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1. Fortsetzung der Vorbereitung des Finanz- und Wirtschaftsplans der Reichsregierung.
Das Kabinett setzte die am 24. September unterbrochene Beratung fort1.
V. Finanzierung der Arbeitslosenversicherung – Reform der Arbeitslosenhilfe.
Der Reichsarbeitsminister nahm Bezug auf die den Reichsministern zugegangenen schriftlichen Vorlagen vom 20. September 1930 und schlug vor, die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung vom 5. Oktober ab von 4½% auf 6½% zu erhöhen2.
Sodann machte er anhand der Aufzeichnungen (Anl. 1) eingehende Ausführungen über die von ihm beabsichtigte Umgestaltung der Krisenfürsorge3. Als Hauptpunkte der Reform nannte er
a) Ausscheidung der Kurzanwärter aus der Krisenfürsorge,
b) Verschärfung der Bedürftigkeitsprüfung,
c) Anpassung der Unterstützungssätze an die Sätze der Wohlfahrtsfürsorge.
Die Reform soll durch Erlaß einer Verordnung erfolgen, die nach Möglichkeit bereits am 1. November d. J. in Kraft treten soll4. Er bezweifelte, daß es sich trotz der in Aussicht genommenen Reform ermöglichen lassen werde, in der Krisenfürsorge im Rechnungsjahr 1931 mit dem vom Reichsminister der Finanzen vorgesehenen Betrag von 400 Millionen durchzukommen.
[447] Der Reichsminister der Finanzen erwiderte, ohne Widerspruch des Reichsarbeitsministers zu finden, daß die Arbeitslosenversicherung im kommenden Rechnungsjahr bei einer Beitragshöhe von 6½ v.H. finanziell gesichert sein werde, so daß eine Belastung des Haushalts für die Zwecke der Arbeitslosenversicherung nicht in Frage komme. Es werde sogar ein Überschuß für die Krisenfürsorge bleiben.
Sodann stellte er die Aufwendungen für die Arbeitslosenfürsorge im Rechnungsjahr 1930 den im Rechnungsjahr 1931 für den gleichen Zweck vorgesehenen Mitteln gegenüber. Es wurde berechnet, daß die Arbeitslosenfürsorge im laufenden Rechnungsjahr insgesamt 2.270.000.000 Reichsmark erfordere.
Dieser Betrag setze sich wie folgt zusammen:
Versicherungsbeiträge
1296 Millionen RM
Zuschüsse des Reichs
434 Millionen RM
Darlehen des Reichs
140 Millionen RM
Krisenfürsorge
400 Millionen RM
insgesamt
2270 Millionen RM
Demgegenüber werden im Rechnungsjahr 1931
zur Verfügung stehen:
Aus 6½ v.H. Versicherungsbeiträgen
(1% = 260 Millionen) =
1690 Millionen RM
Zuschüsse des Reichshaushalts zur Krisenfürsorge
400 Millionen RM
insgesamt
2090 Millionen RM
Der Reichsminister der Finanzen meinte, daß man die Differenz zwischen 1930 und 1931 einstweilen ungedeckt lassen könne, weil man unbedenklich eine bescheidene Besserung der Wirtschaftslage für 1931 in Rechnung stellen dürfe.
Beschlüsse wurden nicht gefaßt.
Die Weiterberatung wurde auf den Nachmittag vertagt5.
Fußnoten
- 3
Der Entw. des Erlasses über Personenkreis und Dauer der Krisenunterstützung hob die bisherige Beschränkung der Krisenfürsorge auf bestimmte Berufsgruppen auf und dehnte sie auf grundsätzlich alle Berufe aus. In Gemeinden mit 10 000 und mehr Einwohnern sollte die Krisenunterstützung den Angehörigen aller Berufsgruppen ohne besondere Zulassung gewährt werden. Die Vorsitzenden der Landesarbeitsämter wurden ermächtigt, für ihren Amtsbezirk oder Teile desselben Berufsgruppen zur Krisenunterstützung zuzulassen. Von der Unterstützung waren Angehörige der Berufsgruppen „Landwirtschaft“ und „häusliche Dienste“ sowie Arbeitslose unter 21 Jahren ausgeschlossen. Krisenunterstützung stand den Arbeitslosen zu, die aus der ALV ausgesteuert waren. Die Dauer der Unterstützung sollte höchstens 26 Wochen betragen, bei Erwerbslosen über 40 Jahren konnte sie bis zu 39 Wochen verlängert werden (R 43 I
/1446
, Bl. 255–258).