2.237 (bru1p): Nr. 237 Der Reichswirtschaftsminister an Staatssekretär Pünder. 5. Februar 1931

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[847] Nr. 237
Der Reichswirtschaftsminister an Staatssekretär Pünder. 5. Februar 1931

R 43 I /2546 , Bl. 162–165

Betr[ifft]: Maßnahmen auf dem Gebiet der Agrarpolitik

Die Ergebnisse der Verhandlungen des Herrn Reichskanzlers mit den Vertretern der Grünen Front, die ich Ihrem Schreiben an den Herrn Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft entnehme1, veranlassen mich, zu den Forderungen der Land- und Forstwirtschaft auf dem Gebiet der Zoll- und Handelspolitik und der inneren Wirtschaftspolitik schon jetzt grundsätzlich Stellung zu nehmen.

Aus den Kreisen von Industrie und Handel sind in den letzten Wochen immer wieder ernste Bedenken gegen die Erhöhung der Zölle für landwirtschaftliche Veredelungsprodukte und für Holz geltend gemacht worden2. Man befürchtet auf Grund der Erfahrungen bei den Verhandlungen mit Finnland eine verschärfte Bewegung der durch die Zollerhöhungen in ihren Ausfuhrinteressen beeinträchtigten Länder gegen die Einfuhr aus Deutschland und damit eine weitere Erschwerung des deutschen Exports3, der sich ohnehin nur mühsam gegenüber der wachsenden Konkurrenz auf dem Weltmarkt behaupten kann. Diese Bedenken sind dem Herrn Reichskanzler von führenden Persönlichkeiten der deutschen Industrie vor einiger Zeit mündlich und neuerdings noch einmal in dem Schreiben des Reichsverbands der Deutschen Industrie vom 28. Januar ds. Js.4 mit eingehender Begründung dargelegt worden. Ich teile diese Sorgen in vollem Umfang. Schon die in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen erörterten Wünsche der deutschen Landwirtschaft haben im Auslande eine ernste Beunruhigung hervorgerufen. Eine Reihe von Staaten hat bereits förmliche Einwendungen gegen die geplanten Zollerhöhungen erhoben5. Der handelspolitische Zusammenschluß der nordwest-europäischen Staaten –[848] Schweden, Dänemark, Norwegen, Niederlande und Belgien6 – ist ein Mahnzeichen, das ernste Beachtung verdient. Es ist damit zu rechnen, daß ein zollpolitischer Konflikt Deutschlands mit einem dieser Staaten den nordeuropäischen Block zu einem gemeinsamen Vorgehen veranlassen wird. Da diese Staaten fast ein Viertel unserer Ausfuhr aufnehmen, müssen Gegenmaßnahmen von ihrer Seite die schwerste Schädigung unserer Industriewirtschaft zur Folge haben. Dazu kommt, daß die gleichzeitigen Wünsche des Gartenbaues nach einer Lösung der handelsvertraglichen Bindungen für Obst und Gemüse und nach der Einführung eines Südfruchtmonopols7 unsere Beziehungen zu den südeuropäischen Staaten gefährdet, während eine Erhöhung der Holzzölle fast alle Staaten Ost- und Nordosteuropas trifft und von diesen schwerlich einfach hingenommen werden wird.

Die Befürchtungen des Auslandes und seine Neigung zu weitgehenden Abwehrmaßnahmen werden durch die grundsätzliche Forderung der Landwirtschaft nach Preisgabe des Meistbegünstigungsprinzips verstärkt8. Es wird kaum zu verhindern sein, daß man außerhalb Deutschlands den Versuchen, auf den verschiedensten Gebieten die bestehenden Bindungen zu lösen oder zu umgehen, eine grundsätzliche Bedeutung beimißt. Angesichts der schweren Depression der deutschen Wirtschaft kann ich dieser Entwicklung unserer Handelspolitik nur mit größter Sorge entgegensehen.

