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Deutsch-russische Austauschverhandlungen1.
Staatssekretär v. Schubert trug die Gesichtspunkte vor, die das Auswärtige Amt erneut veranlaßten, dem Reichskabinett eine Regelung vorzuschlagen, die das Zustandekommen der Austauschabmachungen ermögliche2.
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Vgl. hierzu die Aufzeichnung des LegSekr. Hencke vom 10.7.26 in: ADAP, Serie B, Bd. II,2, Dok. Nr. 48.
Nach eingehender Aussprache wurde Einverständnis darüber erzielt, daß zunächst zwischen Auswärtigem Amt und Reichswehrministerium gesondert verhandelt werden solle, wenn möglich unter Zuziehung des Botschafters Grafen Brockdorff-Rantzau, und dann eine erneute Beratung im Kabinett nach Rückkehr des Herrn Reichskanzlers von seiner Rheinreise stattfinden solle3.
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Über den Verlauf dieser Ministerbesprechung wurde Brockdorff-Rantzau durch ein Telegramm StS Schuberts vom 11. 7. unterrichtet; wie Schubert mitteilte, sei trotz seiner Darlegungen „eine positive Beschlußfassung“ des Kabinetts in der Frage des dt.-sowj. Gefangenenaustauschs und der Begnadigung Skoblewskis „an dem entschiedenen Widerstand“ des RWeM Geßler gescheitert (ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 50). Zur Erörterung der Meinungsverschiedenheiten zwischen AA und RWeMin. fand am 12. 7. eine Besprechung zwischen LegR Dirksen und Major Fischer statt (ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 54). Am 14. 7. folgte eine Unterredung zwischen RWeM Geßler und StS Schubert. Hierbei hielt Geßler seinen Einspruch gegen eine Begnadigung Skoblewskis aufrecht. Durch die „Freilassung eines so gefährlichen Staatsverbrechers“ würde die Abwehr der von Rußland unterstützten Wühlarbeit der KPD erheblich beeinträchtigt. „Die Gefahr der Kompromittierung gewisser ‚cachierter Relationen‘ der deutschen militärischen Stellen mit Rußland, die das Auswärtige Amt für den Fall befürchte, daß infolge der Nicht-Freilassung Skoblewskis gewisse in Rußland anhängige Strafverfahren gegen Reichsdeutsche durchgeführt würden, schätze er [Geßler] geringer ein als die für den Bestand des Staates abträglichen Folgen einer so frühzeitigen Begnadigung Skoblewskis. Im übrigen halte er im Gegensatz zum Auswärtigen Amt die Gefahr einer Kompromittierung nicht für gegeben. Sollte sie aber doch vorhanden sein, und zwar in einer Weise, daß die Deutsche Regierung dadurch gezwungen würde, auf die zum Schutz des Staates notwendige Bestrafung gefährlicher politischer russischer Verbrecher zu verzichten, so müßte die militärische Betätigung Deutschlands in Rußland aufgegeben werden.“ (ADAP, a.a.O., Nr. 56).
Zum Fortgang siehe die Ministerbesprechung vom 19. 7.: Dok. Nr. 63, P. 1.