2.107.1 (ma31p): 1. Wechsel in der Leitung der Presseabteilung.

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1. Wechsel in der Leitung der Presseabteilung.

Der Reichskanzler machte davon Mitteilung, daß der Leiter der Presseabteilung, Ministerialdirektor Kiep, den Wunsch geäußert habe, in den auswärtigen Dienst zurückzutreten und von seinen Dienstgeschäften als Leiter der Pressestelle entbunden zu werden. Es sei den Herren ja bekannt, daß seinerzeit Herr Kiep der dringenden Aufforderung des früheren Reichskanzlers Luther folgend, den Posten angenommen und schon wiederholt den Wunsch geäußert habe, wiederum im auswärtigen Dienst Verwendung zu finden. Der Reichskanzler stellte unter voller Zustimmung der Anwesenden fest, daß Ministerialdirektor Kiep in hervorragendster Weise sein Amt versehen habe, insbesondere gedachte der Kanzler der Mitarbeit des Herrn Kiep anläßlich der Londoner Konferenz1, wo er der deutschen Abordnung die größten Dienste geleistet habe. Wenn er als Kanzler nunmehr dem Wunsche des Herrn Kiep folgend sich entschlossen habe, dem Herrn Reichspräsidenten vorzuschlagen, Herrn Kiep zur Disposition zu stellen, so geschähe das lediglich im persönlichen Interesse des Herrn Kiep, sachliche oder persönliche Differenzen irgendwelcher Art beständen zwischen ihm und Herrn Kiep nicht. Im Gegenteil, die Zusammenarbeit sei stets eine vorzügliche gewesen.

1

Londoner Konferenz über die Ingangsetzung des Dawes-Plans im August 1924.

Anstelle des Herrn Kiep beabsichtige er den rangältesten Beamten der Presseabteilung und Vortragenden Legationsrat Zechlin dem Herrn Reichspräsidenten zur Ernennung zum Ministerialdirektor und Leiter der Presseabteilung vorzuschlagen. Herr Zechlin sei ein außerordentlich tüchtiger Beamter, der den Dienstbetrieb in der Presseabteilung genau kenne und beherrsche. Er habe insbesondere zur Inlandspresse sehr gute Verbindungen. Der Herr Reichspräsident habe durchblicken lassen, daß er die Ernennung gern vollziehen würde.

[301] Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß er über die Tätigkeit des Herrn Kiep das gleiche Urteil wie der Herr Reichskanzler habe. Der Posten eines Pressechefs sei neben dem Posten eines Personalreferenten im Auswärtigen Amt wohl der anstrengendste Beamtenposten in der Reichsregierung, und er könne sehr wohl, abgesehen von allen anderen Gründen, verstehen, daß Herr Kiep nach so langer erfolgreicher Tätigkeit in der Presseabteilung eine Veränderung wünsche. Er begrüße es sehr, daß der rangälteste Beamte Nachfolger werde, da dadurch der Beamtencharakter des Pressechefs am besten gewahrt werde. Auch glaube er, daß man ohne triftigen Grund nicht den rangältesten Beamten bei der Beförderung übergehen solle. Herrn Zechlin halte er für sehr geeignet, Nachfolger des Herrn Kiep zu werden.

Den Vorschlägen des Herrn Reichskanzlers stimmten sämtliche Anwesenden zu. Dabei wurde betont, daß die abwesenden Minister vorher ihre Zustimmung mitgeteilt hätten2.

2

Die „Tägliche Rundschau“ schrieb am 4.11.26 zur Ernennung Zechlins: „Der neue Pressechef gehört der sozialdemokratischen Partei an. Man wird aus seiner Ernennung aber wohl nicht schließen dürfen, wie es in einer Korrespondenz geschieht, daß der Reichskanzler die Große Koalition anstrebt. Dr. Zechlin wird sich wohl als Nachfolger des bisherigen Pressechefs mit dem Kurs der Regierungspolitik im Einklang halten, ohne Rücksicht darauf, ob die Große Koalition angestrebt wird oder nicht.“ Zur Tätigkeit Walter Zechlins als Leiter der Presseabteilung siehe sein Erinnerungsbuch „Pressechef unter Ebert, Hindenburg und Kopf“, Hannover 1956.

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