Wenn daran gedacht wird, neben den Maßnahmen zur Beschränkung der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte das Einfuhrscheinsystem wieder neu zu beleben und über seinen früheren Wirkungsbereich hinaus noch auf Holz auszudehnen, so darf ich demgegenüber auf den starken Widerstand verweisen, den die Einfuhrscheine schon bisher bei zahlreichen Ländern, insbesondere Großbritannien, Frankreich, Belgien, Österreich und den nordischen Staaten gefunden haben. Es erscheint mir unmöglich, auf die Dauer und mit Aussicht auf Erfolg eine Wirtschaftspolitik zu führen, die einerseits die Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte mit allen Mitteln zu beschränken sucht und andererseits die Ausfuhr dieser Produkte mit staatlicher Hilfe künstlich fördert. Was insbesondere die Ausdehnung der Einfuhrscheine auf Holz betrifft, so muß ich bei aller Würdigung der besonderen Notlage der badischen Waldwirtschaft darauf aufmerksam machen, daß die Möglichkeit einer unerwünschten Rückwirkung auf die Holzeinfuhr nach den ostdeutschen Gebieten nicht von der Hand zu weisen ist, und daß neben den von einer Holzausfuhrsteigerung aus Baden unmittelbar betroffenen Ländern Schweiz und Frankreich auch die Tschechoslowakei und Österreich gegen die Verringerung ihrer Holzausfuhr nach den genannten Ländern Widerspruch erheben werden.

Im einzelnen darf ich gegenüber den Zollwünschen der Landwirtschaft auf folgendes hinweisen:

Bei Vieh und Fleisch war im vergangenen Jahr die bereits seit 1928 erkennbare rückläufige Tendenz der Einfuhr weiter wirksam. Im Jahre 1930 ist[849] gegenüber 1929 mengenmäßig die Einfuhr von Rindern um 30%, die von Fleisch und Speck um 20% und von tierischen Fetten um 17% zurückgegangen. Bei Schweinen wurde die Einfuhrsteigerung durch die Erhöhung der Ausfuhr mehr als ausgeglichen, so daß erstmals ein Ausfuhrüberschuß erzielt wurde. Der Anteil der Einfuhr am inländischen Fleischverbrauch, der für 1929 bei Schweinefleisch auf annähernd 7%, bei Rindfleisch auf etwa 15% berechnet wurde, dürfte danach für 1930 auch bei Berücksichtigung des Konsumrückgangs nicht unwesentlich geringer sein. Auch bei Butter ist 1930 mengenmäßig erstmals ein gewisser Rückgang der Einfuhr eingetreten (wertmäßig erreicht er fast 20%), obwohl die Zollerhöhung auf 50 RM erst vom November v. J. ab wirksam wurde.

Angesichts dieser Einfuhrentwicklung des letzten Jahres wird man von den betroffenen Staaten schwerlich ein Verständnis für eine weitere Beschränkung ihrer Ausfuhr infolge der erhöhten Zölle erwarten dürfen. An der Vieheinfuhr sind in erster Linie Dänemark und Litauen, an der Fleisch- und Fetteinfuhr Argentinien, Dänemark und die Niederlande beteiligt. Eine Erschwerung der Buttereinfuhr würde Dänemark, die Niederlande, Schweden, Estland und Lettland besonders treffen. Die Erhöhung der Butterzölle, auch wenn sie sich in bescheidenem Rahmen hält, ruft überdies wegen des Butter- und Käsekontingents im deutsch-finnischen Handelsvertrag den alten Streit um die Ansprüche der meistbegünstigten Staaten aus Kontingentsabreden wieder wach. Auf die mehrfach erörterten Schwierigkeiten einer Zollerhöhung für Käse angesichts der Zollbindungen gegenüber der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark und Italien und der Kontingente für Finnland darf ich in diesem Zusammenhang noch einmal hinweisen.

