Text
Nr. 28
Der Preußische Ministerpräsident und der Preußische Finanzminister an den Staatssekretär im Preußischen Finanzministerium Schleusener. 17. Dezember 1932
R 43 I/2281, Bl. 501–503 Abschrift
[Vorbereitung des preußischen Staatshaushalts für das Jahr 19331.]
Eilt!
Nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 25. Oktober 1932 sind der Preußischen Staatsregierung die verfassungsmäßigen „Rechte und Pflichten gegenüber den anderen höchsten Landesorganen (Landtag und Staatsrat)“ verblieben.
Art. 63 der Preußischen Verfassung lautet in Abs. 1 und 2:
„Der Landtag sorgt durch Bewilligung der erforderlichen laufenden Mittel für die Deckung des Staatsbedarfs.
[128] Alle Einnahmen und Ausgaben des Staates müssen für jedes Rechnungsjahr veranschlagt und auf den Haushaltsplan gebracht werden. Dieser wird vor Beginn des Rechnungsjahres durch ein Gesetz festgestellt.“
Hiernach ist die Staatsregierung verpflichtet, dem Landtag mit Beschleunigung den Entwurf eines Haushaltsplans für 1933 vorzulegen. Diese Verpflichtung kann ihr nicht durch die Reichskommissare abgenommen werden.
Die Aufgabe der Vorlegung des Haushalts kann sich nicht darin erschöpfen, einen von anderer Seite aufgestellten Haushaltsplan zu überreichen. Die Staatsregierung ist vielmehr unter eigener Verantwortung verpflichtet, den Staatshaushalt zu entwerfen und die Grundzüge und die Einzelheiten schon in dem Vorbereitungsstadium zu bestimmen.
Hiernach ersuchen wir Sie, die Vorbereitung des Haushalts in der üblichen Weise als Vertreter des mitunterzeichneten Finanzministers technisch einzuleiten und dem Finanzminister alsbald über das Geschehene und die Grundlagen des Haushalts Vortrag zu halten und seine Weisungen entgegen zu nehmen.
Bei den vorbereitenden Schritten ersuchen wir Sie, deutlich zum Ausdruck zu bringen, daß Sie insoweit als Vertreter des Preußischen Finanzministers handeln.
Nach den im Urteil des Staatsgerichtshofs an verschiedenen Stellen besonders unterstrichenen Grundsätzen des Art. 48 der Reichsverfassung über die vorübergehende Natur der Ausnahmemaßnahmen, darf nicht damit gerechnet werden, daß auch im neuen Haushaltsjahre die Preußische Verwaltung noch von der Landeszuständigkeit fast ganz abgetrennt und auf Reichskommissare als Reichsorgane übertragen ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dies nichts daran ändern, daß der Haushaltsplan im Sinne der Verfassung nicht vom Reichskommissar, sondern von der Staatsregierung aufzustellen ist. Inwieweit sich später ein Reichskommissar an einen solchen Plan binden würde, kommt hierbei nicht in Betracht. Die Abrechnung darüber ist eine Frage der späteren Auseinandersetzung zwischen dem Reich und Preußen. Dabei gilt der allgemeine Grundsatz, daß die Kosten von Maßnahmen aus Art. 48 Abs. 2, jedenfalls also die daraus erwachsenden Mehrkosten dem Reiche zur Last fallen.
Abschrift haben wir dem Herrn Reichskanzler als Reichskommissar für das Land Preußen und dem Herrn Reichskommissar für den Geschäftsbereich des Preußischen Finanzministeriums übersandt.2
Der Preußische Ministerpräsident.
gez. Braun
Der Preußische Finanzminister.
gez. Klepper
Fußnoten
- 1
Das PrStMin. hatte sich dazu in seiner Sitzung vom 16.12.1932 wie folgt geäußert: „Bezüglich des Staatshaushaltsplans für 1933, der nach den bestehenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen dem Landtage vom Staatsministerium, nicht von den Kommissaren des Reichs vorzulegen ist, wurde beschlossen, um diese Verpflichtung der Staatsregierung erfüllen zu können, die Vorbereitung des Haushaltsplans in der üblichen Weise mit Hilfe des Finanzministeriums technisch einzuleiten.“ (Protokollabschrift in: Nachl. Severing, Nr. 66).