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3. Außerhalb der Tagesordnung: Saargänger-Unterstützung.
[…]
Nach kurzer Aussprache beschloß das Kabinett4, den Reichsminister für die besetzten Gebiete zu ermächtigen, bei der bevorstehenden Beratung der Angelegenheit im 16. Ausschuß des Reichstags5 die Erklärung abzugeben, daß die Reichsregierung bereit sei, zur Linderung der Notlage der Arbeitnehmer, die im Saargebiet oder in Elsaß-Lothringen arbeiten und im deutschen Zollinland linksrheinisch wohnen, der Wiedergewährung einer Unterstützung vom 1. März 1928 ab auf die Dauer von 6 Monaten nach den Richtlinien des Reichsministeriums für die besetzten Gebiete vom 30. Juni 1926 zuzustimmen6.
Das Kabinett setzte sodann die Aussprache über Punkt 1 der Tagesordnung fort.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers stellte als Ergebnis der weiteren Aussprache fest, daß über die Frage der Ministerialzulage noch einmal mit dem Preußischen Ministerpräsidenten verhandelt werden solle mit dem Ziele, zu einer einheitlichen Regelung im Reich und in Preußen zu kommen. Bei diesen Verhandlungen soll von seiten des Reichs von einer Erhöhung der jetzigen Sätze um 50 v. H. ausgegangen werden.
[…]
[1353] Weiter stellte der Stellvertreter des Reichskanzlers als die Meinung des Kabinetts fest, daß eine Besprechung mit den Fraktionsführern stattfinden solle, um mit ihnen über die Absichten der Reichsregierung zur Frage der Ministerialzulage zu verhandeln7. Bei dieser Gelegenheit solle die Auffassung der Fraktionsführer darüber festgestellt werden, ob und inwieweit sie bereit sind, einem äußersten Mindestmaß von sachlich unaufschiebbaren Änderungen im Personalienetat zuzustimmen. Feste Vorschläge der Reichsregierung sollen erst dann gemacht werden, wenn feststeht, daß bei den Parteien grundsätzliche Bereitwilligkeit zur Annahme eines Minimum-Programms besteht. Falls die Fühlungnahme mit den Fraktionsführern in der Frage des Minimum-Programms negativ ausfallen sollte, soll es einer weiteren Kabinettsberatung über den Personalienetat nicht mehr bedürfen. Andernfalls erwartet das Kabinett, daß der Reichsminister der Finanzen im Zusammenwirken mit dem Reichssparkommissar mit größtmöglicher Beschleunigung Vorschläge für das von ihnen für notwendig gehaltene Mindestprogramm von Änderungen im Stellenplan ausarbeitet8.
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In der Kabinettssitzung vom 16.3.28, 18 Uhr (P. 2) teilte der Stellvertreter des RK mit, daß er zusammen mit dem RFM die Frage einer Erhöhung der Ministerialzulage bei den Besprechungen mit den Regierungsparteien über den Ergänzungshaushalt zur Erörterung gestellt habe. „Dabei habe sich herausgestellt, daß sämtliche Fraktionen – mit Ausnahme der Deutschnationalen, die eine entgegenkommendere Haltung gezeigt hätten – unbedingt auf dem Standpunkt der Beibehaltung der gegenwärtigen Höhe der Ministerialzulage beharren wollen. Unter diesen Umständen habe er und der Reichsminister der Finanzen sich davon überzeugt, daß es aussichtslos sei, im Ergänzungshaushalt eine Erhöhung der Ministerialzulage vorzusehen.“ (R 43 I/1429, Bl. 283).
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Über das Ergebnis dieser Besprechungen war in den Akten der Rkei nichts zu ermitteln. – Am 10.3.28 legte RFM Köhler dem RR den Entwurf einer Ergänzung zum Reichshaushaltsplan für 1928 vor, der neben den Ausgaben für das Arbeitsnotprogramm der RReg. (Landwirtschaftsprogramm, Sozialprogramm) auch die finanziellen Auswirkungen der neuen Besoldungsordnung vom 16.12.27 auf den Stellenplan der Reichsbehörden mit den dazu beantragten Änderungen enthielt (RR-Drucksachen 1928, Nr. 43). Dem RT wurde der Entwurf des Ergänzungshaushalts 1928 am 17.3.28 vorgelegt (RT-Bd. 422, Drucks. Nr. 4102).