Ähnliche Schwierigkeiten erwarte ich von einer Erhöhung der Schnittholzzölle. Ob es ohne übermäßige Opfer möglich sein wird, die Bindung gegenüber Schweden und Österreich, von denen die letzte erst in diesen Tagen in Kraft getreten ist, zu lösen, ist mir sehr zweifelhaft. Jedenfalls bedeutet die Erhöhung des Rund- und Schnittholzzolles eine Erschwerung unserer Beziehungen zu einer Reihe weiterer Staaten, von denen ich außer Schweden und Österreich nur die Tschechoslowakei, Finnland, Rußland, Litauen und Lettland erwähne.

Die in Aussicht genommene Lösung der Zollbindungen für Gemüse und Obst im deutsch-italienischen Handelsvertrag würde für die deutsche Landwirtschaft wirkungslos sein. Denn die Zollpositionen für Gemüse sind außer gegenüber Italien fast durchweg auch gegenüber Frankreich, Holland und Belgien, die Positionen für Obst auch gegenüber Frankreich, Belgien, Schweiz und teilweise Jugoslawien gebunden. Die Lösung aller dieser Bindungen und auch die Weiterverfolgung der Pläne zur Einführung eines Südfruchtmonopols würden bei der Bedeutung der Ausfuhr von Obst und Gemüse für diese Länder (z. B. 12 v.H. der italienischen Ausfuhr nach Deutschland und 30 v.H. der spanischen Ausfuhr entfallen allein auf Südfrüchte) mit Sicherheit zu einer Aufhebung der Handelsverträge mit Italien und Spanien und mindestens zu einer Gefährdung der Verträge mit Frankreich und Holland führen. Daß eine derartige[850] schwere Erschütterung unseres gesamten Handelsvertragssystems angesichts der günstigen Entwicklung unserer Ausfuhr nach diesen Ländern um der Gemüse- und Obstzölle willen nicht verantwortet werden kann, brauche ich wohl nicht besonders zu begründen.

Die gegenwärtig zur Erörterung stehenden Maßnahmen begegnen aber auch schweren innerwirtschaftlichen Bedenken. Eine Erhöhung der Rund- und Schnittholzzölle muß eine erhebliche Verteuerung des Bauholzes zur Folge haben. Sie ist daher unvereinbar mit den Bemühungen um eine Preissenkung, die gerade auf dem Gebiet der Baustoffe beachtliche Erfolge verzeichnen konnte. Für die nächsten Monate, in denen dem Baumarkt eine besondere Bedeutung für die Wiederbelebung der Konjunktur zukommen kann, erscheint mir eine solche Preissteigerung besonders bedenklich. Auch für die holzverarbeitende Industrie müßte sich die Zollerhöhung sehr nachteilig auswirken. Das Holzgewerbe gehört zu den von der Wirtschaftskrise am schwersten betroffenen Gruppen. 60 v.H. der Holzarbeiter sind ganz oder teilweise arbeitslos. Im Interesse dieses Gewerbezweiges müßte eine volle Anpassung der Holzwarenzölle an die Rund- und Schnittholzzölle gefordert werden. Die Erhöhung der Holzwarenzölle würde der allgemeinen Bewegung nach Heraufsetzung der industriellen Zölle neuen Auftrieb geben. Mit einer Erhöhung des industriellen Zollniveaus würde aber die Preissenkung in Frage gestellt werden, die gerade auch im Interesse der Landwirtschaft als Verbraucherin industrieller Waren liegt. Für eine Reihe von Holzwaren bestehen zudem vertragliche Bindungen gegenüber Österreich, Frankreich, Schweden, Finnland, Belgien und der Schweiz, so u. a. für wichtige Bauteile (Fensterrahmen und Türen), Spulen, Birkensperrplatten und Möbelarten. Läßt sich hier eine entsprechende Zollerhöhung durch Lösung der vertraglichen Bindungen nicht erreichen, was anzunehmen ist, so würde eine Verlagerung der Holzeinfuhr vom Schnittholz auf die einfachen Holzwaren eintreten. Hierdurch würde die holzverarbeitende Industrie schwer geschädigt werden. Aber auch die Forstwirtschaft würde ihr Ziel, die Ausweitung des Holzabsatzes, nicht erreichen.

