Text
Nr. 764
Vermerk des Ministerialdirektors v. Hagenow über die geplante Notverordnung, 24. Mai 1932
Die neue Notverordnung würde ich, ihrem tatsächlichen Inhalt entsprechend1, mit folgender Überschrift versehen: „Verordnung des Reichspräsidenten zur Belebung des Arbeitsmarktes und Sicherung der öffentlichen Haushalte“. Statt „Belebung des Arbeitsmarktes“ könnte man auch noch sagen: „Belebung der Wirtschaft“.
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Vgl. die in der Anlage abgedruckte vorläufige Gliederung der NotVo. (R 43 I/2376, S. 491–493).
Die Bezeichnung „Fünfte Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ halte ich nicht für zweckmäßig. Abgesehen davon, daß die neue Notverordnung selbst, im Gegensatz zu den bisherigen vier Notverordnungen, keine positiven Vorschriften enthält, die eine Sicherung von Wirtschaft bezwecken, erwartet meines Erachtens die Öffentlichkeit in der neuen Notverordnung neue Gedankengänge, die auch im Interesse der Reichsregierung in irgendeiner Form ihren Ausdruck finden müssen. Die Aufzählung von Notverordnungen, wie „Fünfte Notverordnung des Reichspräsidenten pp.“ dürfte in der Öffentlichkeit keinen günstigen Anklang finden und nur dahin ausgelegt werden, daß die Reichsregierung nichts Neues zu bringen weiß. Bei der heutigen politischen angespannten Lage muß man m.E. schlagartig dem Publikum vor Augen führen, um welche großen Probleme es sich im Interesse unseres Volkes handelt. Solche Probleme wirft die neue Notverordnung auf in zwei Punkten:
1) | Belebung des Arbeitsmarktes durch das Arbeitsbeschaffungsprogramm und indirekt auch durch die Siedlung und ferner |
2) | durch die Sicherung der öffentlichen Haushalte. (Arbeitslosenhilfe, Sozialversicherung, Rechtspflege und sonstige Sicherungsmaßnahmen). |
H[a]g[enow]2
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Der Vermerk v. Hagenows und die Disposition der NotVo. wurden am 13.6.32 zu den Akten geschrieben.