1.260 (bru2p): Nr. 512 Vermerk des Staatssekretärs Pünder über die Möglichkeit von Reichstagsneuwahlen. 9. Oktober 1931

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Nr. 512
Vermerk des Staatssekretärs Pünder über die Möglichkeit von Reichstagsneuwahlen. 9. Oktober 1931

Nachl. Pünder Nr. 140, Bl. 8–9 Durchschrift

Im Verlaufe der gegenwärtigen Kabinettskrise hat der Herr Reichskanzler mit dem Herrn Reichspräsidenten mehrfach auch die Frage etwaiger Reichstagsneuwahlen im bevorstehenden Winter besprochen. Herr Reichskanzler Dr. Brüning hält vom allgemeinen politischen Standpunkt solche Neuwahl für ganz katastrophal. Nach allen Erfahrungen würden nur die radikalen Parteien auf den Flügeln gewinnen und die übrig bleibende Mitte (abgesehen vom Zentrum) mehr oder weniger zerrieben werden1. Der Herr Reichskanzler erwünschte daher vom Herrn Reichspräsidenten nicht die Vollmacht zur Reichstagsauflösung. Um nun aber die katastrophalen Folgen einer Reichstagsneuwahl[1818] überhaupt zu beseitigen, hätte der Herr Reichskanzler eine gewisse Sicherung in der gleichen Richtung auch für den Fall, daß die neugebildete Regierung bei den bevorstehenden Reichstagsdebatten ein Mißtrauensvotum erhielte und alsdann ein anderweitiger Versuch einer Regierungsbildung unternommen werden müßte.

Die Haltung des Herrn Reichspräsidenten zu diesem Problem ist folgende: Der Herr Reichspräsident ist mit dem Herrn Reichskanzler völlig in der Auffassung einig, daß Neuwahlen in diesem Winter unmöglich sind, da sie ein Unglück bedeuten. Eine schriftliche oder öffentliche Festlegung glaubt der Herr Reichspräsident aber nicht eingehen zu können, da er nicht schon in diesem Augenblick für einen eventuellen Fall sich eines bedeutsamen Teiles seiner Präsidialrechte entäußern dürfe. Die völlig übereinstimmende sachliche Einstellung des Herrn Reichspräsidenten läßt aber, wie mir soeben Staatssekretär Dr. Meissner nochmals in offiziellster Form erklärt hat, absolut den Schluß zu, daß der Herr Reichspräsident ebensowenig wie dem Kabinett Brüning einem etwa folgenden Kabinett die Auflösungsorder geben möchte.

[Pünder]

Fußnoten

1

Diese Beurteilung des RK dürfte sich mit auf das Ergebnis der Hamburger Bürgerschaftswahl vom 27.9.31 stützen, in der KPD 7 und NSDAP 40 Sitze gewannen, während die übrigen Parteien außer dem Z und dem ChrSVD Verluste hinnehmen mußten (Schultheß 1931, S. 208).

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