Text
[Anlage]
Abschrift
Sehr verehrter Herr Reichsminister!
Bei meinem gestrigen Vortrag in Neudeck habe ich dem Herrn Reichspräsidenten in der Frage der Ostsiedelung den bisherigen Entwurf der Verordnung mit dem gesamten Material2 vorgelegt und ihm gleichzeitig auch die hier eingegangenen Einsprüche und Proteste vorgetragen3. Der Herr Reichspräsident, der auch persönlich in Neudeck eine Reihe von Einsprüchen gegen die Absichten der Reichsregierung auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Siedlung im Osten erhalten hat, hat nachdrücklich darauf hingewiesen, daß er der gegenwärtigen Fassung des Verordnungsentwurfes nicht zustimmen könne.
Der Herr Reichspräsident hält es zunächst für unmöglich, daß die Oststelle bzw. die Landstellen die nach ihrer Ansicht nicht mehr umschuldungsfähigen Grundstücke von sich aus, d.h. ohne Antrag der Gläubiger, der Zwangsversteigerung zuführen können. In Ostpreußen sei über diese Absichten, die eine Enteignung ohne jede Rechtsgarantie bedeuten, bereits eine starke Beunruhigung entstanden. Der Herr Reichspräsident hält hier eine anderweitige Regelung für notwendig,[2575] die diesen Bedenken Rechnung trägt und die auch eine Mitwirkung der berufsständischen Organe der Landwirtschaft vorsieht4.
Ferner hält der Herr Reichspräsident es für unumgänglich notwendig, daß die landwirtschaftliche Siedelung, die bisher bei vielen Behörden zersplittert ist, möglichst in einer Hand zusammengefaßt wird, und daß die Entscheidung über den Erwerb der Güter und ihre Zuführung zur Siedelung entweder beim Ostkommissar oder beim Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft liegt.
Eine Reihe von Einsprüchen, die die landwirtschaftliche Siedelung betreffen, füge ich im Auftrage des Herrn Reichspräsidenten mit der Bitte um Kenntnisnahme bei5.
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Das Material war der Abschrift nicht beigefügt.
Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung bin ich, Herr Reichsminister6.
Ihr
sehr ergebener
gez. Dr. Meissner.