2.86.5 (sch1p): 5. [Auslieferung Bethmann Hollwegs]

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[357]5. [Auslieferung Bethmann Hollwegs]

Zur Frage der Auslieferung des Kaisers ist ein Telegramm des früheren Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg eingelaufen. Der Ministerpräsident wird sich unter Zuziehung des Reichsjustizministeriums und des Auswärtigen Amts hierüber mit Herrn v. Bethmann mündlich in Verbindung setzen7.

7

Bethmann Hollweg hatte am 20.5.1919 ein Telegramm an den RAM gesandt, in dem es hieß: „In Art. 227 der Friedensbedingungen stellen die all. und ass. Mächte Seine Majestät Kaiser Wilhelm II von Hohenzollern wegen angeblich schwerster Verletzung des internationalen Sittengesetzes und der geheiligten Macht der Verträge unter öffentliche Anklage. Für die politischen Handlungen des Kaisers trage ich für die Dauer meiner Amtszeit als Kanzler die im dt. Staatsrecht geregelte Verantwortung. Ich stelle hiermit anheim, daß die all. und ass. Mächte mich vor ihre Gerichte stellen, liefere mich hierdurch aus und bitte dieselben, mir Ort und Tag zu bezeichnen, wo ich mich ihnen zur Verfügung stellen kann. Euer Exzellenz habe ich die Ehre zu bitten, von diesem meinem Ersuchen den all. und ass. Mächten alsbald Kenntnis geben zu wollen. gez. Bethmann Hollweg.“ (PA, Dt. Friedensdelegation in Versailles, Pol 7 a). Nach der Sitzung des RKab. antwortete darauf der RMinPräs. am 20.5.1919, dem Ersuchen könne die RReg. nicht entsprechen. „Die RReg. wird es in der Erwiderung auf die von der Entente vorgelegten Friedensbedingungen grundsätzlich ablehnen, einen Deutschen einem von den feindlichen Mächten eingesetzten Gerichtshof zu überliefern. Abgesehen davon, daß die Forderung der Auslieferung dt. Staatsangehöriger an die All. in den Abmachungen, welche die unverrückbare Rechtgrundlage der Friedensverhandlungen bilden, und denen die 14 Punkte Wilsons und seiner nachfolgenden Erklärungen zugrunde liegen, keine Stütze findet, widerspricht sie anerkannten Rechtsgrundsätzen. Danach ist es unzulässig, daß die feindlichen Mächte, wie die Gegner verlangen, Richter in eigener Sache seien. Ebenso ist es unvereinbar mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen, über eine strafrechtliche Schuld durch einen erst für den Einzelfall nachträglich geschaffenen Sondergerichtshof urteilen zu lassen. Ferner darf nach ausdrücklicher Vorschrift des Dt. StGB (§ 9), das insoweit mit allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen in Einklang steht, ein Deutscher einer ausländischen Reg. niemals zur Verfolgung oder Bestrafung überliefert werden. Schließlich ist es mit den Grundsätzen des materiellen Strafrechts nicht verträglich, eine Person wegen solcher Handlungen zur Anklage zu stellen, die zur Zeit ihrer Begehung mit Strafe nicht bedroht waren. Das Verlangen Eurer Exzellenz, der Entente Ihre Bereitwilligkeit zu übermitteln, vor dem ausländischen Gerichtshof zu erscheinen, ist mit der vorerwähnten, von dem Kabinett beschlossenen Politik nicht vereinbar. […] Die amtliche Weitergabe Ihres Verlangens an die Entente würde dahin gedeutet werden, daß die RReg. mindestens stillschweigend Ihrer Aburteilung durch einen feindlichen Gerichtshof zustimme. Damit würde der Widerspruch der RReg. gegen die Aburteilung Deutscher durch einen ausländischen Gerichtshof überhaupt in Frage gestellt werden. Eure Exzellenz ersuche ich unter diesen Umständen ergebenst, auf dem von Ihnen ausgesprochenen Wunsche nicht bestehen zu wollen.“ (Abschrift in: PA, Dt. Friedensdelegation in Versailles, Pol 7 a).

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