2.55.4 (mu11p): 4. Holländisches Kreditabkommen.

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4. Holländisches Kreditabkommen.

Unterstaatssekretär Boyé trägt vor, daß Deutschland als Gegenleistung für das Kreditabkommen u. a. abgabefreie Ausfuhr eines größeren Teils der Förderung des Bergwerks Erkelenz gewähren solle6. Mit Rücksicht auf Artikel[137] 267 des Friedensvertrags sei zu befürchten, daß die Entente für sich dasselbe Recht beanspruchen werde7. Daher sei vorgeschlagen worden, daß die Deutsche Regierung mit einer deutschen Gewerkschaft ein Abkommen schlösse, wonach diese sich verpflichte, die Produktion wesentlich zu steigern, und dafür die Ermächtigung zur abgabefreien Ausfuhr erhalte. Die Holländische Regierung sei mit dieser Regelung einverstanden, werde dann aber ihrerseits eine Erklärung abgeben, daß sie es als Kündigung des Vertrages betrachten werde, wenn die Deutsche Regierung das Abkommen mit der Gewerkschaft ändern werde. Um dem Vorwurf, daß man „in fraudem legis“ handele, zu entgehen, sei es aber wohl am besten, die Erkelenz-Frage aus dem Vertrage überhaupt herauszulassen und dafür den Kredit entsprechend zu kürzen. Reichsminister Schmidt und Unterstaatssekretär Moesle sprechen sich gegen die Kürzung des Kreditabkommens aus. Die Entente könne sich weder auf den Sinn noch auf den Wortlaut des Artikel 267 berufen; wenn der Weg des Vertrags mit den Gewerkschaften gewählt werde, so geschehe dies nur, um Mißverständnisse äußerlicher Art zu vermeiden. Auf den Vorschlag, die Erkelenz-Frage ganz herauszulassen, werde Holland nicht eingehen. Der Abschluß des Abkommens sei äußerst wichtig, weil es das Sprungbrett zu ähnlichen Verträgen mit zahlreichen anderen Staaten und vielleicht auch mit Amerika biete8. – Gegen den Vertrag mit der Gewerkschaft wendete Geheimrat Stutz noch ein, daß dann andere Zechen die abgabefreie Ausfuhr auch für sich verlangen werden. Es wird demgegenüber angeregt, den Holländern vorzuschlagen, auf die Abgabefreiheit zu verzichten und statt dessen in anderer Weise eine höhere Gegenleistung zu bestimmen. Nach längerer Aussprache wird beschlossen: Es soll nochmals mit Holland Fühlung genommen werden, um zu versuchen, den Kredit, wenn auch in geringerem Umfang, auch ohne das Abkommen über Erkelenz zu erlangen. Falls dies nicht zu erreichen ist, soll versucht werden, die Bestimmung der Abgabefreiheit aus dem Abkommen herauszubekommen. Unterstaatssekretär Moesle wird sich an der Verhandlung selbst beteiligen9.

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Seit Dezember 1919 waren vom Reich Verhandlungen mit den Niederlanden über ein Abkommen geführt worden, wonach gegen abgabenfreie Ausfuhr von Kohle die Niederlande einen Zehnjahreskredit von 200 Mio Gulden zu einem Zinssatz von 6% gewähren sollten. „Hiervon waren 60 Mio Gulden als Lebensmittelkredit und 140 Mio Gulden als ein sich bis zur Höhe von 140 Mio stets wieder auffüllender Rohstoffkredit (revolving credit) in Aussicht genommen.“ Die Höhe der Kohlenausfuhr war mit 90 000 Tonnen Steinkohlen jährlich angesetzt worden. „Außerdem sollte Deutschland gestatten, daß aus den nordwestlich von Erkelenz an der holländischen Grenze gelegenen Bergwerken, deren Kuxe in der Hand einer holländischen Gesellschaft sind, 50% der Ausbeute frei von Ausfuhrabgaben und Ausfuhrzöllen nach Holland ausgeführt würden“ (Aufzeichnung des AA, 19.4.20; R 43 I /88 , Bl. 56-59). Das Abkommen war, wie UStS Moesle in der Kabinettssitzung vom 5.3.20, P. 2, mitgeteilt hatte, noch nicht unterzeichnet worden, da die Repko gegen diese deutsche Kohlenausfuhr Einspruch erhoben hatte. – Zur Bedeutung der deutschen Kohlenlieferungen innerhalb der Reparationsleistungen s. C. Bergmann, Der Weg der Reparation S. 45 ff.

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Auf Grund Art. 267 VV war das Land, „dessen Angehörige die Kuxe eines deutschen Bergwerkes besitzen, ohne jede Gegenleistung berechtigt […], gleichfalls die Hälfte der Produktion ausfuhrabgabenfrei auszuführen“ (Aufzeichnung des AA vom 19.4.20; R 43 I /88 , Bl. 50). Entsprechende Vorhaben waren von belgischen und französischen Interessenten unter Hinweis auf das bevorstehende deutsch-niederländische Abkommen eingeleitet worden (AA an RK, 13.4.20; R 43 I /88 ).

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Ähnliche Abkommen waren mit Privatunternehmern aus Rumänien und den Vereinigten Staaten eingeleitet worden (Material über Rumänien in R 43 I /129 . Für eine Chefbesprechung am 22.4.20, 9 Uhr in der Rkei, in der ein Abkommen mit der Firma W. W. Brauer über einen 300 Mio-Dollar-Kredit erörtert werden sollte, konnte keine Niederschrift ermittelt werden. Ein Hinweis auf diese Besprechung findet sich in R 43 I /1345 , Bl. 69, das Material in R 43 I /93 ).

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Nachdem die Niederlande noch im April einen 25 Mio-Gulden-Kredit für Lebensmittel gewährt hatten, wurde am 11.5.20 ein Kreditvertrag abgeschlossen (RR-Drucks. Nr. 231). Der RFM berichtete noch am gleichen Tag dem Kabinett über dieses Abkommen (P. 10 der Kabinettssitzung), das auf Beschluß der RReg. vom 28.7.20 (P. 10 der Kabinettssitzung) den parlamentarischen Körperschaften zugeleitet wurde.

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