1.206.3 (bru3p): 3. Reichshaushaltsplan 1932.

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[2449]3. Reichshaushaltsplan 1932.

Der Reichsminister der Finanzen trug vor7, daß es gelungen sei, die wesentlichsten, zwischen dem Reichsfinanzministerium einerseits und den übrigen Reichsministerien andererseits, offengebliebenen Meinungsverschiedenheiten über die Ausgestaltung des Reichshaushaltsplans 1932 in Einzelbesprechungen auszuräumen, so daß der Reichshaushalt 1932 nunmehr fertiggestellt werden könne. Es sei im großen und ganzen gelungen, den Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben herbeizuführen. Der Plan sehe auch für das laufende Rechnungsjahr eine außerordentliche Schuldentilgung in Höhe von 430 Millionen RM vor. Der Lee Higginson-Kredit, der an sich im laufenden Rechnungsjahr in voller Höhe fällig gewesen sei8, habe sich unter günstigen Bedingungen prolongieren lassen9. Im laufenden Jahr brauche nur ein verhältnismäßig kleiner Teilbetrag von rund 60 Millionen RM zurückgezahlt zu werden. Diese Summe gehe von den vorgenannten 420 Millionen RM ab. Das abgelaufene Rechnungsjahr 1931–1932 sei planmäßig abgewickelt bis auf die auch für 1931/32 vorgesehen gewesene Schuldentilgung von 420 Millionen RM. Dieses Ergebnis müsse angesichts der außergewöhnlich schwierigen Verhältnisse noch als günstig angesehen werden, zumal, wenn man bedenke, daß in fast allen großen Ländern der Welt viel erheblichere Fehlbeträge sich ergeben hätten. Wenn Deutschland das laufende Rechnungsjahr mit dem gleichen Ergebnis überstehen werde, d. h. wenn es den Plan, so wie er aufgestellt sei, durchhalte, bis auf die vorgesehene Schuldentilgung, werde man recht zufrieden sein können. Er gebe sich allerdings keinen Illusionen darüber hin, daß der Ausgleichspuffer von 420 minus 60 Millionen nicht sehr groß sei. Die Hauptfrage, die das Reichskabinett zu entscheiden haben werde, sei die etatsrechtliche Behandlung der Reparationszahlungen, insbesondere die Verpflichtungen aus dem amerikanischen Mixed Claims-Abkommen10 und dem Deutsch-belgischen Markabkommen11. Bisher seien in dem Etat enthalten nur die Verpflichtungen aus der Dawes-Anleihe und der Young-Anleihe, ferner die Markverpflichtungen, nicht dagegen die Beträge für die Mixed Claims, obschon man an der Bezahlung dieser Beträge wohl nicht werde vorbeikommen können.

7

Zum bisherigen Stand der Etatsberatungen siehe Dok. Nr. 715, P. 1.

8

Vgl. Dok. Nr. 115 und Dok. Nr. 116, Anm. 9.

9

Die Verhandlungen des RFMin. wegen der Verlängerung des Lee-Higginson-Kredits waren am 7.4.32 im wesentlichen abgeschlossen worden (Tagebuchaufzeichnung Schäffers vom 7.4.32, IfZ ED 93, Bd. 20, Bl. 10).

10

Vgl. Dok. Nr. 411, Anm. 11 und Anm. 13 und Dok. Nr. 705.

11

Vgl. Dok. Nr. 428, Anm. 10.

Ministerialdirektor von Krosigk erläuterte sodann in großen Zügen das Etatsbild. Der Plan schließe einstweilen mit einem Fehlbetrag von 380 Millionen RM ab. Es sei beabsichtigt, auf der Einnahmeseite 100 Millionen Münzgewinne einzusetzen. Wegen dieses Postens stehe man in aussichtsreichen Verhandlungen mit der Reichsbank. Dadurch werde sich der Fehlbetrag auf 280 Millionen ermäßigen. Ferner sei im Etat auf der Ausgabenseite ein Betrag von 90 Millionen Zuschuß an Preußen vorgesehen zur Durchführung des bekannten Abkommens über die Hilfeleistung des Reichs bei der Ausgleichung des preußischen Etats. Es sei möglich, diesen[2450] Betrag außerhalb des Etats mit Preußen zu verrechnen. Infolgedessen verbleibe dann noch ein Fehlbetrag von 190 Millionen, zu dessen Abdeckung könne man einen Restbesitz des Reiches an Vorzugsaktien der Reichsbank in Höhe von 100 Millionen RM verwenden. Allerdings müsse man sich darüber klar sein, daß die Realisierung dieses Besitzes unter den gegenwärtigen Bedingungen kaum möglich sei. Immerhin lasse sich durch die Einsetzung dieses Postens das Defizit formell auf 90 Millionen herabdrücken.

