1.157.2 (wir2p): 2. Devisenverordnung.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 9). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Wirth I und II (1921/22). Band 2Bild 146III-105Bild 183-L40010Plak 002-009-026Plak 002-006-067

Extras:

 

Text

RTF

2. Devisenverordnung.

Der Reichskanzler wies zunächst auf die sehr ernste Lage Deutschlands hin. Nachdem der Reichstag sich heute nachmittag vertagt habe, habe man Zeit, in Ruhe die gestern aufgeworfenen Fragen weiter zu behandeln und gründlich durchzusprechen2. Entsprechend der von ihm auf dem Industrie- und Handelstag aufgestellten Parole der „Organisation des Kampfes gegen den Hunger“3 müsse das Ziel der Regierung sein, alle Kräfte zusammenzufassen, um diesen Kampf erfolgreich zu bestehen. Soweit er gesehen habe, sei bei allen Parteien das Ziel das gleiche, auch bei den Sozialdemokraten4. Nur darüber, welche[1140] Mittel zur Erreichung dieses Zieles anzuwenden seien, beständen Meinungsverschiedenheiten. Der Kampf gegen den Hunger sei gleichbedeutend mit dem Kampf gegen die Markentwertung. Er habe sich das Problem nochmal durch den Kopf gehen lassen. Die sozialdemokratische Fraktion habe, soweit er sähe, folgende Vorschläge gemacht:

1) Eine Stützung der Mark durch die Reichsbank mit Hilfe eines Goldmarkfonds von etwa 300 Millionen,

2) Ergänzung der Devisenverordnung und

3) eine innere Goldanleihe.

Er wolle heute betonen, daß in mißverständlicher Auffassung seiner gestrigen Äußerung man in gewissen Kreisen davon spreche, daß eine grundsätzliche Wendung der deutschen Politik bevorstehe. Dies sei nicht der Fall. Es sei jedoch klar, daß die gewaltige Notlage des Volkes besondere Maßnahmen erforderte, und diese Maßnahmen sollten heute und in den nächsten Tagen einer gründlichen Durchsprache unterzogen werden. Er bäte zunächst den Herrn Reichswirtschaftsminister um seine Stellungnahme.

Reichswirtschaftsminister Schmidt teilte mit, daß die sozialdemokratische Fraktion eingehend verhandelt habe, und als er die Fraktion verlassen habe, seien diese Verhandlungen noch nicht zum Abschluß gelangt. Immerhin habe er den Auftrag mitbekommen, den Herrn Reichskanzler zu bitten, die Parteiführerbesprechung morgen fortzusetzen5. Man sei der Auffassung, daß eine Klärung der Politik erforderlich sei. In sozialdemokratischen Kreisen habe man Bedenken, öffentlich zu erklären, daß das Deutsche Reich zu Sachlieferungen nicht mehr imstande sei, dagegen habe man bestimmt erklärt, daß die Mehrleistungen an Kohle, wie sie durch das Schreiben der Reparationskommission vom 14. Oktober verlangt werden, unmöglich seien. Dieser Auffassung trete er vollkommen bei, umso mehr, als sich diese Ablehnung wirtschaftlich sehr wohl[1141] begründen lasse. Man müsse bedenken, daß Deutschland zur Zeit eine unerhört hohe Kohleneinfuhr habe, nämlich für 1¼ Millionen Mark monatlich, was einer jährlichen Einfuhr von 8–9 Milliarden Mark entspräche. Es entsteht dabei die Frage, ob es politisch tragbar sei, jetzt zu einer solchen ablehnenden Aktion zu schreiten. Die sozialdemokratische Fraktion sei der Meinung, daß der jetzige Augenblick hierfür schlecht gewählt sei. Man müsse nach wie vor eine Verständigung mit Frankreich suchen, und auf dem bisherigen Wege weiterschreiten. Insbesondere müsse man Verhandlungen suchen und unbedingt davon absehen, eine Änderung der bisherigen Politik, der sogenannten Erfüllungspolitik, eintreten zu lassen. Man habe viel von der Stützungsaktion der Mark gesprochen, und da müsse er auf den in der Öffentlichkeit bereits diskutierten Plan Hilferdings6 zurückkommen. Man sei im Kabinett wohl klar darüber, daß eine Stützungsaktion der Mark erforderlich sei. Wann diese Aktion aber vorgenommen werden müsse, darüber gingen die Meinungen auseinander. Die Fraktion erwarte, um an eine solche Maßnahme heranzutreten, den Eintritt gewisser Voraussetzungen, und zwar solle zunächst eine Stabilität der Handelsbilanz herbeigeführt werden. Von großer Wichtigkeit sei die Art und die Form dieser Stützungsaktion. Es gäbe mehrere Wege, entweder der Goldschatz der Reichsbank würde direkt zur Verfügung gestellt, oder es würde versucht, eine auswärtige Anleihe unter Sicherheit der Reichsbank zu erlangen. Dabei müsse man daran festhalten, daß eine solche Anleihe für Reparationszwecke nicht Verwendung finden dürfe. Des ferneren habe man in sozialdemokratischen Kreisen es für nötig befunden, Änderungen in der Devisenordnung vorzunehmen. Es sei unerhört, daß in Berlin an 21 Lotteriegeschäften die Genehmigung zum Devisenhandel erteilt worden sei. Das sei durch die Handelskammer geschehen. Auch der Devisenhandel der Banken sei unerträglich. Hier müßte Remedur geschaffen werden, eventuell müßte in dem Gesetz bestimmt werden, daß die Konzessionen zum Devisenhandel nicht mehr von den Handelskammern erteilt werden dürfen. Der Erlaß der Devisenverordnung auf Grund des Artikel 48 der Reichsverfassung sei nur ein Notbehelf7. Das Reichswirtschaftsministerium beabsichtige schon morgen, die dringlichste Änderung dieser Verordnung im Wege der Ausführungsbestimmungen vorzunehmen. Jetzt auf Einzelheiten einzugehen, halte er im Rahmen der allgemeinen Debatte nicht für angezeigt.

