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4. Fürsorge für die freien Berufe im besetzten Gebiet.
Generalkommissar Schmid führte aus, daß die freien Berufe im besetzten Gebiet nicht ohne Unterstützung bleiben könnten4. Er bat, für den Monat Januar 1924 200 000 Goldmark für die freien Berufe zur Verfügung zu stellen.
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Im schriftl. Antrag des RMbesGeb. vom 12.12.23 (R 43 I/190, Bl. 313 f.) auf Fortführung der Fürsorge für die freien Berufe im besetzten Gebiet heißt es u. a.: „Die hier in Betracht kommenden Personenkreise (Rechtsanwälte, Ärzte usw.) spielen politisch eine besonders bedeutende Rolle und haben in den Parteiorganisationen vielfach Führerstellungen inne.“
Staatssekretär Schroeder betonte, er habe ausdrückliche Weisung, diesem Antrage zu widersprechen. Jetzt lasse sich noch nicht übersehen, wie die Finanzlage des Reichs sich gestalten würde. Die Hauptsache sei, in welchem Umfange die neuen Steuern eingehen würden.
Der Reichskanzler bat zu erwägen, ob die Entscheidung nicht mit Rücksicht hierauf hinausgeschoben werden könne.
Der Vizekanzler war der Ansicht, daß es jetzt unmöglich sei, die freien Berufe von der Fürsorge auszuschließen, nachdem das Kabinett sich dahin entschieden habe, die Zahlungen fortzusetzen. In den freien Berufen seien außerordentlich wertvolle Kräfte vertreten. Man könne diese nicht völligem Elend preisgeben.
Auf Anregung des Vizekanzlers erklärte sich Ministerialdirektor Dr. Ritter (Reichsarbeitsministerium) bereit, den Versuch zu machen, aus Mitteln des Reichsarbeitsministeriums 100 000 Goldmark für die Zeit bis zum 15. Januar 1924 zum Zwecke der Fürsorge für die freien Berufe vorzuschießen unter der Voraussetzung, daß das Reichsfinanzministerium diesen Betrag erstatte.
Das Kabinett war hiermit einverstanden. In der nächsten Sitzung nach Weihnachten will das Reichskabinett sich mit der Frage der Fürsorge für die freien Berufe erneut befassen5.