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Vorbereitung einer neuen Notverordnung.
Ministerialdirektor ZardenZarden erläuterte zunächst das Stolpersche Projekt, betreffend die Bildung eines Krisenfonds1 und legte einen im Reichsfinanzministerium ausgearbeiteten vorläufigen Entwurf einer Modifikation dieses Projektes vor.
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In R 43 I nicht ermittelt.
Während das Stolpersche Projekt die Belastung aller Lohn- und Gehaltsempfänger mit einem 8%igen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung vorsieht, sieht der Plan des Reichsfinanzministeriums einen gestaffelten Zuschlag zum Arbeitseinkommen der Lohn- und Gehaltsempfänger vor. Bei Einkommen bis 3600 M beträgt der Zuschlag 1%. Bei Einkommen bis 8000 M wird 1% erhoben. Während aber bisher die Einkommen der Lohnempfänger, die 3600 M übersteigen, zur Arbeitslosenversicherung nur von einem Höchstsatz von 3600 RM berechnet werden, soll in Zukunft der 1%ige Zuschlag von der wirklichen Lohnsumme berechnet werden. Bei Einkommen bis 12 000 M beträgt die Krisenabgabe 3%, bis zu 20 000 M 4%, über 20 000 M 5%. Die Erhebung dieser Krisenabgabe ist bis zum 31. Dezember 1932 befristet für insgesamt 1½ Jahre Geltungsdauer der Regelung. Vom 1. Juli 1931 bis 31.12.1932 wird mit einem Gesamtaufkommen von 644 Millionen RM gerechnet. Für die verbleibenden neun Monate des Rechnungsjahres 1931 würde sich also ein Ertrag von 322 Millionen RM ergeben.
Sodann wurde über die Finanzierung der Arbeitslosenfürsorge gesprochen. Der Stand der Besprechung bei deren Abschluß ergibt sich aus der beiliegenden Aufstellung2.
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In der Anlage abgedruckt.
[1100] [Anlage]
Finanzierung der Arbeitslosenfürsorge.
I.
Arbeitslosenversicherung.
Gerechnet wird mit 1,965 Millionen Unterstützungsempfängern.
Geldbedarf nach der bestehenden Regelung
1.784 Millionen
Deckung:
a) aus 6½% Beiträgen: 12 x 115 =
1.380 Millionen
b) aus Ersparnissen durch Reformen
309 Millionen
1.689 Millionen
mithin Fehlbetrag:
95 Millionen
II.
Krisenfürsorge.
Gerechnet wird mit 1,01 Millionen Unterstützungsempfängern.
Bedarf nach geltendem Recht für Reich und Gemeinden
zusammen
788 Millionen
Hiervon gehen ab durch Ersparnisse aus Reformen
64 Millionen
Mithin reiner Unterstützungsbedarf:
724 Millionen
Hiervon trägt das Reich 4/53 =
579 Millionen
(Gemeindeanteil 145)
In den Reichsetat sind eingestellt
420 Millionen
Mithin Fehlbetrag:
159 Millionen
Hierzu treten allein zu Lasten des Reichs gehende weitere Verwaltungskosten mit
29 Millionen
Mithin Gesamtfehlbetrag
188 Millionen.
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Nach § 167 AVAVG in der Fassung des Gesetzes vom 12.10.29 (RGBl. I, S. 185
) trug das Reich 4/5 der Krisenunterstützung.
III.
Wohlfahrtsfürsorge.
Gerechnet wird mit 1,25 Millionen
Unterstützungsempfängern.
Gesamtbedarf 1,25 x 700 RM =
875 Millionen
Die Gemeinden haben etatisiert für Krise
und Wohlfahrt zusammen 500 Millionen.
Da für die Krise abgehen 145 Millionen,
verbleiben für die Wohlfahrt
355 Millionen
Mithin Fehlbetrag von
520 Millionen
Die Gemeinden erhalten mit Rücksicht
auf diesen Fehlbetrag durch die Gehaltskürzungen
164 Millionen
durch die Halbierung des Zuschlags
für das erste Kind
43 Millionen
Aus der Lohnsteuer
60 Millionen
Hauszinssteuerausgleichsfonds
110 Millionen
Aus der gespaltenen Umsatzsteuer
35 Millionen
412 Millionen.
Dem Reich fehlen aus der Alo und Kru
95 Millionen
+
188 Millionen
=
283 Millionen
Dazu kommen für die Knappschaft
30 Millionen
Für den Bergbau
30 Millionen
Insgesamt
343 Millionen
Aus dem heute entwickelten neuen Plan des Reichsfinanzministeriums würden sich für das Reich für neun Monate 1931 ergeben 322 Millionen.