Der Reichskanzler bat den Herrn Reichswirtschaftsminister, morgen in der geplanten Parteiführerbesprechung über die einzelnen Maßnahmen, betreffend die Devisenordnung zu berichten.

Exzellenz Havenstein: Mit den von Hilferding vorgeschlagenen Maßnahmen, die der Reichswirtschaftsminister im einzelnen besprochen habe, sei nach seiner und der Überzeugung des Reichsbankdirektoriums nichts zu erreichen. Diese Vorschläge seien verfehlt. Sie würden erfolglos bleiben und verhängnisvoll werden.

Der Auskauf Deutschlands setze sich in rapidem Tempo fort, ausländische Kapitalisten kauften in steigendem Maße in Deutschland neben allem anderen[1142] insbesondere Häuser und Industrieanteile. Zu beachten sei hier, daß diese Käufe in Mark bezahlt würden. Parallel mit dieser Bewegung ginge die ständige Weiterverschuldung Deutschlands.

Die Zahlungsbilanz sei nach seiner Berechnung um mindestens 2 Milliarden Goldmark jährlich passiv. Das Devisenaufkommen sei viel zu gering, um den Bedarf zu decken. Die deutschen Exportabschlüsse würden nur zu etwa 50% in Devisen fakturiert; denn ein großer Teil des Exports ginge nach dem valutaschwachen Osten, und in den westlichen Ländern seien große Markguthaben, die größtenteils zur Bezahlung des aus Deutschland kommenden Imports verwandt würden. Bei Berücksichtigung dieser Umstände schätze er das Devisenaufkommen aus dem Export auf etwa 1½–1¾ Milliarden Mark Gold. Hiervon würde etwa die Hälfte an das Reich abgeführt, so daß der Wirtschaft für ihren Bedarf nur etwa ¾–1 Milliarde verbliebe. Dem stände eine Einfuhr von 4½ Milliarden Goldmark gegenüber, die durch fortgesetzten Markverkauf gedeckt würden. Bei dieser Sachlage müsse die Mark fallen. Hier liege die Wurzel des Übels. Nur hier könne eingegriffen werden, alles andere sei ein Schlag ins Wasser. Es sei ein Irrtum Hilferdings anzunehmen, daß man mit Hilfe von 300 Millionen Goldmark aus dem Reichsbankgolde die Mark wirksam stützen könne. Es sei ein weiterer Irrtum Hilferdings, daß die Reichsbank auf diese Weise ihr Gold nur vorübergehend opfern würde. Die Dinge lägen vielmehr in Wirklichkeit so, daß mit diesen 300 Millionen eine Besserung des Markkurses nur ganz vorübergehend erzielt werden könne, und daß 300 Millionen der Reichsbank dauernd verloren wären. Das Reichsbankgold sei nicht tot, wie Herr Hilferding und Herr Bernhard behaupteten, es sei vielmehr das Stützfundament der Bank. Nur in ihrer Goldreserve beruhe die Stärke der Reichsbank, und wenn man ihr das Gold nähme, so sei es ebenso, als ob man Simson die Locken abschneide. Die von Hilferding und Bernhard empfohlene Politik sei also eine Delilapolitik, ein Herostratentum. Nur mit ihrem Golde sei die Reichsbank kreditfähig und könne für die deutsche Wirtschaft arbeiten. Würde ihr ein Teil ihres Goldes zu dem genannten Zweck genommen, so würde die direkte Folge dieser Aktion ein rapider weiterer Marksturz sein. Es würde also genau das Gegenteil von dem eintreten, was Hilferding erwarte.

