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4. Verwaltungsreform.
Der Reichsminister der Finanzen führte aus, daß er eine Verwaltungsreform dringend für erforderlich halte. Eine vorsichtige Andeutung in dieser Richtung habe er auch in seiner heutigen (21. X.) Reichstagsrede gemacht8. Er halte es für zweckmäßig, wenn eine aus dem Reichsminister des Innern, dem Reichsarbeitsminister, dem Reichssparkommissar, dem Reichswirtschaftsminister und dem Reichsminister der Finanzen bestehende Kommission Vorschläge darüber ausarbeite, wie Sparmaßnahmen insbesondere auch auf den Gebieten möglich seien, auf denen sich die Zuständigkeit des Reichs und der Länder begegne. Eine Mitwirkung der Länder bei dieser Arbeit sei natürlich sehr erwünscht, werde aber vielleicht auf gewisse Schwierigkeiten stoßen.
Der Reichspostminister äußerte schwere Bedenken dagegen, daß auch der Reichsarbeitsminister und der Reichswirtschaftsminister dieser Kommission angehören sollten. Streng genommen seien diese Herren nicht zuständig. Im übrigen sei es auch äußerst bedenklich, die Arbeiten dieser Kommission auf Gebiete zu erstrecken, welche zur Zuständigkeit der Länder gehörten.
Der Reichsminister des Innern führte aus, daß in einer eventuellen Verlautbarung über die Einsetzung und die Arbeiten der Kommission vielleicht an die kürzlich mit den Ministerpräsidenten der Länder abgehaltene Sitzung9 angeknüpft werden könne. In diesem Zusammenhange schlage er für die nächste Sitzung mit den Ministerpräsidenten der Länder folgende präzise Fragestellung vor:
„Ist im Interesse von Ersparnissen in der öffentlichen Verwaltung eine Änderung oder Ergänzung der Reichsverfassung nötig? Wenn ja, auf welche Weise?“
Auch der Reichsverkehrsminister äußerte schwere Bedenken dagegen, daß der Reichsarbeits- und der Reichswirtschaftsminister der genannten Kommission angehören sollten.
Der Reichssparkommissar führte aus, daß die Hauptaufgabe dieser Kommission Materialbeschaffung sei. Im übrigen dürften die Dinge zunächst nur intern in Angriff genommen werden. Ein Hervortreten nach außen sei erst möglich, wenn man sicher wisse, was man wolle.
[1011] Der Reichsminister des Innern erklärte, seinen vorhin gemachten Vorschlag bezüglich einer präzisen Fragestellung für die nächste Besprechung mit den Ministerpräsidenten der Länder im Zusammenhange mit der jetzt erörterten Frage nicht aufrecht erhalten zu wollen.
Das Reichskabinett beschloß die Einsetzung einer besonderen Kommission für Vorarbeiten zwecks Erzielung von Ersparnismaßnahmen auf dem Gebiete der öffentlichen Verwaltung. Die Kommission soll aus dem Reichsminister des Innern, dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichssparkommissar bestehen. Bei Prüfung anderer Reichsressorts sollen die betreffenden Ressortminister beteiligt werden, irgend ein Eingreifen in die Kompetenzen der anderen Reichsminister soll vermieden werden. Eine spätere Durchprüfung der Möglichkeiten, wie in den Ländern Ersparnismaßnahmen zu erzielen sind, wurde als zweckmäßig bezeichnet. Jedenfalls müsse ein derartiger Versuch gemacht werden. Von der Vorbereitung irgendwelcher gesetzlicher Maßnahmen ist zunächst Abstand zu nehmen.
Fußnoten
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Bei der Begründung des Besoldungsgesetzentwurfs hatte RFM Köhler im RT ausgeführt: Die RReg. sei sich vollständig klar darüber, daß „eine planmäßige Vereinfachung der Verwaltung des Reichs und auch auf den Gebieten durchzuführen ist, auf denen sich das Reich mit den Ländern und ihrer Selbstverwaltung begegnet. Im Zusammenarbeiten mit dem Herrn Reichssparkommissar hat das Reichskabinett diese Arbeit aufgenommen. Sie hofft dadurch zu der Vereinfachung der öffentlichen Verwaltung zu kommen, die als eine tragfähige Grundlage für die Gesamtbelastung der deutschen Volkswirtschaft anerkannt werden kann.“ (RT-Bd. 394, S. 11622).