Text
Bericht des Reichsbankpräsidenten über seine Verhandlungen auf der Konferenz der Notenbankpräsidenten in Rom.
Der Reichsbankpräsident erklärte, daß er seinem schriftlichen Bericht über die Konferenz in Rom vom 1. März kaum noch etwas hinzusetzen könne. Er wiederholte insbesondere, daß über die Frage des Generaldirektors in Rom nicht gesprochen worden sei1. Übrigens seien die Notenbankpräsidenten zur Erörterung dieser Frage auch gar nicht zuständig gewesen, denn die Bestellung des Generaldirektors habe gemäß § 41 der Statuten der BIZ auf Vorschlag des Präsidenten durch den Verwaltungsrat zu erfolgen2. Allerdings habe er die Frage mit Herrn Quesnay selbst in einer persönlichen Unterredung erörtert, nachdem er Herrn Quesnay einen Brief geschrieben habe, in dem er ihn eindringlichst um den Verzicht auf seine Kandidatur ersucht habe. Bei Ablehnung Quesnays habe er stets die Begründung gewählt, daß es nicht angängig sei, einen Nationalangehörigen der beiden an dem Young-Plan hauptsächlich beteiligten Länder (Frankreich und Deutschland) zum Generaldirektor der Bank zu machen. Er halte an dieser Auffassung, bei der er sich im Einklang mit derjenigen der Reichsregierung zu befinden annehme, unter allen Umständen fest, und beurteile die Erfolgsaussichten keineswegs pessimistisch, wenn der Standpunkt deutscherseits weiterhin konsequent durchgehalten werde3.
Die von ihm bereits in Rom unterzeichnete Konstitutionsakte für die BIZ bedürfe zu ihrer rechtsgültigen Unterzeichnung durch die Reichsbank noch einer zweiten Unterschrift. Er habe nach Erhalt des Schreibens der Reichskanzlei vom 3.3.1930 […] sofort nach Rom mitgeteilt, daß die zweite Unterschrift[1525] von Herrn Vizepräsident Dreyse geleistet werden würde und daß er daher bitte, die Urkunde durch einen Boten zu diesem Zweck hierher gelangen zu lassen.
Bezüglich der Ernennung der deutschen Mitglieder des Verwaltungsrats der BIZ halte er an der in Rom abgegebenen Erklärung fest, seine Kandidaten spätestens bis zum dritten Tage nach der Ratifizierung des Young-Plans in Deutschland der Konferenz der Notenbankpräsidenten zu benennen. Er halte es in der Tat auch nicht für möglich, mit dem auszuwählenden Kandidaten bindende Vereinbarungen zu treffen, solange die Ratifikationsverhandlungen noch in der Schwebe seien. Er sei aber bereit, schon jetzt mit dem Reichskanzler und den zuständigen Reichsministern intern Vorbesprechungen über eine aufzustellende Kandidatenliste zu führen. Zu diesem Zwecke werde er dem Herrn Reichskanzler in den nächsten Tagen eine Vorschlagsliste zukommen lassen, die etwa 12 Namen enthalten werde. Er überlasse es alsdann dem Herrn Reichskanzler, diese Liste den hauptbeteiligten Herren Reichsministern zur persönlichen Kenntnisnahme zuzuleiten. Die Vorschlagsliste werde auch die Namen der deutschen Kandidaten für den Generalrat enthalten4.
Mit diesem Vorschlage erklärte der Reichskanzler sich einverstanden.
Fußnoten
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Der Bericht befindet sich in R 43 I/671, Bl. 229 f., hier: Bl. 229 f.. Die Konferenz hatte am 26. und 27. 2. stattgefunden. Von Schacht war erklärt worden, er könne keine deutschen Mitglieder für den Verwaltungsrat benennen, bis die Debatte über die Haager Konferenz und die innere Finanzlage vorüber sei. Da er geäußert hatte, die Ratifizierung des Young-Plans werde erst nach dem 5. 3. erfolgen, war dieser Tag als Eröffnungsdatum für die BIZ in Aussicht genommen worden. Gemeinsam mit Japan hatte die Rbk erklärt, vorläufig keine Aktienemissionen durchzuführen.
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Am folgenden Tag protestierte Schacht beim RK gegen einen Artikel des „Vorwärts“, in dem er beschuldigt wurde, er habe sich schon vor Monaten mit den anderen Notenbankpräsidenten auf Quesnay geeinigt. Nach Schachts Meinung wurde durch diesen Artikel die RReg. kompromittiert, die mit ihm in dieser Angelegenheit übereinstimme, und zielbewußte Außenpolitik unmöglich gemacht (R 43 I/671, Bl. 241 f., hier: Bl. 241 f.). Ein vom RFM verfaßtes Dementi wurde nach der Billigung durch den RbkPräs. WTB übermittelt. Weiterhin hatte ihm der RK mitteilen lassen, daß er mit dem Chefredakteur Stampfer sprechen wolle (R 43 I/671, Bl. 244-246, hier: Bl. 244-246). Quesnay wurde am 22. 4. gegen die Stimmen Deutschlands gewählt.