Text
Anlage 1
Antrag des Ausschusses.
Der Reichsrat wolle folgende Entschließung fassen:
1. Durch die Regelung, die am 29. und 30. Oktober 1932 im Verhältnis zwischen Reich und Preußen getroffen wurde6, ist über die am 20. Juli 1932 angeordneten Maßnahmen hinaus eine weitgehende Verbindung zwischen der Reichsgewalt und der preußischen Staatsgewalt hergestellt worden, durch die nicht nur das Verhältnis zwischen dem Reich und Preußen, sondern auch das Verhältnis des Reiches zu allen Ländern und das Verhältnis der Länder untereinander entscheidend betroffen wird. Der Reichsrat ist der Auffassung, daß die getroffene Regelung den verfassungsmäßig gewährleisteten föderativen Aufbau des Reiches gefährdet. Er nimmt von den Erklärungen der Reichsregierung Kenntnis, daß es sich nur um ein Provisorium handelt, das sein Ende mit der ordnungsgemäßen Bildung einer neuen Regierung in Preußen finden soll.
2. Durch die getroffene Neuordnung ist für die Dauer ihres Bestandes eine grundlegende Verschiebung des Kräfteverhältnisses eingetreten, wie es durch die bundesstaatliche Grundlage des Reichs verfassungsmäßig festgelegt ist. Die obersten Reichsorgane haben wiederholt die Zusage gegeben, daß an dem[918] grundsätzlichen Verhältnis zwischen Reich und Ländern nichts geändert werden soll. Der Reichsrat erwartet, daß die Reichsregierung in Erfüllung dieser Zusage alle Vorkehrungen trifft, die zur Behebung der eingetretenen Gleichgewichtsveränderung notwendig sind.
3. Bei der großen Bedeutung einer Reichsreform für das Schicksal von Volk und Reich stellt der Reichsrat an die Reichsregierung das dringende Ersuchen, unter Vermeidung überstürzter Maßnahmen und einer übereilten Behandlung die deutschen Länder bei der Gestaltung der Entwürfe noch vor ihrer Verabschiedung im Reichskabinett und vor einer öffentlichen Bekanntgabe maßgebend zu beteiligen.