Text
Nr. 659
Der Reichswehrminister an den Reichskanzler. 2. Februar 1932.
Streng vertraulich!
Betrifft: Reichswehr und NSDAP
Sehr verehrter Herr Reichskanzler!
Die vom Herrn Reichspostminister Dr. Schätzel in einer Ministerbesprechung vor Weihnachten geäußerten Besorgnisse wegen angeblicher enger Beziehungen zwischen Reichswehr-Kommandeuren und Führern der SA in Bayern1 haben mir Anlaß zu einer erneuten Nachprüfung der Verhältnisse bei der 7. Division gegeben.[2259] Hierbei hat sich der vom Herrn Reichspostminister als Gewährsmann angegebene Reichstagsabgeordnete Loibl dem Befehlshaber im Wehrkreis VII gegenüber schriftlich und mündlich dagegen verwehrt, irgendwie zur Entstehung der erwähnten Gerüchte beigetragen zu haben. Er hat ausdrücklich betont, daß er über derartige Beziehungen von Reichswehr-Kommandeuren zu den Nationalsozialisten nicht das Geringste wisse, und daß er auch in Kreisen der Bayerischen Volkspartei nie darüber habe sprechen hören. Er habe nur gelegentlich auf gewisse Einzelerscheinungen hingewiesen wie z. B. den Ulmer Prozeß2 und die Zugehörigkeit eines 1925 aus dem Heeresdienst ausgeschiedenen Offiziers zur NSDAP, die jedoch durchaus nicht Anlaß geben könnten, an der unbedingten Zuverlässigkeit der Reichswehr zu zweifeln.
Das Ergebnis meiner Nachprüfung bestätigt somit im vollen Umfange meine in der Ministerbesprechung sofort ausgesprochene Auffassung von der völligen Haltlosigkeit der erwähnten Gerüchte und der daraus abgeleiteten Besorgnisse.
Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen, sehr verehrter Herr Reichskanzler, hiervon Kenntnis zu geben und darf im Interesse des Ansehens der Wehrmacht3 die ergebene Bitte an Sie richten, die entstandenen Zweifel gegenüber den an der fraglichen Ministerbesprechung beteiligten Herren ausdrücklich richtigstellen zu wollen.
Mit dem Ausdruck der vorzüglichen Hochachtung
Ihr sehr ergebener
Groener