Schließlich erlaube ich mir noch auf die Gefahren hinzuweisen, die in der geplanten weiteren Anwendung des Gedankens eines Verwendungszwanges liegen. In der deutschen Wirtschaft werden diese Bestrebungen bei aller Würdigung der Bedeutung eines besseren Absatzes für die inländischen Agrarprodukte mit besonderer Besorgnis verfolgt. Die Verpflichtung zur Abnahme bestimmter Mengen inländischer Ware ohne Rücksicht auf den geforderten Preis, die oft recht eingreifende Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtung, die Störung der bestehenden standortmäßig begründeten Beziehungen zwischen Produzenten und Verarbeitern und die weitgehende Beeinträchtigung des Handels stellen so schwerwiegende Eingriffe in die freie Verkehrswirtschaft dar, daß sie nur da durchgeführt werden sollten, wo wirklich überragende gesamtwirtschaftliche Interessen vorliegen. Bei einer Reihe von Vorschlägen dieser Art und so auch bei den jetzt zur Erörterung stehenden ist aber der Eindruck nicht von der Hand zu weisen, daß sie lediglich dem Wunsch der Produzenten entstammen, den Preisdruck und die Absatzschwierigkeiten, die ganz[851] allgemein durch die gegenwärtige Depression hervorgerufen sind, auf diese Weise auf den vielleicht ebenso schwer betroffenen Abnehmer abzuwälzen.

Was insbesondere den jetzt vorgesehenen Verwendungszwang für Kasein betrifft, so vermag ich seine Notwendigkeit nicht anzuerkennen. Die inländische Kaseinerzeugung mit bestenfalls 1000 t deckt knapp 6–7% des Kaseinbedarfs. Es steht fest, daß [sich] die Verwertung der Magermilch in Kasein nur bei einem Preis rentiert, der mindestens das Dreifache der derzeitigen Preise beträgt. Würde die gesamte kaseinverarbeitende Industrie, also die Sperrholz-, Farben-, Kunstpapier- und Zellkern-Industrie genötigt, ihr Kasein zu den von der Landwirtschaft angestrebten Preisen einzudecken, wobei ich von der seitens der beteiligten Industrien beanstandeten Qualität des deutschen Produkts ganz absehe, so hätte dies eine untragbare Verteuerung ihrer Erzeugnisse zur Folge. Auch das Handwerk hat Bedenken geäußert9. Sichert man aber durch den Abnahmezwang lediglich den wenigen zur Zeit im Betrieb befindlichen Produktionsstätten für Kasein den Absatz ihrer Erzeugung zu erhöhten Preisen, so vermag ich nicht einzusehen, wie dadurch bei der örtlichen Beschränktheit der Milchmärkte eine allgemeine Erleichterung für die deutsche Milchwirtschaft eintreten soll.

Auch zur Einführung eines Verwendungszwangs für Flachs scheint mir kein hinreichender Anlaß zu bestehen. Die deutsche Flachsproduktion befindet sich in einer dauernd rückläufigen Entwicklung. Sie deckt gegenwärtig noch etwa ein Viertel des deutschen Bedarfs. Bei aller Würdigung der hervorragenden Güte des deutschen Flachses läßt sich eine Beimischung ausländischer Flächse in das Spinngut in gewissem Umfang nicht vermeiden, um den Qualitätsansprüchen der deutschen Spinner und Weber zu genügen. Ich glaube auch nicht, daß bei dem engen Interesse der deutschen Spinner an der Flachsgewinnung der Absatz des deutschen Flachses Schwierigkeit macht, sofern bei der Beschäftigungslage der Spinner und Weber und den zu erzielenden Preisen eine Aufnahme des Flachses überhaupt möglich ist.

Abschrift haben das Auswärtige Amt, der Herr Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, der Herr Reichsfinanzminister und der Herr Reichsarbeitsminister erhalten10.

Mit Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt

gez. Trendelenburg

Staatssekretär

Fußnoten

1

S. Dok. Nr. 240, Anm. 1.

2

Vgl. Dok. Nr. 193, Anm. 8. Gegen die geplanten Agrarzollerhöhungen hatten auch die IHK Hannover am 16.1.31, die IHK Nürnberg am 24. 1. und der Bayer. Industrie- und Handelstag am 29.1.31 protestiert (R 43 I /2426 , Bl. 161–163, Bl. 170, Bl. 181–190).

