Text
Nr. 410
Der Reichskanzler an den Reichsausschuß für das deutsche Volksbegehren. 9. Januar 1930
R 43 I/1889, Bl. 342, hier: Bl. 342 Entwurf1
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Der Entwurf stammt von MinDir. v. Hagenow, der das Schreiben zunächst auch zeichnen sollte. In einer Randnotiz vom 8. 1. vermerkte er: „Herr StS Zweigert ist mit dem Entwurf an und für sich einverstanden. Er hat aber gebeten zu erwägen, ob die Antwort nicht auf den ersten Satz beschränkt werden kann. Nach Mitteilung des Herrn StS ist Herr Min. Severing der Ansicht, von einer Antwort überhaupt abzusehen.“
[Betrifft: Ergebnis des Volksentscheids.]
Dem im Schreiben vom 7. Januar d. Js. gestellten Antrage, das sogenannte „Freiheitsgesetz“ zu verkünden, kann nach dem Verlauf des Volksentscheides nicht entsprochen werden. Die Reichsregierung hat bei Zuleitung des Entwurfs[1346] eines „Gesetzes gegen die Versklavung des deutschen Volkes“ an den Reichstag ‹bereits dargelegt›2, daß zur Annahme des Gesetzes durch Volksentscheid gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 4 der Reichsverfassung die Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigten erforderlich ist3. Im übrigen hat sich an der Abstimmung nicht einmal die durch den Art. 75 der Reichsverfassung vorgeschriebene Mehrheit der Stimmberechtigten beteiligt.
Die in dem Schreiben zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung muß demnach als irrtümlich bezeichnet werden.
Was4 die im Zusammenhang mit dem Young-Plan in Ihrem Schreiben aufgeworfenen politischen Fragen anlangt, so wird nach Beendigung der Haager Konferenz im Reichstage Gelegenheit sein, Stellung zu nehmen.
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Der Absatz lautete vor der Korrektur durch den RK: „Was die im Zusammenhang mit dem Young-Plan aufgeworfenen politischen Fragen angeht, so wird die RReg. Gelegenheit haben, bei den bevorstehenden Beratungen der aus Anlaß des Young-Plans erforderlich werdenden GesEntw. im RT ihre Stellungnahme bekanntzugeben.“
M[üller]