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[570] 2. Förderung der Landesmeliorationen zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung.
Reichsminister Treviranus trug seine Pläne vor6. Zur Beschäftigung von zunächst 18 000 Arbeitslosen seien für Ausstattung und die ersten Maßnahmen 1–2 Millionen RM erforderlich. Die Wünsche nach Einführung eines Arbeitsdienstpflichtjahres7 könnten durch Heranziehung der Arbeitslosen vielleicht abgelenkt werden. Im Auslande, insbesondere in der Schweiz und wohl auch in Amerika bestände Interesse für diese Arbeiten und vielleicht Neigung zur Hergabe von Darlehen dafür. Er bitte um die Ermächtigung, die Durchführung seines Planes vorzubereiten.
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Zusammen mit der Vorlage über die Verlängerung des Vollstreckungsschutzes hatte Treviranus der Rkei den Vorschlag übermittelt, der Oststelle 6 Mio RM aus Mitteln der wertschaffenden Arbeitsfürsorge bereitzustellen, um Meliorationen im Osten durch den Einsatz von Krisenunterstützungsempfängern und Wohlfahrtserwerbslosen durchzuführen (R 43 I/1804, Bl. 333).
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Die WP hatte am 18.10.30 einen GesEntw. über die Einführung der Arbeitsdienstpflicht vorgelegt (RT-Bd. 448, Drucks. Nr. 144).
Der Reichsarbeitsminister erklärte, daß Geld aus der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge weder für diese Pläne noch für die umfassenden Vorschläge Preußens zur Inangriffnahme von Meliorationen vorhanden sei8. Die 400 Millionen der Krisenfürsorge, die im nächsten Etatsjahre zur Verfügung ständen, seien schon sehr stark vorbelastet. Gleichwohl könne der Versuch gemacht werden, Arbeitslose in der vorgeschlagenen Weise zur Pflichtarbeit heranzuziehen9. Gedacht sei an 16 Stunden in der Woche. Die Leute würden dabei in der Fürsorge bleiben.
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Der PrMinPräs. hatte dem RK am 24.10.30 den Abdruck eines Schreibens des PrLandwM Steiger vom 9. 10. nebst einen Verzeichnis der dringlichsten Meliorationsunternehmungen mit der Bitte übersandt, diese Vorschläge im Arbeitsbeschaffungsprogramm der RReg. zu berücksichtigen (Schreiben Brauns und Verzeichnis der Meliorationsvorhaben in R 43 I/2038, Bl. 261–268).
Steiger hatte in seinem Schreiben vom 9. 10. die verstärkte Ausbeutung des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens durch Meliorationen verlangt. Dadurch könnte der Verlust von jährlich 4 Mrd. RM, die für die Einfuhr ausländischer Lebensmittel ausgegeben würden, ausgeglichen oder doch erheblich eingeschränkt werden. Besonders wichtig sei die Förderung der Grünlandwirtschaft durch Entwässerungsarbeiten. Für die im Verzeichnis aufgeführten Meliorationen müßten in drei Jahren 403,8 Mio RM aufgewendet werden, davon 92 Mio RM für die Ostprovinzen, 311 Mio RM für die übrigen Landesteile. Bei 200 Arbeitstagen im Jahr könnten 787 000 Arbeiter bei den Meliorationen Beschäftigung finden; außerdem würden die für die Meliorationen in Betracht kommenden Industrien rd. 10 000 Arbeitskräfte einstellen können (Abschrift des Schreibens Steigers an alle PrM in R 43 I/2038, Bl. 270–272).
