Text
1. Beamtenzulagen und Erwerbslosenfürsorge.
Der Reichskanzler knüpfte an die Beratung vom 4. Dezember 1926 über den gleichen Gegenstand1 an und bat zunächst um Mitteilung über die finanziellen Einwirkungen2 der von der Zentrumsfraktion dem Reichskabinett zur Beantwortung vorgelegten Fragen3.
Darauf erklärte Staatssekretär Popitz folgendes:
[415] Durch eine einmalige Weihnachtsbeihilfe für die Beamten usw., die sich im Rahmen des Beschlusses des Ministerrats vom 24. November 19264 halte, seien folgende Aufwendungen erforderlich:
für die Beamten, Angestellten, Pensionäre des Reichs | 16,76 | Millionen, | |
für die Kriegsbeschädigten | 23 | Millionen, | |
für die Post | 18,3 | Millionen, | |
für die Reichsbahn | 30 | Millionen, | |
für die Länder | 40 | Millionen, | |
für die Gemeinden | 35 | Millionen. |
a) Die Frage 1) der Zentrumsfraktion, die sich mit den Aufwendungen der Länder und Gemeinden befasse, sei mithin dahin zu beantworten, daß durch die Übernahme der Aufwendungen für Länder und Gemeinden dem Reich ein Kostenaufwand von 75 Millionen Reichsmark entstehen würde5. Er bemerkte, daß es für die Reichsfinanzen gänzlich unmöglich sei, diese Beträge zu übernehmen.
- 5
Der Bayer. MinPräs. Held, der Bad. FM Köhler, der Württ. IM Bolz, der Bayer. FM Krausneck und der Bad. JM Trunk hatten am 6.12.26 aus Stuttgart folgendes Telegramm an den RK gesandt: „Die unterzeichneten Länderminister halten Übernahme des Aufwandes der geplanten Weihnachtsbeihilfe für Beamte durch das Reich auch für die Landesbeamten angesichts der angespannten Finanzlage der Länder für unbedingt geboten. Legen zugleich Verwahrung ein, daß Reichsaktion begonnen ohne vorherige Verständigung mit den Ländern.“ (R 43 I/2568, Bl. 134).
b) Zu Frage 2) der Zentrumsfraktion: Unter der Voraussetzung, daß den Erwerbslosen als Weihnachtsbeihilfe eine einmalige Zuwendung in Höhe einer Wochenunterstützung gewährt werde, werde ein Kostenaufwand von 10,3 Millionen Reichsmark entstehen.
c) Zu Frage 3) der Zentrumsfraktion: Für die Invalidenrentner würden bei Billigung der Zentrumswünsche 27,73 Millionen Reichsmark aufzuwenden sein.
d) Zu Frage 4) der Zentrumsfraktion könne er Angaben nicht machen, da dem Reichsfinanzministerium Unterlagen über die Kleinrentner nicht zur Verfügung ständen. Die Fürsorge für die Kleinrentner sei Sache der Gemeinden. Eine Fürsorge des Reichs für diesen Personenkreis könne gar nicht in Frage kommen.
e) Zu Frage 5): Der Totalaufwand für die Weihnachtsbeihilfen beziffere sich auf rund 200 Millionen Reichsmark.
Staatssekretär Geib erklärte: Die Zahl der Kleinrentner betrage auf Grund des im Reichsarbeitsministerium vorliegenden Materials 380 000 Personen. Falls den Kleinrentnern aus Reichsmitteln eine Weihnachtsunterstützung gewährt werde, werde ein Kostenaufwand von 3,8 Millionen Reichsmark entstehen. Falls die Beihilfe jedoch auf ¼ der Monatsunterstützung ermäßigt werde, werde der Kostenaufwand 2,8 Millionen Reichsmark betragen.
Nach längerer Aussprache stimmte das Kabinett nochmals darüber ab, welche Vorschläge die Reichsregierung den Regierungsparteien bezüglich einer einmaligen Weihnachtsbeihilfe machen solle.
[416] Die Abstimmung ergab eine Bestätigung des Kabinettsbeschlusses vom 24. November 1926, der dahin geht, daß den Beamten der Besoldungsgruppen I bis IV ¼ des Monatsgehalts und den Beamten der Besoldungsgruppen V bis XIII 1/5 des Monatsgehalts gewährt werden soll. Der Mindestbetrag der Beihilfe soll 30 Reichsmark, der Höchstbetrag 60 Reichsmark betragen. Hierzu soll für die Ehefrau ein Betrag von 10 Reichsmark und für jedes Kind ein Betrag von 5 Reichsmark hinzutreten.
Sodann wurde weiter darüber abgestimmt, ob den Forderungen des Zentrums auf Übernahme der den Ländern und Gemeinden durch eine Weihnachtsbeihilfe entstehenden Kosten auf das Reich zugestimmt werde.
Die Forderung wurde abgelehnt.
Abgelehnt wurden ferner die weitergehenden Wünsche der Zentrumsfraktion auf Gewährung einer Reichsbeihilfe an die Erwerbslosen, an die Invalidenrentner und Kleinrentner.
Das Kabinett beschloß ferner, am 9. Dezember 1926 die Verhandlungen mit den Regierungsparteien in der Sache fortzusetzen. An der Besprechung sollen von seiten der Reichsregierung insbesondere der Reichskanzler und der Reichsfinanzminister teilnehmen6.