Text
Nr. 514
Reichsminister a. D. MdR Scholz an den Reichskanzler. 9. Oktober 1931
[Übernahme des Reichsjustizministeriums]
Hochverehrter Herr Reichskanzler!
Nach reiflicher Prüfung Ihres für mich so ehrenvollen Antrags, als Reichsjustizminister in die Reichsregierung einzutreten1, muß ich Sie bitten, von der Weiterverfolgung dieses Gedankens abzusehen. Ich betone dabei ausdrücklich, daß ich persönlich besonders gern unter Ihrer Führung an den schweren Aufgaben der Gegenwart mitgearbeitet hätte. Meine sachliche, seit meinem Eintritt in die Politik ohne Schwanken festgehaltene Auffassung verlangt jedoch in diesem Augenblick mehr als je die Heranziehung der in den Rechtsparteien vertretenen starken Kräfte des Deutschen Volkes zu verantwortlicher Mitarbeit2. Ist diese Mitarbeit, die nach meiner ehrlichen Überzeugung im Interesse des Vaterlandes notwendig ist, nicht gewährleistet, so bedauere ich, auch meine Mitwirkung an der Regierung nicht in Aussicht stellen zu können.
Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung und mit verbindlichen Grüßen bin ich
Ihr stets besonders ergebener
Scholz
Reichsminister a. D.
MdR