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In einer Stellungnahme zu Steigers Plan hatte das RArbMin. bezweifelt, daß die vorgesehenen Meliorationsarbeiten die Arbeitslosenzahl nachhalitg senken könnten, da die Arbeitsstellen auf dem Lande zu weit von den Zentren der Arbeitslosigkeit, den Großstädten, entfernt seien. Die Unterbringung der Notstandsarbeiter würde daher weitere Kosten verursachen. Eine übermäßige Produktion als Folge der Meliorationen würde einen Druck auf die landwirtschaftlichen Preise ausüben. Trotzdem würde es das RArbMin. im Interesse des Arbeitsmarktes begrüßen, wenn Mittel für das pr. Meliorationsprogramm bereitgestellt werden würden (Schreiben des MinDir. Weigert an MinR Feßler vom 25.10.30, R 43 I/2038, Bl. 280–282).
Auch der Reichsminister der Finanzen sprach sich für diesen Versuch aus. Die Aufbringung von Geld hierfür könne durch die zuständige Gesellschaft,[571] die Debokula10, erfolgen, deren Kapital auf 16 Millionen Mark erhöht worden sei, um sie kreditfähig zu machen11. Sie könne für die Darlehen ihre Forderungen an die Meliorations-Genossenschaften verpfänden.
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Die Deutsche Bodenkultur AG war am 27.7.23 unter Beteiligung des RArbMin. gegründet worden; die Debokula sollte landwirtschaftliche Meliorationen fördern und finanzieren (R 2/5828).
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Im Haushalt des REMin. für 1930 war das Darlehen in Höhe von 16 Mio RM, das die Debokula aus den Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge erhalten hatte, in Aktien der Gesellschaft umgewandelt worden, um ihr die Aufnahme von Krediten zu erleichtern. Das eigene Kapital der Debokula betrug 4 Mio RM (Reichshaushaltsplan für das Jahr 1930, X. REMin., Ord. Haushalt, Einmalige Ausgabe, Kap. E 4, Tit. 6a).
Von Reichs wegen könne ein verlorener Zuschuß von 30 Millionen RM in Frage gezogen werden. Weitere 70 Millionen RM müsse dann die Gesellschaft aufnehmen und abzahlen. Preußen könne dabei zur Zinsverbilligung um etwa 2% im Jahre beitragen. Mit diesen Mitteln könne eine gewaltige Arbeit in Gang gesetzt werden, von der erheblicher Nutzen zu erwarten sei. 50 000 Mann könnten beschäftigt werden. Das wäre immer noch billiger als die Arbeitslosenunterstützung. Das ganze Problem der Arbeitslosigkeit könne an diesem Punkte aufgerollt werden.
Auch komme in Frage, daß die Rentenbank-Kreditanstalt die Beschaffung der Mittel übernehme, für die eine Reichsgarantie zur Verfügung gestellt werden könnte.
Vizepräsident Dreyse hielt es auch für möglich, für Meliorationen Geld im Auslande zu beschaffen, nicht dagegen für Beschäftigung von Arbeitslosen. Die Beschaffung durch die Rentenbank-Kreditanstalt sei zweckmäßig. Die Debokula sei für die Aufnahme größerer Darlehen nicht kapitalkräftig genug. Mit einer sehr starken Nachfrage nach fremden Geldern für die verschiedensten Zwecke müsse im nächsten Jahre allerdings gerechnet werden; gleichwohl würden sich 70 Millionen für den Plan aufbringen lassen.
Nach eingehender Aussprache stellte der Reichskanzler fest, daß Reichsminister Treviranus ermächtigt wird, die Frage der Beschäftigung von Arbeitslosen für Meliorationen im Osten unter Anwendung der Pflichtarbeitsbestimmungen zu bearbeiten. Er wird dieserhalb mit dem Reichsarbeitsministerium, dem Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Reichsfinanzministerium und der Reichsbank in Verbindung treten und wird dem Kabinett unter Darstellung des Ergebnisses dieser Verhandlungen eine erschöpfende Vorlage machen12.
Das Reichsfinanzministerium wird die Anregungen Preußens wegen der Inangriffnahme umfassender Meliorationsarbeiten prüfen. Allerdings sei vorläufig keine Möglichkeit zu sehen, die erforderlichen Geldbeträge hierfür und für die ebenfalls beantragte Verlängerung des Schuljahres von seiten des Reiches aufzubringen.