2.24.1 (vpa1p): I. Verordnung über Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitslosenhilfe, der Sozialversicherung usw.

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I. Verordnung über Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitslosenhilfe, der Sozialversicherung usw.

Der Reichsminister der Finanzen nahm Bezug auf die den Reichsministern im Entwurf vorliegende Verordnung in der Fassung der Kabinettsbeschlüsse 1. Lesung1. Er ging auf die mit den vereinigten Ausschüssen des Reichsrats am 9. Juni2 zur Sache gepflogene Aussprache ein und machte eine Reihe von Änderungsvorschlägen zu dem vorliegenden Entwurf.

1

Die auf Grund der Beschlüsse 1. Lesung (Dok. Nr. 17) geänderte Fassung des Verordnungsentwurfs nicht bei den Akten der Rkei. Zur ursprünglichen, vom RFM am 8. 6. vorgelegten Fassung s. Anm. 2 ff. zu Dok. Nr. 17.

2

Muß heißen: 11. Juni. Vgl. Dok. Nr. 19.

1. Die Ausdehnung der sog. Dietramszeller Notverordnung, gegen die die süddeutschen Länder starken Widerspruch angemeldet hatten3, soll unterbleiben. Das Reichskabinett war hiermit einverstanden.

3

Vgl. Dok. Nr. 17, dort auch Anm. 7 und 8; Dok. Nr. 19.

[76] 2. Dagegen schlug der Reichsminister der Finanzen vor, dem Widerspruch einzelner Länder gegen die Vorschriften über den Finanzausgleich nicht zu entsprechen. Vielmehr soll das in Frage kommende Kapitel in den Zweiten Teil Kapitel I – Wohlfahrtshilfe-Verordnung – als § 11 eingefügt werden. Auch hiermit war das Kabinett einverstanden.

3. Bei den Vorschriften über die Aufstellung von Mustersatzungen für die Haushalt- und Kassenführung der Gemeinden soll es gleichfalls verbleiben trotz des Widerspruchs einzelner Länder.

4. Den Wünschen einzelner Länder entsprechend soll bezüglich der Verteilung der Wohlfahrtshilfe vorgesehen werden, daß die Länder 10% der auf ihre Bezirksfürsorgeverbände entfallenden Beträge einem Ausgleichsstock zuführen, der zugunsten solcher Gemeinden zu verwenden ist, die durch den Aufwand zur Arbeitslosenhilfe besonders belastet sind4.

4

Auf diese Problematik hatte der Württ. StPräs. Bolz mit besonderem Nachdruck auch gegenüber Hindenburg hingewiesen. Vgl. Dok. Nr. 21.

5. Besondere Bestimmungen über die Möglichkeit einer Forterhebung der Bürgersteuer5 sollen nicht vorgesehen werden. Eine Anregung des Reichsministers des Innern, bezüglich der Bürgersteuer eine Bestimmung vorzusehen, durch die die Gemeinden zu erhöhten Zuschlägen zur Bürgersteuer ermächtigt werden, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, fand keine Unterstützung.

5

Forderung des Berliner OB Sahm in der Besprechung am 11. 6. (Dok. Nr. 19).

6. Der Reichswehrminister stellte die Frage, ob die Versicherung abgegeben werden könne, daß bei Berechnung der Abgabe zur Arbeitslosenhilfe gewisse zum Dienstaufwand zu rechnende Bezüge der Angehörigen der Reichswehr abgabefrei bleiben sollen.

Staatssekretär Dr. Zarden erwiderte, daß Einkommensteile, die von der Einkommensteuer befreit sind, von der Heranziehung zur Arbeitslosenhilfe ausgenommen bleiben würden.

Der Reichswehrminister erklärte, daß die Einkommensteile, die er im Auge habe, einkommensteuerfrei seien und daß er daher von der Erklärung des Staatssekretärs Dr. Zarden Kenntnis nähme.