3

Vgl. dazu Dok. Nr. 99, Anm. 9.

4

S. Dok. Nr. 221, Anm. 15.

5

In einer Verbalnote vom 7.1.31 hatte die Dänische Gesandtschaft vor einer Erhöhung der dt. Agrarzölle gewarnt (Abschrift in R 43 I /2426 , Bl. 165–167). StS Pünder vermerkte am 5.2.31, daß Dänemark und Schweden wegen der Agrarzölle bei RReg. vorstellig geworden seien. Der niederländische Gesandte Graf Limburg-Stirum habe beim RK persönlich in demselben Sinne Bedenken angemeldet. Der SPD-Abg. Hertz habe Pünder gegenüber ausgeführt, daß der Gewerkschaftsflügel der englischen Arbeiterpartei durch die Zollwünsche der dt. Landwirtschaft sehr beunruhigt sei. „Es sei nicht ausgeschlossen, daß unter dem Druck der englischen Gewerkschaft die Labour-Regierung in das protektionistische Fahrwasser übersiedle und in nicht zu ferner Zeit von Arbeiterpartei und Konservativen beschlossene englische Zollmauern die Folge wären. Diese Gefahr erscheine ihm und seinen Freunden außerordentlich bedenklich, und es sei im wohlverstandenen Gesamtinteresse Deutschlands erforderlich, daß diese aufziehende große Gefahr deutscherseits beachtet werde“ (R 43 I /2546 , Bl. 171).

6

Vgl. Dok. Nr. 193, Anm. 4.

7

Vgl. Dok. Nr. 192, Anm. 5.

8

Die Wiederherstellung der Zollautonomie hatte nur die Landvolkpartei in einem Schreiben an den RK vom 29.1.31 gefordert (R 43 I /2546 , Bl. 90–98).

9

Vgl. Dok. Nr. 191.

10

MinR Feßler führte in seiner Stellungnahme zum Schreiben Trendelenburgs u. a. aus: „Es dürfte möglich sein, dem Auslande gerade durch einschneidende Maßnahmen auf dem handelspolitischen Gebiete den festen Willen zur Zahlung der Reparationen und zur Ordnung der innerwirtschaftlichen Verhältnisse unter möglichst weitgehender Ausschaltung ausländischer Einfuhr sinnfällig vor Augen zu führen. Hinweise in dieser Richtung sind bereits gegeben. Es fragt sich nur, bis zu welchem Grade eine Politik dieser Art möglich ist, ohne die Interessen von Industrie, Handel und Verbraucherschaft auf lange Sicht schwer zu beeinträchtigen. Das würde wohl insbesondere dann vorliegen, wenn tatsächlich Deutschland vom Prinzip der Meistbegünstigung abginge und dadurch dem Protektionismus in anderen Ländern und dem Übergang zum Prinzip der Reziprozität neue Anregung gebe. Deutschland kann bei seinen vielgestaltigen Ausfuhrinteressen weniger als fast alle anderen Länder unterschiedliche Behandlung in den aufnehmenden Staaten vertragen. […] Die Ermächtigung an die Reichsregierung, die Zölle nach der Wirtschaftslage frei festzusetzen, würde die Beunruhigung des Auslandes gewiß steigern. Das müßte wohl aber in Kauf genommen werden, in der Erwartung, daß von der Ermächtigung mit äußerster Vorsicht Gebrauch gemacht wird. Das Drängen der Landwirtschaft, die Ermächtigung anzuwenden, wird allerdings sehr stark sein. Die Entscheidungen müßten aber dem Gesamtkabinett vorbehalten werden. Einschaltung des Reichswirtschaftsrats wäre geboten“ (Vermerk Feßlers vom 10.2.31, R 43 I /2546 , Bl. 166–168, Zitat Bl. 167).

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