Bei der Schuldentilgung sei ein Betrag von 43 Millionen RM vorgesehen zur Abdeckung langfristiger Schatzanweisungen, die im Laufe des Jahres fällig würden. Diese Schatzanweisungen befänden sich im Besitz der sozialen Versicherungsträger. Man müsse versuchen, mit diesen Versicherungsträgern über eine Prolongierung der Schatzanweisungen einig zu werden.

Ferner könne man den Posten von 30 Millionen RM für etwaige Ausfälle aus übernommenen Reichsbürgschaften um 10 Millionen auf 20 Millionen herabsetzen. Durch diese Maßnahme erreiche man alsdann eine Herabsetzung des Fehlbetrages um 43 + 10 auf rund 35 Millionen RM. Zur Abdeckung dieses Restbetrages denke er daran, die Reichsbahn zu veranlassen, auf eine Forderung von 17 Millionen RM zu verzichten, die sie an sich zu beanspruchen habe zur Verzinsung des von der Reichsbahn auf Veranlassung der Reichsregierung im Vorjahr aufgenommenen Kapitals für zusätzliche Arbeitsbeschaffung. Die verbleibenden 18 Millionen RM müsse man dadurch ausgleichen, daß man im Kriegslastenetat weitere 8 Millionen RM streiche und 10 Millionen RM bei der Gesamtheit der Sachausgaben einspare. Für die Mixed Claims-Beträge sei eine Deckung nicht vorhanden. Man habe die Einsetzung dieser Beträge in den Etat auch für bedenklich gehalten, da ja bekanntlich die Franzosen der Bezahlung dieser Beträge an Amerika widersprochen hätten.

Der Reichskanzler bemerkte hierzu, daß er es aus außenpolitischen Gründen nicht für möglich halte, die Mixed Claims nicht vorzusehen. Der Etat müsse an Reparationsleistungen vorsehen, die Beträge aus der Dawes- und der Young-Anleihe, ferner die Mixed Claims und die belgischen Markbeträge. Er halte es eher für vertretbar, diese Beträge einzusetzen und den Etat mit einem entsprechenden Fehlbetrag zu schließen als diese Beträge nicht vorzusehen.

Zu den weiteren Besprechungen wurde sodann Ministerialdirektor Dr. Dieckhoff (Auswärtiges Amt) zugezogen zwecks näherer Erörterung der Behandlung der Mixed Claims im Etat. Die Besprechung hatte das Ergebnis, daß die Mixed Claims im Etat nicht aufgeführt werden sollen.

Ministerialdirektor Dr. Dieckhoff und Ministerialdirektor von Krosigk wurden aber beauftragt, den amerikanischen Botschafter Sackett aufzusuchen, um diesem zu erklären, daß die Tatsache der Nichterwähnung dieser Beträge im Etat nicht die Bedeutung habe, daß diese Beträge von Deutschland im laufenden Rechnungsjahr nicht bezahlt werden würden. Deutschland beabsichtige vielmehr, seinen Verpflichtungen aus dem infrage kommenden Abkommen loyal nachzukommen. Die Weglassung im Etat erfolge lediglich mit Rücksicht auf die bekannten Schwierigkeiten zur Sache mit den Franzosen.

Botschafter Sackett soll gebeten werden, für den Fall, daß die amerikanische öffentliche Meinung sich wegen der Nichtausbringung der Beträge im Etat beunruhigt[2451] zeigen sollte, der amerikanischen Regierung gegenüber beruhigende Erklärungen abzugeben.

Es wurde dem Reichsminister der Finanzen überlassen, im Rahmen der vorgetragenen Vorschläge einen ausgeglichenen Etat fertigzustellen. Im Vorwort zur Begründung des Etats soll auf die außerordentlichen Schwierigkeiten, die die Herbeiführung des Ausgleichs verursacht haben, und auf die Schwächen, die er infolgedessen enthält, hingewiesen werden, damit vor allen Dingen auch das Ausland sich ein Urteil darüber bilden kann, wie es mit der zukünftigen Reparationsfähigkeit Deutschlands bestellt ist.

Der Reichskanzler erklärte, daß er gegen die einstweilige Drucklegung des Etats keine Bedenken habe, von einer Weiterleitung des Etats und vor allen Dingen auch von Mitteilungen an die Presse soll jedoch bis auf weiteres Abstand genommen werden. Für diese Art der Behandlung war wesentlich mitbestimmend die Tatsache, daß der Etat von der Voraussetzung ausgeht, daß die in Aussicht genommene Reform der Arbeitslosenfürsorge verwirklicht werden kann und daß die Beschlußfassung über diese Reformmaßnahmen bis nach den politischen Wahlen vom 24. April und bis nach der Rückkehr des Herrn Reichskanzlers aus Genf zurückgestellt bleiben muß12.

12

Zur Fortsetzung der Etatsberatung siehe Dok. Nr. 732, P. 3.

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