Text
1. [Eisenbahnfrage]
Reichsminister Erzberger teilt mit, daß die Verhandlungen mit der neuen preußischen Regierung über die Übernahme der Eisenbahnen auf das Reich zu günstigem Erfolge geführt haben; voraussichtlich würden nunmehr die Verhandlungen im Staatenausschuß in Weimar bald zu einem Ergebnis führen1.
Fußnoten
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Zur Haltung der Staatenvertreter zur Eisenbahnfrage schrieb der bayer. Gesandte v. Preger in einem Schreiben an das bayer. StMin. des Äußeren am 1.5.1919: „Der Beratung des 6. Abschnittes der Reichsverfassung (Verkehrswesen) im Verfassungsausschuß ging am Vormittag des 29. 4. eine Vorbesprechung der Staaten über die von der RReg. betriebene Änderung des Verfassungsentwurfs voraus, wonach die Übernahme der Staatseisenbahnen in Reichsbesitz in kürzester Frist erfolgen und bei Weigerung eines Staates, seine Eisenbahnen abzutreten, Zwangsenteignung eintreten soll. Der frühere preußische Eisenbahnminister Hoff war gegen die sofortige Übergabe der preußischen Eisenbahnen an das Reich. Infolgedessen mußte er fallen. Sein Nachfolger […] Oeser hat offenbar bei seiner Amtsübernahme der RReg. gegenüber die bindende Verpflichtung eingegangen, der Verreichlichung der preußischen Bahn nicht zu widerstreben. Bei dieser Sachlage gab auch Sachsen seine Bedenken gegen die Verreichlichung seines Eisenbahnbesitzes auf; Württemberg war von jeher gewillt, seine Eisenbahnen an das Reich abzutreten; von Baden und Oldenburg war ein ernstlicher Widerstand nie zu erwarten; Deutsch-Österreich war gleichfalls aus naheliegenden Gründen bereit, seine Eisenbahndefizitwirtschaft dem Reich zu überlassen. So konnte schon in der Vorbesprechung Minister Oeser feststellen, daß mit Ausnahme Bayerns alle Staaten mit Eisenbahnbesitz zur sofortigen Verreichlichung unter der Voraussetzung bereit seien, daß sich die Verreichlichung auf sämtliche deutschen Staatsbahnen erstrecke. Es war klar, daß unter diesen Umständen die Lage der bayerischen Vertreter […] keine leichte und beneidenswerte war. […]“ (GehStA München, MA 103245).