Die Reichsbank dürfe, wie er wiederholt ausgeführt habe, keinen Kredit aufnehmen, durch den ihr Goldbestand gefährdet würde; denn dieser sei die einzige Reserve zur Wiederaufrichtung der Währung, die einmal kommen müsse. Intervention der Reichsbank sei aber verfehlt, solange nicht die Aussicht bestehe, daß die Mark durch solche Aktion wirklich und dauernd stabilisiert würde. Es sei nicht die Ermordung von Rathenau, die unsere Währung völlig zerbrochen habe. Damals sei der Dollar auf etwa 500 – höchstens 600 gestiegen. Der rapide Sturz sei erst eingetreten, als die Reichsbank, gedrängt von allen Seiten, die Juli-Intervention vorgenommen habe, wodurch ihre Aktionskraft erlahmte.

Die Passivität unserer Zahlungsbilanz und das immer geringere Vertrauen des Auslandes seien es, die uns ruinierten.

Kurz zusammenfassend könne man sagen: Die Wurzeln des Übels seien 1. die ungeheuren Reparationslasten, 2. die viel zu geringe Arbeitsleistung[1143] Deutschlands. Wenn man nicht an diese beiden Wurzeln greife, so kämen wir aus dem Elend niemals heraus. Es sei aber ein grundlegender Irrtum anzunehmen, daß man diese Übel mit rein technischen Mitteln bekämpfen könne.

Wir müßten mehr Waren für den eigenen notwendigen Konsum und für den Export produzieren.

Er müsse nochmals ausdrücklich betonen, daß es völlig ausgeschlossen sei, mit den von Hilferding und Bernhard vorgeschlagenen Mitteln zu helfen. Mit diesen Mitteln sei es günstigenfalls möglich, den Kurs der ausländischen Devisen in geringem Maße und auf kurze Zeit zu drücken. Das dabei geopferte Reichsbankgold würde aber nicht wieder ersetzt werden können.

Zur Devisenverordnung wolle er folgendes sagen: Die Reichsbank halte sie im wesentlichen für zwecklos, weil sie den Markt verenge. Weiter hätte keine Behörde die Zeit, eine wirksame Nachkontrolle auszuüben. Ferner bestehe das bekannte Loch im Westen, und im besetzten Gebiet seien zahlreiche fremde Banken, die natürlich unsere Devisenverordnung nicht beachteten. Die erlassene Verordnung sei daher unfruchtbar und erfolglos.

Wolle man sie trotzdem aus rein politischen Gründen aufrechterhalten, so sei die Reichsbank zur Mitarbeit bereit, insbesondere an der Abänderung der §§ 1, 3 und 58. Die vielen Devisenhändler müßten beseitigt werden; die Handelskammern müßten scharf gemacht werden, in ihren Konzessionen sehr viel größere Vorsicht walten zu lassen. Weiter müsse man die Wechselstuben verpflichten, aufkommende Noten nur an die Reichsbank zu verkaufen.

Zur Frage der Anleihen: Die Aufnahme einer äußeren Anleihe durch das Reich halte er für ausgeschlossen, niemand würde in der jetzigen Lage dem Reich Kredit geben. Eine solche Anleihe etwa auf das Gold der Reichsbank zu fundieren, sei aus den vorgetragenen Gründen ausgeschlossen. Das Gold der Reichsbank würde dadurch rettungslos verlorengehen. Die Aufnahme einer solchen Anleihe sei auch nicht Aufgabe der Reichsbank, sondern des Reichs.

