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6) Zuschüsse zu den Löhnen der Weinbergsarbeiter im Rheingau.
Der Herr Reichsarbeitsminister erläutert die Vorlage8. Gleichzeitig beantragt er, auf die Preußische Regierung dahin einzuwirken, daß diese ihre Beamten im besetzten Gebiet darauf hinweise, auf die Grundsätze und Richtlinien, welche die Reichsregierung für die besondere Erwerbslosenfürsorge im besetzten Gebiet aufgestellt hat, die gebührende Rücksicht zu nehmen.
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REM Luther hatte mit Schreiben vom 19. 6. darauf hingewiesen, daß im Rheingau seit einiger Zeit die Stundenlöhne der Weinbergsarbeiter wesentlich unter denen der Notstandsarbeiter lägen, die aus Mitteln der Erwerbslosenfürsorge in Anlehnung an den Tarif für Bauhilfsarbeiter bezahlt würden. Dieses Mißverhältnis habe zu Unruhen geführt. Da die Arbeitgeber sich zu Lohnerhöhungen nicht in der Lage sähen, hätten sie eine Senkung der Löhne für Notstandsarbeiter vorgeschlagen. Bis zu einer Entscheidung aber ersuchten sie um Zahlung der Lohndifferenz aus Reichsmitteln. Aus politischen Gründen sei man bei einer Besprechung im REMin. übereingekommen, den Weinbauunternehmern für Lohnerhöhungen ein zinsloses Darlehen zu gewähren, doch habe der RFM widersprochen, so daß Kabinettsentscheidung dringlich sei (R 43 I/1292, Bl. 136 f.). In der Kabinettsvorlage betonen Offermann und Wever die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage, die zu Berufungen weiterer Kreise führen könnte. Wever vermerkt außerdem: „Dem Antrage auf Senkung der Notstandsarbeiterlöhne wird aus allgemein politischen Gründen nicht stattgegeben werden können.“ (R 43 I/1292, Bl. 138 f.).
Der Herr Reichsminister der Finanzen weist gleichfalls darauf hin, daß an vielen Orten des besetzten Gebietes die Notstandsarbeiter in einer Weise entlohnt würden, die den Arbeitsfrieden auf das empfindlichste störe. Er bittet, in dieser Frage möglichst eine grundsätzliche Regelung anzustreben9.
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In einem vierseitigen Schreiben vom 23. 6. forderte der RFM sofortige Maßnahmen, um zu verhindern, daß in irgendeinem Bezirk die Löhne für Notstandsarbeiter über die des geringst bezahlten Arbeiters hinausgehen. Der Unterstützung für die Weinbergsarbeiter könne er nur dann zustimmen, wenn die RReg. sich entschließe, „eine andere Art der Entlohnung der Notstandsarbeiten durchzuführen.“ (R 43 I/1292, Bl. 141 f.).
Das Kabinett beschließt nach kurzer Aussprache, daß die Reichsregierung mit der Preußischen Regierung über die Frage der Entlohnung der Notstandsarbeiter[616] und die damit zusammenhängenden Fragen ins Benehmen treten soll10.
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Mit Schreiben vom 10. 7. weist Brauns den PrMinPräs. auf Mißbräuche in der Erwerbslosenfürsorge im bes. Geb. hin und bittet um eine Besprechung am 12. 7. In einer vierseitigen Aufzeichnung des RArbMin. werden die Gesichtspunkte entwickelt, um ein einheitliches Vorgehen bei der Unterstützung der Arbeitslosen und der Entlohnung der Notstandsarbeiter auch im bes. Geb. zu sichern. Am 16. 7. übersendet Brauns diese Aufzeichnung dem PrMinPräs. mit einem weiteren Schreiben, in dem er für das Entgegenkommen der pr. Behörden in der Besprechung vom 12. 7. dankt. Weiteres umfangreiches Aktenmaterial zu diesen Fragen in R 43 I/2028.
[Es beschließt ferner, daß das Reich den Weinbauunternehmern im Regierungsbezirk Wiesbaden zinslose Darlehen in hinreichender Höhe gewähren solle, damit sie imstande sind, für die Zeit von drei Wochen vom 16. Juni d. J. ab zu den von ihnen gezahlten Stundenlöhnen einen Zuschuß von 2229 M zu zahlen.]11
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Der letzte Satz wurde auf Antrag Luthers vom 11. 7. hinzugefügt. Ein entsprechend berichtigter Protokollauszug übersandte die Rkei am 17. 7. dem RArbM, RFM und REM. Im vorliegenden Sitzungsprotokoll fehlt die Berichtigung.