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7. Entwurf eines Gesetzes betreffend die Ausübung des Rechts zum Tragen einer Militäruniform.
Der Reichswehrminister berichtete über die Vorlage und bat um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf10.
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Nach der Ermordung Erzbergers war durch VO des RPräs. auf Grund Art. 48 RV vom 30.8.21 das Tragen der Uniformen der alten Armee eingeschränkt worden (RGBl. 1921, S. 1251; Ausführungsbestimmungen vom 3.10.21, RGBl. S. 1280). Seither verlangten besonders die Offiziersverbände (Dt. Offizierbund, Nationalverband Dt. Offiziere) in zahlreichen Eingaben die Aufhebung dieser VO. Auch wurde die Verfassungsmäßigkeit der VO durch verschiedene Gerichte bestritten, da sie in die wohlerworbenen Rechte der Berufssoldaten eingreife. Um die VO durch eine reichsgesetzliche Regelung zu ersetzen, legte der RWeM mit Schreiben vom 3.7.24 den Entwurf eines „Gesetzes betr. die Ausübung des Rechts zum Tragen einer Militäruniform“ vor. Danach soll der RPräs. ermächtigt werden, mit Zustimmung des RR Verordnungen zu erlassen, die das Uniformtragen durch verabschiedete Angehörige der früheren Wehrmacht im einzelnen regeln (R 43 I/689, Bl. 267-271). Über die Form des Gesetzes entstanden u. a. folgende Meinungsverschiedenheiten: 1. Das RJMin. empfahl, das vorliegende Gesetz als verfassungsändernd zu bezeichnen, um nach den Erfahrungen mit der bisherigen Rechtsprechung allen Zweifeln an seiner Verfassungsmäßigkeit von vornherein zu begegnen. Der RPräs. hingegen hielt ein einfaches Gesetz für ausreichend. 2. Das RIMin. beantragte, die Bestimmung einzufügen, daß die im Gesetz vorgesehenen AusführungsVOen des RPräs. „auf Vorschlag der RReg.“ erlassen werden, um auf diese Weise die Mitwirkung der RReg. sicherzustellen. Das RWeMin. nahm dagegen den Standpunkt ein, daß der Erlaß der fraglichen UniformVOen einen Akt der Militärhoheit darstelle, deren Träger nach der Verfassung der RPräs. und nicht die RReg. sei; es genüge die Gegenzeichnung durch den RWeM (Schriftwechsel hierzu in R 43 I/689, Bl. 272f, 275, 277-285, ). Zur Klärung dieser Fragen wird die obige Kabinettsberatung anberaumt.
Staatssekretär Joel führte bezüglich der Rechtslage aus, daß nur ein verfassungsänderndes Gesetz die Angelegenheit zu klären imstande sei. Gegen ein einfaches Reichsgesetz beständen die gleichen Bedenken wie gegen die zur Zeit bestehende Verordnung des Herrn Reichspräsidenten.
Ministerialdirektor Brecht stellte den Antrag, einzufügen, daß die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Verordnung des Herrn Reichspräsidenten nur auf Vorschlag der Reichsregierung erlassen werden könne.
[1143] Der Reichswehrminister erklärte, daß das Gesetz ein verfassungsänderndes sein solle. Er wandte sich sodann gegen den Antrag Brecht, da es sich bei dem vorgesehenen Schritt um einen Ausfluß der Militärhoheit handele, außerdem um das ehemalige Reichsheer, nicht um die Reichswehr.
Staatssekretär Bracht wies darauf hin, daß die Geschäftsordnung der Reichsregierung an sich schon die Möglichkeit vorsehe, die Angelegenheit als von politischer Bedeutung vor das Kabinett zu bringen11.
Nach einer längeren Aussprache über die Frage, ob derartige Militärhoheitsangelegenheiten von politischer Bedeutung seien, wobei Übereinstimmung dahin erzielt wurde, daß der zuständige Minister und auch der Reichskanzler derartige Angelegenheiten jederzeit zu solchen von politischer Bedeutung erklären könnten und damit die Voraussetzung für die Behandlung gemäß der Geschäftsordnung der Reichsregierung gegeben sei, wurde dem Gesetzentwurf zugestimmt12.
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Der Entwurf des nun als verfassungsändernd bezeichneten Gesetzes geht zunächst dem RR und, nach dessen Zustimmung, dem RT zu (RT-Drucks. Nr. 970 vom 6.6.25, RT-Bd. 401). Der RT überweist den Entwurf an den Rechtsausschuß, wo er unerledigt liegen bleibt. Eine gesetzliche Neuordnung der Befugnis zum Tragen der alten Militäruniformen kommt nicht zustande. Durch VO des RPräs. auf Grund Art. 48 RV vom 26.8.25 (RGBl. I, S. 320) wird lediglich die einschränkende VO vom 30.8.21 aufgehoben.