Auch eine innere Anleihe halte er für aussichtslos, denn das Volk könne keine Devisen einzahlen.

Die Ausgabe von Goldschatzanweisungen sei gleichfalls ein Versuch mit untauglichem Mittel9. Das Reich könne die Belastung nicht ertragen. Etwas derartiges könne erst dann versucht werden, wenn dadurch keine Gefahr der Überbürdung des Reichs eintrete. Dies sei erst dann der Fall, wenn die Reparationsfrage in befriedigender Weise gelöst sei. Das gesamte Reichsbankdirektorium warne ausdrücklich vor dem Versuch dieser Goldschatzanweisungen auch in kleinem Maßstabe. Eine Wirkung würde nicht eintreten, denn man erhielte keine Devisen. Auf der anderen Seite übernähme das Reich damit ein äußerst gefährliches Risiko.

Vizekanzler Bauer schlägt vor, eine Ressortbesprechung zwischen Reichswirtschaftsministerium, Reichsfinanzministerium und Reichsbank morgen früh vorzunehmen, und falls diese Ressortbesprechung zu einer Einigung führe, sei[1144] das Kabinett dann einverstanden, daß die Änderungen in der Devisenordnung veröffentlicht werden10. Wenn irgend möglich, habe auch er die Bitte an den Reichskanzler, daß die Parteiführer morgen informiert würden.

Fußnoten

2

Vgl. dazu die Erklärung des RK in Dok. Nr. 391, P. 3.

3

In seiner Rede vor der Vollversammlung des Deutschen Industrie- und Handelstages am 14.9.1922 in Berlin hatte Wirth die Parole „erst Brot, dann Reparationen“ öffentlich ausgegeben (siehe DAZ Nr. 394 vom 14.9.22 und Wirth, Reden, S. 427), die er schon früher im Kabinett formuliert hatte (siehe Dok. Nr. 362).

