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[318]7. Stellung des Reichs- und Staatskommissars Borowski in Ostpreußen4.
Das Kabinett beschließt auf Vorschlag des preußischen Herrn Ministerpräsidenten, daß Herr Borowski Reichs- und Staatskommissar in Ostpreußen bleibt. Über die nähere Umschreibung seiner künftigen Befugnisse soll er nach Fühlungnahme mit den wirtschaftlichen Verbänden Ostpreußens und dem Oberpräsidenten in Königsberg den Kabinetten Vorschläge machen5.
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Am 3.7.20 bat Borowski den RPräs., von seinen Vollmachten als Reichskommissar entbunden zu werden. In einem gleichzeitig vorgelegten Tätigkeitsbericht stellte Borowski zusammenfassend fest, der Zweck seiner Tätigkeit sei gewesen, nach dem Kapp-Putsch schnell, zuverlässig und umfassend festzustellen, wo ein disziplinarisches Eingreifen notwendig sei. Es sei ihm jedoch in der Mehrzahl der Fälle nicht gelungen, Beweismaterial den Disziplinarbehörden vorzulegen, daß diese zu einem Einschreiten bewogen hätte. Im wesentlichen habe er nur Personen benennen können, die sich verfassungswidrig verhalten hätten, ohne daß er weitere Entscheidungsbefugnisse gehabt habe. „Als ich meine Tätigkeit übernahm, wurde dies von der gesamten verfassungstreuen Bevölkerung als ein Zeichen begrüßt, daß die Regierung gewillt sei, mit rücksichtsloser Energie gegen die Verüber und Beteiligten des Staatsstreichs einzuschreiten, die hier in Ostpreußen ihre Sammelstätten gehabt hatten. In diesem Maße aber, in dem die Untätigkeit der Behörden in Hinsicht eines energischen Einschreitens offenbar wurde, ist das große Vertrauen der Bevölkerung zu der Regierung und den Behörden geschwunden und hat der Stimmung Platz gemacht, die vor dem 13. März d. Js. in Ostpreußen geherrscht hat“ (R 43 I/1848, Bl. 179-196). Borowskis Vollmachten als Reichs- und Staatskommissar erloschen am 21. bzw. 30.7.20 (R 43 I/1848, Bl. 218, 233).