Text
[Anlage]
Die unterzeichneten Fraktionen verpflichten sich, bei der Beratung der Aufwertungsgesetzentwürfe die anliegenden Richtlinien durchzusetzen. Sie verpflichten sich demgemäß, im Ausschuß nur geschlossen abzustimmen und abweichende Anträge weder zu stellen noch zu unterstützen; sie verpflichten sich ferner, Abänderungsanträge gegenüber der Regierungsvorlage nur nach vorherigem Benehmen mit den anderen Regierungsparteien und der Regierung zu stellen.
Berlin, den Mai 1925.
[289] I.
1. Der Aufwertungsbetrag (§ 2 des Aufwertungsgesetzentwurfs)8 wird für alle Hypotheken und andere dingliche Rechte auf 25 v. H. erhöht.
2. Der Aufwertungsbetrag von 25 v. H. ist ohne Unterscheidung zwischen Aufwertung und Zusatzaufwertung einheitlich an der alten Rangstelle des Rechts einzutragen.
Soweit der nach dem Verhältnis des berichtigten Wehrbeitragswerts9 zum gegenwärtigen Grundstückswert herabgesetzte Goldmarkbetrag der ersten Hypothek deren Aufwertungsbetrag übersteigt, ist dem Eigentümer eine Eigentümergrundschuld vorzubehalten.
Der Rang der neu eingetragenen Reichsmarkhypotheken, Feingold-, Roggenrenten- und anderen wertbeständigen Hypotheken bleibt gewahrt.
3. Bezüglich der Verzinsung verbleibt es bei der Regierungsvorlage10.
4. Der Rückwirkungstermin11 wird bis zum 15. Juni 1922 zurückverlegt. Dabei ist die Härteklausel zweckentsprechend zu erweitern12.
Bei der Rückwirkung findet die Aufwertung nicht nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe des Aufwertungsbetrags statt.
5. Der Aufwertungssatz der Industrieobligationen wird für Altbesitzer, d. h. für Personen, die bereits am 1. Juli 1920 Inhaber der Obligationen waren, um 10% auf 25% erhöht. Die Erhöhung des Aufwertungsbetrages um 10% wird in der Form von Genußscheinen gewährt, die folgende Rechte haben: Nachdem vom Reingewinn zunächst ein Betrag von 6% an die Aktionäre als Dividende ausgeschüttet ist, wird der diesen Betrag übersteigende Reingewinn in folgender Weise verteilt: Bei jedem Prozent Überdividende auf die Aktien müssen 2% auf die Genußscheine verwandt werden bis zu einem Höchstbetrage von 6% des Betrages, auf den die Genußscheine lauten. Von den auf die Genußscheine entfallenden Beträgen werden Ausschüttungen auf die Genußscheine in Höhe der alten Zinssätze der Obligationen gemacht. Der verbleibende Rest wird zu Auslosungen zu pari verwandt, die mindestens jedes zweite Jahr erfolgen müssen.
Die erhöhte Aufwertung kommt auch den Altbesitzern zugute, deren Obligationen nach dem 14. Februar 1924 eingelöst worden sind. Im übrigen findet eine Rückwirkung bei der Aufwertung von Industrieobligationen nicht statt.
6. Entsprechend der Höheraufwertung der Hypotheken auf 25 v. H. erhöht sich auch das im § 12 Abs. 1 des Entwurfs vorgesehene Maß für die Aufwertung anderer Vermögensanlagen auf 25 v. H.
[290] II.
7. Die Anleihen des Reichs werden durch eine neue Anleihe zum Satze von 5 v. H. abgelöst. Der Teil der Ablösungsanleihe, welcher gegen Markanleihen alten Besitzes13 ausgegeben ist, wird durch Auslosung zum doppelten Nennbetrag (an Stelle des einfachen) zuzüglich 5 v. H. des Auslosungsbetrages für jedes Jahr seit dem Beginn der Auslosung getilgt. Diese Tilgung soll innerhalb 30 Jahren (statt 40 Jahren) durchgeführt werden, sofern das Ergebnis der schwebenden Verhandlungen über die Steuerreform, den Finanzausgleich und den Reichshaushalt dies nicht unmöglich macht. Die in der Regierungsvorlage vorgesehene Anleiherente14 fällt fort. Die Vorzugsrente für die bedürftigen Anleihebesitzer bleibt bestehen15.
8. Die Markanleihen der Länder werden in der gleichen Weise behandelt wie die Anleihen des Reichs.
9. Die Markanleihen der Gemeinden und Gemeindeverbände werden durch neue Anleihen zum Satze von 5 v. H. abgelöst. Der Teil der Ablösungsanleihen, welcher gegen Markanleihen alten Besitzes ausgegeben ist, wird durch Auslosung nicht zum einfachen, sondern zum zweieinhalbfachen Nennbetrag zuzüglich 5 v. H. des Auslosungsbetrages für jedes Jahr seit dem Beginn der Auslosung getilgt. Die Tilgungsdauer beträgt nach näherer Festsetzung der obersten Landesbehörde 20 bis 30 Jahre.
Die Gemeindeaufsichtsbehörde kann einen Treuhänder zur Wahrnehmung der Interessen der Anleihegläubiger bestellen.
Auf Antrag der Gemeinde oder eines Anleihegläubigers oder des Treuhänders ist der feste Rückzahlungsbetrag bis auf 25 v. H. des Nennbetrages der abzulösenden Markanleihen zu erhöhen, sofern dies dem Anleiheschuldner nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit und unter Berücksichtigung seiner öffentlichen Aufgaben zugemutet werden kann. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt durch die von der obersten Landesbehörde zu bestimmende Stelle. Gegen deren Entscheidung ist die Beschwerde an eine von der obersten Landesbehörde zu bestimmende Beschlußbehörde innerhalb einer Frist von einem Monat zulässig. Über die Unterscheidung zwischen Gemeindeanleihen alten und neuen Besitzes Bestimmungen zu treffen, bleibt den Ländern vorbehalten.
Fußnoten
- 8
Gemeint ist der dem RT seit 25. 4. vorliegende „Entwurf eines Gesetzes über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen“, RT-Drucks. Nr. 804, Bd. 400.
- 11
Über Bedeutung, Problematik und Terminierung der Rückwirkung s. Anm. 10 zu Dok. Nr. 18.
- 12
Betrifft § 11 Abs. 2 der Hypothekenaufwertungsvorlage (s. zuvor Anm. 8), wonach die Aufwertung von Hypotheken in Höhe der Hälfte des Grundaufwertungssatzes (15%) stattfinden solle, wenn der Gläubiger die Abgeltung oder Tilgung nach dem 15.12.22 vorbehaltlos bewilligt hatte. Das solle jedoch nicht gelten, soweit die Aufwertung für den Schuldner mit Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage eine unbillige Härte bedeuten würde.
- 13
Anleihen alten Besitzes sind nach der Definition des dem RT seit 25. 4. vorliegenden „Entwurfs eines Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen“ (RT-Drucks. Nr. 805, Bd. 400) Markanleihen des Reichs, die von den Anmeldungseigentümern nachweislich vor dem 1.7.20 erworben wurden und sich seither ununterbrochen in deren Besitz befunden haben. Vgl. dazu Anm. 40 und 41 zu Dok. Nr. 24 und Anm. 18 zu Dok. Nr. 48.
- 14
S. dazu Dok. Nr. 53, dort bes. Anm. 2 und 3.
- 15