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Haftstättenverzeichnis

Haftanstalten der Gestapo und der Orpo (Deutsches Reich)

Ab 1933 waren die Haftstätten der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und der Ordnungspolizei (Orpo) neben den Konzentrationslagern die zentralen Orte des Terrors und der Repression gegen die politischen Gegnern des NS-Regimes. Mit der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933 wurde das Repressionsinstrument der so genannten „Schutzhaft“ eingerichtet. Damit war die gesetzliche Grundlage gegeben, Gegner des NS-Regimes ohne richterliche Kontrolle und Verurteilung zu verhaften und auf unbestimmte Zeit zu inhaftieren. Seit März 1933 entstanden zahlreiche „Schutzhaftabteilungen“ in den Polizeigefängnissen und Gestapogefängnissen, aber auch in regulären Gefängnissen und Zuchthäusern, die zu diesem Zweck von der Justiz zur Verfügung gestellt wurden. Die Bewachung der Inhaftierten stellten sowohl Polizeibeamte als auch Angehörige der SA und SS.

Bereits im Frühjahr 1933 waren diese Haftanstalten weit über ihr eigentliches Fassungsvermögen hinaus belegt. Neben der Überfüllung und der Ungewissheit über das weitere Schicksal war der Alltag der Inhaftierten von stundenlangen Verhören, Folter und Gewalt sowie zum Teil Einzelhaft oder Dunkelarrest geprägt. Die Inhaftierung und die Vernehmungen konnten dabei wenige Stunden oder Tage bis hin zu Wochen oder mehreren Monaten dauern. Für die meisten der Inhaftierten waren diese Haftstätten eine Durchgangsstation, häufig zu den Konzentrationslagern.

Die „Schutzhaft“ und die nach Kriegsbeginn entstehende „Arbeitserziehungshaft“, die zur Gründung polizeilicher Sonderlager – der „Arbeitserziehungslager“ – führte, waren ebenso wie die „Vorbeugehaft“ eine Kategorie präventiver Verfolgung und Repression im Nationalsozialismus. In „polizeiliche Vorbeugehaft“ nahm die Kriminalpolizei ab Anfang 1937 „Berufs- und Gewohnheitsverbrecher“, was in der Regel zu KZ-Einweisungen ohne konkreten Strafbestand führte. In der ersten Zeit nach der Machtübertragung auf die Nationalsozialisten wurden vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter sowie Mitglieder der sozialistischen Parteien und Widerstandsorganisationen verhaftet. Aber auch andere Gruppen wie Zeugen Jehovas oder einzelne Mitglieder der Kirchen wurden in den Gefängnissen der Polizei inhaftiert. Es bestand eine enge Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz. Letztere teilte der Polizei Entlassungen vor allem von Untersuchungsgefangenen mit, ab 1935 auch von „staatsfeindlichen“ Personen sowie von Ausländern und Sinti und Roma. Mit Beginn des Krieges stieg die Zahl der „Schutzhäftlinge“ weiter an. Neben Jüdinnen und Juden, die zu fliehen versuchten und dabei gegen die Devisenbestimmungen verstoßen hatten, wurden unter anderem auch zahlreiche ausländische Zivilarbeitern und Zivilarbeiterinnen inhaftiert. In erster Linie wurden dieser jedoch in die „Arbeitserziehungslager“ (AEL) der Gestapo eingewiesen.

Ab spätestens 1937 kam es zu einer Ausweitung der „Feindgruppen“ der Gestapo. Von diesem Zeitpunkt an trat neben die politische Gegnerbekämpfung von Kommunisten, Sozialdemokraten und anderen die Verfolgung von denjenigen sozialen Gruppen, die gemäß der nationalsozialistischen Weltanschauung aus dem deutschen Volkskörper ausgesondert bzw. vernichtet werden sollten, also Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und sogenannte „Asoziale“ sowie „Erbkranke“. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges kam es auch in den Gefängnissen der Gestapo zu einer Radikalisierung der Haftpraxis.

Literaturauswahl:

Gutermuth, Frank & Netzbandt, Arno. Die Gestapo. Berlin 2005.

Lichtenstein, Heiner. Himmlers grüne Helfer. Die Schutz-und Ordnungspolizei im „Dritten Reich“. Köln 1990.

Lofti, Gabriele. KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich. Stuttgart 2000.

Paul, Gerhard & Mallmann, Klaus-Michael. Die Gestapo – Mythos und Realität. Darmstadt 1995.

Wilhelm, Friedrich. Die Polizei im NS-Staat. Die Geschichte ihrer Organisation im Überblick. Paderborn/München/Wien 1997.