2.36.1 (bru1p): Bericht des Herrn Reichsbankpräsidenten über die Anleiheverhandlungen in Basel.

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Bericht des Herrn Reichsbankpräsidenten über die Anleiheverhandlungen in Basel.

Der Reichsbankpräsident führte aus, daß auf der soeben abgehaltenen Bankierkonferenz in Basel eine Reihe von Fragen noch nicht restlos geklärt worden sei, die zunächst eine neue Juristenkonferenz beschäftigen sollte, die in London stattfinden werde1. Eine erneute Bankierkonferenz werde wahrscheinlich nach der Juristenkonferenz stattfinden2.

1

Über die Juristenkonferenz war in den Akten der Rkei nichts zu ermitteln.

2

Die Bankierkonferenz fand Ende Mai/Anfang Juni statt: Schultheß 1930, S. 437.

Der Zinsfuß der auf 35 Jahre laufenden Mobilisierungsanleihe solle 5½% betragen. Die Tilgung der Anleihe solle nicht nur durch Auslosung, sondern auch durch Rückkauf stattfinden. Wie die Agioersparnisse verwendet werden würden, sei noch unsicher. Ein Kündigungsrecht solle nicht nur nach 10, sondern schon nach 5 Jahren bestehen. Diesen Punkt halte er für besonders wichtig. Noch nicht entschieden sei die Frage, ob Teilrückzahlungen nach 5 Jahren möglich seien3. Es sei fraglich, ob die Anleihe auf Gold lauten solle, oder auf die Währung des jeweiligen Landes4. Ohne erhebliche Bedeutung sei die Verjährungsfrage. Nach dem Wunsch der Gegenseite müßten wir unsere Zahlungen entsprechend dem Youngplan in Monatsraten der BIZ leisten, während der Zinsendienst halbjährlich stattfinde. Um nicht noch größere Schwierigkeiten zu verursachen, müßten nach seiner – des Reichsbankpräsidenten –[135] Auffassung die monatlichen Zahlungen zugestanden werden. Eine Spezialfrage gehe dahin, ob wir uns den Eskompt für die Vorauszahlungen geben lassen können. Die Entscheidung dieser Frage solle einer Verständigung zwischen dem Reichsfinanzministerium und der Reichsbank überlassen werden.

3

Die Emissionsbedingungen der ersten Young-Anleihe sahen die Möglichkeit einer Teilrückzahlung nach 5 Jahren vor (WTB Nr. 1155 vom 11.6.30 in R 43 I /672 , Bl. 96).

4

Die Stücke der Anleihe lauteten auf die Währung des jeweiligen Ausgabelandes (WTB Nr. 1155 vom 11.6.30 in R 43 I /672 , Bl. 96).

Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage der Sicherheit. Die ausländischen Bankiers behaupteten, daß auch für das deutsche Drittel der Anleihe die Sicherheiten des Youngplans gegeben werden müßten. Nach seiner, des Reichsbankpräsidenten, Auffassung sei diese Darlegung falsch. Im übrigen befürchte er im Falle der Annahme dieser These Konsequenzen wegen künftiger Reichsanleihen. Hauptsächlich aus diesem Grunde könne in dieser Frage von deutscher Seite nicht nachgegeben werden. Bei der Begebung dieses Teils der Anleihe müsse der Verwendungszweck deutlich angegeben werden, und zwar produktive Zwecke von Bahn und Post.

Wichtig sei die Frage der Besteuerung der Anleihe. Auf diesen Punkt müsse in London größtes Gewicht gelegt werden. Wenn die Gegenseite Steuerfreiheit zusichere, werde Deutschland ebenso verfahren müssen5. Die Höhe der deutschen Tranche werde 5–10 Millionen Dollar nach den bisherigen Besprechungen betragen. Er, der Reichsbankpräsident, wolle an einer These von 7½ Millionen Dollar festhalten.

5

Kapital und Zinsen der Anleihe blieben steuerfrei (WTB Nr. 1155 vom 11.6.30 in R 43 I /672 , Bl. 96).

Ungünstig sei die Kommissionsfrage. Bisher würden von allen Seiten 4% gefordert. In Basel habe er, der Reichsbankpräsident, von 2½% gesprochen.

Die wichtigsten noch offenen Fragen seien folgende:

a)

Die Frage einer besonderen Sicherheit für das deutsche Drittel der Mobilisierungsanleihe;

b)

die Bezeichnung der Anleihe;

c)

Art der Unterzeichnung des Generalbonds;

d)

Ort der Unterzeichnung;

e)

Höhe des Ertrages (yield).

Zu a) Frage einer besonderen Sicherheit für das deutsche Drittel der Mobilisierungsanleihe:

Hier handle es sich in erster Linie um eine Frage, die die Reichsregierung entscheiden müsse. Er hoffe, daß die Situation in dieser Frage nach den letzten Verhandlungen in Basel sich etwas besser gestaltet habe. Der Haupttreiber in der Frage einer besonderen Haftung sei Sir William Leese. In Basel sei der Reichsbankpräsident ausdrücklich nur durch Schweden unterstützt worden. Der Vertreter Schwedens habe ausgeführt, daß die Zwischenschaltung der BIZ die beste Sicherung darstelle. Es sei ganz ausgeschlossen, daß wir eine zusätzliche Haftung für das Verfahren der Bank übernähmen.

