Text
6. (Außerhalb der Tagesordnung) Lebensmittelversorgung.
a) | Der Reichsernährungsminister bat um die Ermächtigung, im Einvernehmen mit dem Preußischen Staatsministerium die Beschlagnahme von Mehl aufheben zu dürfen5, wenn es ihm möglich erscheinen sollte. |
Die Ermächtigung wurde erteilt6. | |
b) | Der Reichsernährungsminister wies auf einen Artikel7 in der Presse hin, der sich mit dem Brotpreis beschäftigte, und dessen Inhalt nur durch einen Vertrauensbruch bekanntgeworden sein könne8. Er bedauerte, daß derartige Vorkommnisse immer noch möglich seien. |
c) | Der Reichsernährungsminister gab bekannt, daß in der nächsten Zeit der [986] holländische Lebensmittelkredit wieder in Anspruch genommen werden müßte9. Zur Zeit sei noch ein Guthaben von 1 Million Gulden vorhanden. |
Widerspruch wurde nicht erhoben. |
Fußnoten
- 5
S. Dok. Nr. 222, P. 1 mit Anm. 3.
- 6
Zur weiteren Entwicklung s. Dok. Nr. 233, P. 3 b.
- 7
Danach ausgestrichen: „im ‚Vorwärts‘ oder“.
- 8
Um welche Indiskretion es sich handelte, ließ sich aus den Akten der Rkei nicht ermitteln. Denkbar ist, daß es um Kritik an der Reichsgetreidestelle ging, die nicht mit den landwirtschaftlichen Genossenschaften direkt verhandelt, sondern Händlerfirmen zwischengeschaltet und ihnen zur Bezahlung Goldanleihe überwiesen hatte. Einen solchen Vorwurf gegen die Reichsgetreidestelle hatte die „Zeit“, Nr. 252 vom 31.10.23, zunächst erhoben, aber am 6.11.23, Nr. 257, zurückgenommen. Jetzt hieß es, die landwirtschaftlichen Genossenschaften seien zu schwerfällig und rückständig, als daß schnelle Abschlüsse mit ihnen möglich seien. Kritisch war weiterhin der schwerfällige Apparat der Reichsgetreidestelle gerügt worden, da er „nur zu oft ausschließlich verzögernd und wohl auch verteuernd“ wirke. Erneuert wurden die Vorwürfe gegen die Reichsgetreidestelle am 9.11.23 („Die Zeit“, Nr. 260) und nun mit der Behauptung verbunden, sie habe Kettenhandel getrieben und für die Ernährung unbrauchbaren Roggen und nur für Brauereien verwertbare Gerste aufgekauft.
- 9
Zum dt.-holl. Kreditabkommen s. Das Kabinett Müller I, Dok. Nr. 55, P. 4; Das Kabinett Fehrenbach, Dok. Nr. 37, P. 10 und Nr. 119, P. 1.