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2. Entwurf einer Verordnung zur Senkung der Verkehrssteuern.
Der Reichsminister der Finanzen führte aus, daß er sich bezüglich der Vorlage4 insofern in einer schwierigen Lage befinde, als die Reichsregierung auf Grund eines Gesetzes vom 9. Juni 19305 zwar die Ermächtigung zur Senkung der Verkehrssteuern erhalten habe, von dieser Ermächtigung aber im Augenblick aus politischen Gründen kaum Gebrauch machen könne. In weitesten Kreisen werde es nicht verstanden werden, daß man an eine Steuersenkung herangehe zu Zeiten, wo man zu so einschneidenden Maßnahmen habe greifen müssen, wie es das Gesetz über eine Reichshilfe der Personen im öffentlichen Dienst und über einmalige außerordentliche Zuschläge zur Einkommensteuer im Rechnungsjahr 1930 ist6. Unter diesen Umständen halte er es für das richtigste, im Augenblick von einer Beschlußfassung zur Sache Abstand zu nehmen und zunächst einmal die erste parlamentarische Aussprache über den vorgenannten Gesetzentwurf und die sonstigen Deckungsvorlagen der Reichsregierung abzuwarten.
Staatssekretär Dr. Trendelenburg führte aus, daß die in der Vorlage vorgesehene Senkung der Verkehrssteuern unbedingt verwirklicht werden müsse, da dies einem dringenden Bedürfnis der Wirtschaft entspreche. Gegen den Vorschlag des Reichsministers der Finanzen, die Entscheidung heute zu vertagen, äußerte er keinen Widerspruch.
Auf Grund der Aussprache beschloß das Kabinett, die Beschlußfassung selbst noch für eine Reihe von Tagen zurückzustellen. Ebenso soll der zur Zeit dem Reichsrat vorliegende Verordnungsentwurf über die Senkung der Kapitalertragssteuer einstweilen zögerlich behandelt werden7.