Zu b) Bezeichnung der Anleihe:

Für sehr zweckmäßig halte er die Bezeichnung „Deutsche äußere Anleihe“. Ein Gegner dieser Bezeichnung sei Frankreich, das die Anleihe lediglich als „Deutsche Anleihe“ bezeichnen wolle. Im übrigen seien zahlreiche Vorschläge[136] gemacht worden, u. a. „Internationale Mobilisierungsanleihe“, ferner „international reconstruction“, „settlement“, „consolidation“, „cooperation loan“. Hinzutrete in jedem Fall der Zusatz „of the German Reich“. Er halte die letzten beiden Bezeichnungen für die besten.

Zu c) Art der Unterzeichnung des Generalbonds:

Die Unterzeichnung des Generalbonds müsse nach seiner Ansicht durch den Reichsminister der Finanzen erfolgen. Eine Bevollmächtigung irgendeines Vertreters für die Unterzeichnung könne nicht in Frage kommen.

Zu d) Ort der Unterzeichnung:

Hauptsächlich auf Wunsch der Amerikaner solle die Schlußkonferenz nicht in Basel stattfinden. Wie er gehört habe, spiele hier vor allem der technische Grund eine Rolle, daß in Basel nicht genügend direkte Kabel mit New York zur Verfügung ständen. Aus diesem Grunde wünschten die Amerikaner in erster Linie Paris als Ort für die Schlußkonferenz; auch London und Brüssel seien genannt worden. Dieser Wunsch finde bei den Franzosen naturgemäß lebhafte Unterstützung. Nach seiner Ansicht komme außer Basel vor allem Berlin als Ort der Schlußkonferenz in Frage.

Zu e) Höhe des Ertrages (yield):

Der Ertrag werde wohl zwischen 6 und 6½% liegen. Reichsbank und Reichsfinanzministerium müßten wegen dieses Punktes enge Fühlung halten.

Der Reichsminister der Finanzen nahm zu den von dem Reichsbankpräsidenten dargelegten 5 Punkten Stellung und äußerte sich im wesentlichen zustimmend zu den Darlegungen des Reichsbankpräsidenten. Er führte im einzelnen folgendes aus:

Zu a) Frage einer besonderen Sicherheit für das deutsche Drittel der Mobilisierungsanleihe:

Eine besondere Sicherheit müsse abgelehnt werden. Man merke an dem Verlangen der Gegenseite die Absicht, den deutschen Teil der Anleihe zu diskriminieren.

Zu b) Bezeichnung der Anleihe:

Am besten sei wohl die Bezeichnung „International cooperation loan of the German Reich“6. Dieser Punkt sei jedoch keine Frage, an der das Ganze scheitern dürfe. Eventuell müsse das Kabinett hier die letzte Entscheidung haben.

6

Die Anleihe trug die offizielle Bezeichnung „Internationale 5½prozentige Anleihe des Deutschen Reiches 1930“ (WTB Nr. 1155 vom 11.6.30 in R 43 I /672 , Bl. 96).

Zu c) Art der Unterzeichnung des Generalbonds:

Auch er halte eine Unterzeichnung durch den Reichsminister der Finanzen für geboten. Eine Bevollmächtigung dürfe nicht in Frage kommen.

[137] Zu d) Ort der Unterzeichnung:

Als Ort der Unterzeichnung komme in erster Linie Berlin in Frage, eventuell Basel7.

7

Der RFM unterzeichnete die Anleihe in Berlin (Telegramm Dorns Nr. 289 vom 21.5.30 in R 43 I /672 , Bl. 44).

Zu e) Höhe des Ertrages (yield):

Der Ertrag werde wohl zwischen 6 und 6½% liegen. Man werde wahrscheinlich auf einen Kurs von 6¼% übereinkommen8.

8

Der Emissionskurs betrug 90 bei einer Nominalverzinsung von 5½% (Schultheß 1930, S. 437).

Der Reichskanzler und der Reichsminister des Auswärtigen stimmten den Darlegungen des Reichsministers der Finanzen zu.

Ministerialdirigent Dr. Norden wies darauf hin, daß, wenn eine Einigung über den Ertrag (yield) in Höhe von 6¼% stattfinden sollte, der Ertrag in Wirklichkeit etwas höher sein werde, weil die amerikanische Berechnungsart zugrunde gelegt werde. Er führte ferner aus, daß der Emissionsstempel von Deutschland nicht getragen werden könne9.

9

Über den Verlauf der Anleiheverhandlungen befinden sich zahlreiche Telegramme in R 43 I /672 . Vgl. auch Dok. Nr. 39, P. 1.

Die Sitzung wurde hierauf geschlossen.

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