Text
Politische Lage.
Der Reichskanzler unterrichtete das Reichskabinett über die in der voraufgegangenen Parteiführerbesprechung bekanntgegebene Stellungnahme der Koalitionsparteien zum Finanzprogramm der Reichsregierung vom 9. Dezember und stellte sodann die aus der durchweg negativen Haltung der Fraktionen zu ziehenden Schlußfolgerungen zur Diskussion1. Er selbst äußerte sich dahin, daß eine Reichsregierung in ruhigen Zeiten angesichts einer derartigen Haltung der Fraktionen ohne weiteres die Konsequenzen ziehen und zurücktreten werde. In der gegenwärtigen Situation, bei der es unter allen Umständen auf die Überwindung der Ultimoschwierigkeiten ankomme, führe eine derartige Änderung nicht zum Ziele, sondern zur Staatskrise. Seine Auffassung gehe dahin daß die Reichsregierung, trotz der Uneinigkeit der Parteien, mit dem Finanzprogramm baldigst vor den Reichstag treten und für dieses Finanzprogramm die Vertrauensfrage stellen müsse. Dem Reichstag müsse vor aller Öffentlichkeit der ganze Ernst der Lage dargelegt werden, damit jede Partei sich der Verantwortung, die sie vor Staat, Volk und Geschichte habe, bewußt werde. Die Reichsregierung stehe und falle mit dem Finanzprogramm.
[1248] An der nachfolgenden Aussprache beteiligten sich sämtliche Reichsminister. Sie sprachen sich letzten Endes sämtlich übereinstimmend im Sinne der Vorschläge des Reichskanzlers aus.
Die Entscheidung des Reichskabinetts soll den Fraktionsführern baldigst mitgeteilt werden, mit dem Hinweis darauf, daß die Reichsregierung Wert darauf legt, ihre Regierungserklärung bereits am Donnerstagnachmittag [12. 12.] vor dem Reichstag abzugeben2.