7. Der Reichsminister des Innern teilte mit, daß er am voraufgegangenen Tage die Vertreter der Beamtenspitzenorganisationen empfangen habe. Von diesen sei u. a. dringend gewünscht worden, daß die Reichsregierung die Beamten der Länder und Gemeinden gegen Herabdrückung ihrer Gehälter unter den Stand der Reichsbeamtengehälter schützen möge.

Der Reichsminister der Justiz hielt eine derartige Bestimmung für unvereinbar mit der Dietramszeller Notverordnung. Er sprach sich gegen die Erfüllung der Forderung der Beamten aus.

Im gleichen Sinne äußerte sich der Reichsverkehrsminister.

Dagegen setzte sich der Reichswehrminister für die Erfüllung der Forderungen ein.

Das Kabinett beschloß mit Mehrheit, von der Aufnahme neuer Bestimmungen Abstand zu nehmen.

[77] 8. Der Erste Teil der Verordnung soll folgende Überschrift erhalten:

Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitslosenhilfe, der Sozialversicherung und auf dem Gebiete der Reichsversorgung.

9. Die gleichzeitig mit der Verkündung der Notverordnung herauszubringende Verlautbarung der Reichsregierung soll von einem kleinen Ausschuß vorbereitet und alsdann in einer besonderen Ministerbesprechung am 14. Juni endgültig festgestellt werden6.

6

Vgl. Dok. Nr. 26, P. 1.

10. Sozialversicherung.

Der Reichsarbeitsminister berichtete über die Stellungnahme der Reichsratsausschüsse zu den die Sozialversicherung betreffenden Kapiteln des Verordnungsentwurfs. Er erklärte, daß die Kritik nicht ungünstig ausgefallen sei. Er schlug vor, dem Reichsrat dadurch entgegenzukommen,

1. daß die Ermächtigung der Reichsregierung zu Änderungen in der Sozialversicherung im Ersten Teil Kapitel II Artikel 5 § 7 durch die Verpflichtung zur vorherigen Anhörung des Reichsrats eingeschränkt wird.

2. In dem die Unfallversicherung betreffenden Kapitel – Erster Teil Kapitel II Artikel 4 – wurde der § 1 auf Anregung des Reichswirtschaftsministers wie folgt gefaßt: „Die Renten für Unfälle aus der Zeit vom 1. Juli 1927 bis 31. Dezember 1931 werden um 15%, die Renten für die übrigen Unfälle um 7½% gemindert.“

3. Bei den Bestimmungen über die Anpassung der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe an die Lage des Arbeitsmarktes soll vorgesehen werden, daß der Vorsitzende des Arbeitsamts an die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeitsprüfung durch die Gemeinden gebunden ist, soweit die Hilfsbedürftigkeit verneint wird. Das Arbeitsamt soll an die Beurteilung nicht gebunden sein, soweit die Hilfsbedürftigkeit bejaht wird.

4. Im Ersten Teil Kapitel II Artikel 5 § 7 Abs. 1 Ziffer 4 soll der Satz „insbesondere der wachsenden Verantwortung des Reichs und den Bedürfnissen der Selbstverwaltung“ gestrichen werden.

Auf Wunsch des Reichswirtschaftsministers wurde die Überschrift für die Aufbringungsumlage 1932 dahin geändert, daß die Worte „Herabsetzung der“ gestrichen werden und die Überschrift mithin lautet: „Aufbringungsumlage 1932“.

Abschließend stellte der Reichskanzler die Zustimmung des Reichskabinetts zum Gesamtentwurf fest. Staatssekretär Zweigert wurde gebeten, die Schlußredaktion zu überwachen. Der Vortrag über die Notverordnung beim Herrn Reichspräsidenten wurde für Dienstag, den 14. Juni, vormittags 11.30 vorgesehen7.

7

Die Notverordnung wurde vom RPräs. am 14.6.32 ausgefertigt (RGBl. I, S. 273 ). Zur diesbez. Kundgebung der RReg. s. Dok. Nr. 26, P. 1.

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