1.169 (bru3p): Nr. 683 Der Reichskommissar für Preisüberwachung an den Reichskanzler. 24. Februar 1932

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Nr. 683
Der Reichskommissar für Preisüberwachung an den Reichskanzler. 24. Februar 1932

R 43 I /1163 , Bl. 128–129

[Betrifft: Beendigung der Tätigkeit als Reichskommissar für Preisüberwachung]

Am 10. Dezember 1931 habe ich das Amt des Reichskommissars für Preisüberwachung angetreten1. Ein wesentlicher Teil meiner Tätigkeit ist nunmehr zum Abschluß gebracht. Diejenigen Maßnahmen, mit denen eine schnelle Durchprüfung der gesamten Preisgestaltung auf ihre Wahrheit und eine beschleunigte Auswirkung der Ergebnisse dieser Prüfung zum Nutzen der Verbraucher möglich war, ist durchgeführt.

Die Beeinflussung der Preise für Gas, Elektrizität und Wasser sowie für die Benutzung öffentlicher Anstalten, die von der Öffentlichkeit und in zahlreichen Anträgen an mich aus allen Kreisen der Bevölkerung und der Wirtschaft immer wieder dringend gewünscht wurde, läßt sich nur im Zusammenhang mit den aus der Arbeitslosigkeit sich ergebenden Problemen lösen, weil die Entgelte für diese Leistungen in untrennbarem Zusammenhang stehen mit den Lasten, die der öffentlichen Verwaltung, insbesondere der Gemeinden, durch die Arbeitslosenunterstützung auferlegt werden.

Für die Behandlung der gebundenen Preise hat die Notverordnung einen bestimmten Weg festgelegt2. Die Notverordnung auf diesem Gebiete ist durchgeführt. Ihre weitere Anwendung ist durch entsprechende Verordnung bei den zuständigen Ministerien sichergestellt. Ich halte mich für verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß auf diesem Gebiet weitere Maßnahmen notwendig sind, um im Rahmen einer allgemeinen Auflockerung starrer Bindungen die gesamte Wirtschaft zu beleben. Dieser Gesichtspunkt muß aber im Augenblick zurückstehen hinter der Notwendigkeit, zunächst einmal in der Gesamtwirtschaft eine Beruhigung eintreten zu lassen.

[2323] Eine unbegrenzte Fortsetzung meiner Tätigkeit auf allen Gebieten würde die jetzt schon bestehende Unsicherheit über die zukünftige Preisbildung weiter vergrößern und damit zu Zurückhaltungen von Käufen, Verträgen und Bestellungen führen, die für den ganzen Produktionsapparat (Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Kasse) in gleicher Weise verderblich sein können. Ich bin der Ansicht, daß mit der seit dem Inkrafttreten der Notverordnung erreichten Indexsenkung3, die im übrigen noch im Fluß ist, die Preisbewegung auf einem gewissen Beharrungszustand angelangt sein dürfte, soweit nicht die von behördlichen Maßnahmen unbeeinflußte wirtschaftliche Entwicklung eine weitere Preissenkung automatisch herbeiführt. Auf jeden Fall aber ist dieser Zustand jetzt so stabil, daß wirtschaftliche Dispositionen für einen gewissen Zeitraum getroffen werden können.

Um die Ergebnisse der bisherigen Preisüberwachung zum Nutzen des Verbrauchers sicherzustellen, habe ich auf den Gebieten, wo es sich um täglich notwendigen Umsatz handelt, also bei Nahrungs- und Genußmitteln und gewissen Leistungen die Überwachung der Preisspannen den obersten Landesbehörden übertragen, die ihrerseits zweckmäßig die Befugnisse weiter an die normal zuständigen Verwaltungsstellen abgeben müssen4. In meiner Hand würde nunmehr nur noch die Abwicklung noch laufender Angelegenheiten, insbesondere auch die Überwachung der Tarife verbleiben. Die Arbeitsmethode für die Abwicklung wäre so einzurichten, daß die Dispositionsmöglichkeiten für die Wirtschaft nicht beeinträchtigt würden.

C. Goerdeler

Fußnoten

1

Vgl. Dok. Nr. 583, Anm. 18. Vgl. auch Dok. Nr. 682, P. 4.

2

Senkung der gebundenen Preise um 10% gegenüber dem Stand vom 30.6.31: Vierte Vo. des RPräs. zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8.12.31, Erster Teil, Kapitel I § 1 Abs. 1 (RGBl. I, S. 699 , hier S. 700).

3

Nach Goerdelers Aussage in seiner Rundfunkrede vom 29.2.32 war der Index um 7–9% gesunken (WTB Meldung vom 1.3.32, R 43 I /1163 , Bl. 140–141, hier Bl. 141).

4

Vgl. Dok. Nr. 684, Anm. 4.

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