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7. Belgisches Markabkommen8.
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Zur Vorgeschichte siehe Dok. Nr. 87, Anm. 13–15 und Dok. Nr. 180 P. 1.
Staatssekretär von Simson trägt vor. Der augenblicklich vorliegende Entwurf eines belgischen Markabkommens sei hervorgegangen aus bereits lange sich hinziehenden Verhandlungen. Schon im September 1921 sei ein belgisches Abkommen von den Staatssekretären Bergmann und Schroeder paraphiert worden, das jedoch nicht zur Grundlage eines endgültigen Übereinkommens gemacht werden konnte. Nunmehr liege ein Entwurf vor9, der das letzte Wort Belgiens in dieser Frage bedeute. Die Zustimmung des belgischen Delegierten in der Reparationskommission zu dem vorgelegten Moratoriumsantrag hänge zweifellos eng zusammen mit dem Verlauf der Verhandlungen über das belgische Markabkommen. Man sei daher gezwungen, dem Abschluß desselben endgültig näherzutreten. Gewisse Bestimmungen in dem vorgelegten Entwurf wichen gegenüber früheren Entwürfen zu unseren Gunsten ab. So seien gewisse Fristen verlängert und die Gesamtsumme auf 4 Milliarden festgelegt worden. Dagegen bedeute eine ganze Reihe von anderen Forderungen eine entschiedene Erschwerung. Es sei daher ein neuer Entwurf des Abkommens aufgestellt worden. Das Auswärtige Amt schlage vor, den Minister Landsberg zu ermächtigen, die Bereitwilligkeit der Deutschen Regierung zur Zeichnung des vorliegenden Entwurfs nochmals der belgischen Regierung zu notifizieren und gleichzeitig mündlich einen Vorbehalt dahingehend zu machen, daß – falls ein Moratorium nicht bewilligt würde – die Ratifikation des Vertrages im Reichstage wohl kaum zu erlangen sei.
Staatssekretär Schroeder berührt noch die Frage der Deckung der sich aus dem Abkommen ergebenden Verpflichtungen. Das Reichsbankdirektorium habe erklärt, daß es sich nicht in der Lage sähe, Schatzwechsel aus diesem Abkommen zu diskontieren10. Infolge der langen Frist von 30 Jahren, über die[946] sich die Verpflichtungen aus dem Abkommen erstreckten, müßte sie aus laufenden Einnahmen gedeckt werden. Dies wolle auch das Reichsfinanzministerium anstreben. Er glaube, daß sich der diesjährige Betrag noch aus den laufenden Einnahmen decken ließe.
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In einer Chefbesprechung über das Belgische Markabkommen vom 23.6.1922 hatte Havenstein folgende Erklärung des RbkDirektoriums überreicht und empfohlen, den Abschluß des Abkommens abzulehnen: „Die Reichsbank ist, wie sie bereits bei Einbringung des Autonomiegesetzes erklärt hat, durchaus bereit, dem Reich mit dem Reichsbankkredit auch weiterhin zu Seite zu stehen, soweit es sich um zwangsläufig auf das Reich fallende Ausgaben handelt und dem Reich kein anderer gangbarer Weg zur Beschaffung der erforderlichen Mittel offensteht. Die Reichsbank kann aber nicht die Hand dazu bieten, daß das Reich die Deckung von neuen außerordentlichen Ausgaben, deren Übernahme von seiner Entschließung abhängt, auch weiterhin nach seinem Ermessen durch Inanspruchnahme der Reichsbank beschafft, insbesondere dann nicht, wenn es sich um die Kosten von Maßnahmen handelt, die die deutsche Währung und das deutsche Geldwesen schwer gefährden. – Als eine solche Maßnahme muß das Reichsbankdirektorium das geplante belgische Markabkommen ansehen. Die Reichsbank hat von jeher auf die verhängnisvollen Folgen dieses Abkommens mit dem größten Nachdruck hingewiesen. Sollte trotzdem nunmehr dieses Abkommen geschlossen werden, so muß als selbstverständlich erwartet werden, daß das Reich die zur Durchführung desselben erforderlichen Mittel aus eigenen Kräften aufbringt und von vornherein durch Gesetz für die aus dem gedachten Abkommen erwachsenden Ausgaben eine automatisch wirkende selbständige und nicht auf die Reichsbank zurückfallende Deckung – etwa durch Zuschläge zur Einkommenssteuer – sichert. Die Reichsbank würde sich andernfalls gezwungen sehen, die Diskontierung von Schatzanweisungen zur Ausführung des belgischen Markabkommens abzulehnen und in Konsequenz dieses Standpunktes die unbeschränkte Diskontierung von Schatzanweisungen überhaupt zu verweigern. – Diese Erklärung beruht auf einstimmigem Beschluß des Reichsbankdirektoriums.“ (abschriftlich in R 43 I/52, Bl. 329).
Der Reichskanzler hält vor der Abreise des Ministers Landsberg eine kurze Besprechung der Vorlage mit den Regierungsparteien für notwendig11.
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Protokoll einer solchen Besprechung in R 43 I nicht ermittelt. Die Verhandlungen mit Belgien werden, einem Schreiben des RbkDirektoriums an den StSRkei vom 25.7.1922 zufolge von belgischer Seite abgebrochen. Ein amtliches Communiqué dieses Inhalts wird am 20.7.22 über WTB verbreitet (R 43 I/52, Bl. 338 f.).
Das Kabinett stimmt im übrigen zu.