höhe der im Youngplan vorgesehenen[601] Zahlungen nehmen dem deutschen Volk jede Hoffnung auf Wiederaufstieg.
Die zunehmende Not, die zunehmende Krise der Wirtschaft beweisen, daß auch die Younglasten zu hoch sind für die seit Jahren infolge der Auswirkungen des Krieges und der bisher geleisteten Zahlungen geschwächte deutsche Wirtschaft. Finanz- und Wirtschaftsreformen allein können eine Gesundung Deutschlands nicht herbeiführen.
Wir bitten, alle Möglichkeiten zu einer Revision des Youngplanes auszunutzen, dessen Undurchführbarkeit angesichts der Weltwirtschaftskrise auch im Ausland mehr und mehr eingesehen wird. Die Unhaltbarkeit der moralischen Basis der Reparationsforderungen, der Behauptung von Deutschlands Schuld am Kriege, § 231 des Versailler Vertrages2, ist erwiesen. Es gilt, die Welt von der Notwendigkeit einer Revision zu überzeugen, nachdem durch den Wirtschaftszusammenbruch und die drohende Gefahr eines Finanzzusammenbruches der Beweis geliefert worden ist, daß bereits die Grenze der Leistungsfähigkeit des deutschen Volkes überschritten ist.
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Art. 231 VV: „Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und Staatsangehörigen infolge des Krieges, der ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten aufgezwungen wurde, erlitten haben.“
I. A.
Frau Clara Mende3
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Clara Mende, Mitglied der Nationalversammlung, MdR 1920–24, 1924–28 (DVP).
Vorsitzende des Deutschen Frauenausschuß
zur Bekämpfung der Schuldlüge.
Allgemeiner deutscher Hausbeamteninnenverein, Berufsorganisation E. V., Frau Hedwig Engelhardt, München
Arbeitsgemeinschaft Frankfurter vaterländischer Frauen zur Bekämpfung der Schuldlüge, Frau Hedwig Girshausen, Frankfurt/M.
Auslandsbund deutscher Frauen, Frau Anna von Lans, Ortsgr. Berlin
Berliner Frauenverein gegen den Alkoholismus, Frau Gerken-Leitgebel, Berlin-Wilmersdorf
Bund Königin Luise, Frau Maria Netz, Halle/Saale
Deutschnationale Volkspartei, Landesverband Pommern, Frau Lotte Plath, Stettin
Deutscher Frauendienst, Frau Marie Meyer, Danzig
Deutscher Wehrverein, Frau Toni Saring, Berlin-Friedenau
Frauengruppe des Deutschen Offizierbundes, Berlin
Evangelisch-deutsche Bahnhofsmission, Frau Theodora Reineck, Berlin-Dahlem4
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Auch die Vereinigung evangelischer Frauenverbände Deutschlands forderte am 5.12.30 in einer Eingabe an den RK eine Abänderung des Youngplans (R 43 I/310, Bl. 30–31).
Flottenbund deutscher Frauen, Frau Marie Fröhlich, Plauen/V.
Neuland i. d. N., Frau Guida Diehl, Eisenach
[602] Ortsfrauenausschuß Jena zur Bekämpfung der Kriegsschuldlüge, Frau Dr. Else Zucker, Jena
Reichsfrauenausschuß der Deutschen Demokratischen Partei, Berlin, Frau Martha Dönhoff, M. d. L. Frau Gertrud Wittstock
Reichsfrauenausschuß der Deutschen Volkspartei, Frau Dr. Elsa Matz, Berlin
Reichsfrauenausschuß der Deutschnationalen Volkspartei, Frau Annagrete Lehmann, M. d. R., Berlin
Ring nationaler Frauen, Frau Beda Prilipp, Berlin-Schöneberg
Frauenausschuß des Saar-Vereins, Frau Frieda Vogel, Berlin
Stadtbund Chemnitzer Frauenvereine, Frau A. Wintzer, Chemnitz
Verband katholischer Vereine erwerbstätiger Frauen und Mädchen Deutschlands, Berlin
Frauendienst des Vereins für das Deutschtum im Ausland, Frau Else Kunkel, Berlin
Zentrale der Hausfrauenvereine Groß-Berlin, Frau Charlotte Mühsam-Werther, Berlin
Deutscher Frauenorden (H. S. Darmstadt 1921), Darmstadt
Katholischer Deutscher Frauenbund, Frau Dr. Gerta Krabbel, Aachen
Reichsverband landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine, Frau Gertrud von Bredow, Berlin
Frau Dr. Marie Bernays, Direktorin der Städtischen Sozialen Frauenschule, Mannheim
Frau Viktoria Bode geb. Rudolphi, Jena
Frau Annelie Eilers, Berlin
Frau Metropolitan Fritsch, Hofgeismar/Bez. Kassel
Frau Professor Gähtgens, Forchheim/Oberfr.
Fräulein Margarete Gärtner, Leiterin der Wirtschaftspolitischen Gesellschaft,E. V., Berlin
Frau Helene von Kaminski, Berlin
Frau Johanna Kirsch, Kunstmalerin, München
Frau Ida Klockow, Berlin-Charlottenburg
Frau Dr. Frances Magnus-Hausen, Bochum/Westf.
Frau Jenny Neumann geb. Nereschko, Kassel
Frau Lotte Russwurm, Quedlinburg
Frau Dr. Sophie Schubart-Czermatt, München
Fräulein Dr. Elisabeth Suersen, Berlin-Schöneberg
Frau Else Warlich, Harleshausen b/Kassel