4

Im Anschluß an die in der Parteiführerbesprechung vom 23.10.22 abgegebene Erklärung des RK (siehe Dok. Nr. 391 Anm. 2) hatte sich der Aufzeichnung ten Hompels zufolge folgende Diskussion zur Lage entwickelt: „Koch (Demokrat): Erkennt an, daß die auswärtige Politik den Zweck erreicht habe, Zeit zu gewinnen und Ansichten über Leistungsfähigkeit zu wandeln. Jetzt sei es aber an der Zeit, andere Wege zu gehen. Eine aktive Wirtschafts- und Außenpolitik sei nötig. In dieser Hinsicht sei die Devisenordnung ein Schritt, der seinen Zweck verfehlt habe. Devisenordnung müsse aufgehoben oder baldigst durch ein Gesetz ersetzt werden. – Müller-Franken: Es müsse etwas geschehen. Ob die Sozialdemokratie eine aktive Politik mit den Bürgerlichen zusammen machen könne, hänge von dem Programm ab. Wenn wir nichts täten, um die unhaltbare Lage zu einer Lösung zu führen, liefern wir Gefahr, daß Franzosen und Engländer sich auf unsere Kosten einigten. Österreich stehe als warnendes Beispiel vor uns. Die Bedingungen, die man Deutschland eventuell auferlegen werde, würden wahrscheinlich noch entwürdigender werden. Der Versuch, aus eigener Kraft die Lage zu retten, müsse gemacht werden. Sollten hierbei Wege gegangen werden, die die Sozialdemokratie nicht mitgehen könne, müsse sie eventuell gewisse Konsequenzen daraus ziehen. – Reichskanzler Er habe noch nie vor so schweren Tagen gestanden wie jetzt. Niemand solle in solcher Zeit schroffe Forderungen erheben, sondern Vorschläge machen. Der tiefste Grund der Zustände liege in der Passivität der Handelsbilanz. Die Zahlen der Handelsstatistik seien durch die Markentwertung entstellt. Die Handelsbilanz sei wahrscheinlich passiver, als es scheine. Der Import nicht notwendiger Gegenstände müsse eventuell stark gedrosselt werden. – Wirtschaftsminister Schmidt: Daß die Handelsstatistik ein schiefes Bild gebe, sei richtig. Nichtsdestoweniger ergaben die ersten 7 Monate eine Passivität der Handelsbilanz von 122 Milliarden. Über den Stand der Zahlungsbilanz hätten wir keinerlei Anhaltspunkte. Sperrung der Luxuseinfuhr und Hebung der Ausfuhr müsse das Ziel sein. Bei einem solchen Versuch sei er bei der letzten Tabakvorlage vollkommen durchgefallen, wobei gerade Demokraten und auch das Zentrum mitgewirkt hätten. Völlige Freiheit sei bei der heutigen außerordentlichen Lage unmöglich. Er greift in weiteren Ausführungen den Reichsverband der Deutschen Industrie an, der in seinen Bekanntmachungen zwar für die Papiermarkbewertung und -zahlung sich ausspräche, aber nebenher auch die Anlage in Devisen empfehle. Das sei wilde Spekulation. Die Banken hielten zur Zeit die Devisen mit Absicht zurück, um die Verfehltheit der Devisenordnung zu beweisen und diese zu sabotieren. Der Markkurs sei gewiß abhängig von der Wirtschaftslage, also wir seien selbst daran schuld, daß es so weit gekommen sei. Bei einem Anleihebedarf des Reichshaushalts von 500 Mrd. M sei es kein Wunder, wenn die Mark ins Bodenlose ginge. Die Devisenverordnung müsse aufrechterhalten und ausgebaut werden, gewisse Milderungen seien erforderlich. Es sei beabsichtigt, das Einfuhrgeschäft und das erste Anschlußgeschäft als Devisengeschäft zu erlauben. – Marx begrüßt, daß Regierung Programm vorlegen wolle. Es frage sich, ob die Regierung nicht zu lange passiv gewesen sei. Sie schieße in vielen Punkten über das Ziel hinaus, in andern Punkten ginge sie nicht weit genug. Die wilde Spekulation des großen Publikums würde gar nicht erfaßt. Durch den übereilten Erlaß und durch die Inanspruchnahme des Reichspräsidenten sei die Lage schwierig geworden. Ohne eine scharfe Kritik ließe sich die Sache im Parlament nicht verhandeln. – Reichskanzler warnt vor Kritik des Vorgehens des Reichspräsidenten. – Stresemann: Das Recht des Reichspräsidenten soll nicht kritisiert werden. Wünscht baldige gründliche Aussprache über Maßnahmen. Verlangt energische polizeiliche Maßnahmen gegen die wilde Spekulation im kleinen, die bis auf die Straße hinausgetragen werde. Er widerspricht weiterhin scharf dem Reichswirtschaftsminister, der die wahre Lage anscheinend nicht erfaßt habe. Der Standpunkt des Reichsverbands der deutschen Industrie sei durchaus berechtigt, und weit entfernt davon, eine Spekulation darzustellen. Im Gegenteil, viele Geschäfte müßten in Devisen gemacht werden, um sich ihres spekulativen Charakters zu entkleiden. Bei dem Ausbau der Devisenordnung in der allseitig als erforderlich erkannten Richtung würde der Minister die volle Unterstützung der Volkspartei haben. Notwendig sei aber, die den legitimen Handel und Wandel störenden Bestimmungen schnellstens abzubauen.“ (Nachlaß ten Hompel /16).

5

Protokoll einer solchen Sitzung in R 43 I nicht ermittelt; im Nachlaß ten Hompel befindet sich eine Aufzeichnung über eine interfraktionelle Besprechung beim RK vom 26.10.22, 11 Uhr (Nachlaß ten Hompel /16).

6

Siehe Vorwärts vom 26. und 27.10.1922.

7

Siehe Dok. Nr. 384 Anm. 3.

8

Siehe RGBl. 1922 I, S. 795 .

9

Zum Plan der Goldschatzanweisung siehe Dok. Nr. 386, P. 1; Schreiben des RbkDirektoriums an den RFM vom 20.10.22 in R 43 I /2434 , Bl. 61-64.

10

Am 27.10.1922 wird die zweite VO zur Ausführung der VO gegen die Spekulation in ausländischen Zahlungsmitteln vom 12.10.1922 erlassen (RGBl. 1922 I, S. 809 ).

Extras (Fußzeile):