Text
[1023] Nr. 315
Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen an das Reichsfinanzministerium. 8. Oktober 1929
R 43 I/298
, Bl. 148, hier: Bl. 148 Abschrift1
Betreff: Postabfindung.
Dadurch daß das Reich die im Staatsvertrag über den Übergang der Post und Telegraphenverwaltung an das Reich vom 29./31. März 1920 übernommenen finanziellen Verpflichtungen bisher nicht erfüllt hat, ist der bayerische Staat schwer geschädigt worden. Es ist unmöglich, diese Schädigung noch weiter zu ertragen. Meinem Ersuchen vom 17. November 1928, mit Rücksicht auf die bevorstehenden Reparationsverhandlungen wenigstens die für die Verzinsung der vereinbarten Abfindung geschuldeten Beträge in den Haushalt für 1929 einzustellen, ist leider nicht entsprochen worden2. Nunmehr beabsichtigt das Reichsfinanzministerium im Zusammenhang mit der Durchführung des Young-Plans die gesamten finanziellen Verhältnisse des Reichs einer Neuordnung zu unterziehen. Ich nehme an, daß bei diesem Anlaß die Forderung Bayerns aus der Verreichlichung der Post- und Telegraphenverwaltung endlich bereinigt werden wird, wie sie in der Klage zum Staatsgerichtshof vom 28. Dezember 1928 geltend gemacht ist und daß im nächsten Reichshaushalt die dafür benötigten Mittel vorgesehen werden. Bei der Bedeutung der Angelegenheit für den bayerischen Staatshaushalt wäre ich für eine baldgefällige Mitteilung darüber ganz besonders dankbar, was das Reichsfinanzministerium zur Bereinigung der in Frage stehenden Verpflichtungen zu tun gedenkt und ob meine Annahme zutreffend ist. Davon wird es abhängen, ob die Bayerische Staatsregierung genötigt sein wird, auf die baldige Entscheidung des Staatsgerichtshofs über die von ihr erhobene Klage hinzuwirken.
gez. Dr. Schmelzle