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Archivar Florian Höhensteiger an seinem Arbeitsplatz

Florian Höhensteiger (Referat FA 1), Quelle: Bundesarchiv

Drei Fragen an Florian Höhensteiger

Florian Höhensteiger ist Sachbearbeiter im Referat FA 1. Das Referat ist zuständig für die Grundsätze der Filmarchivierung des Bundes in der Abteilung Filmarchiv. Mehr als 250.000 Filme und über 1 Million Filmrollen befinden sich im Bestand des Filmarchivs. Damit gehört es zu den größten weltweit.
 

Wie sieht der Alltag eines Archivars im Referat FA 1 aus?

Der ist sehr divers und deckt verschiedene Arbeitsbereiche ab. Einerseits betreue ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen die Öffentlichkeitsarbeit des Filmarchivs. Das beinhaltet zum Beispiel die Planung von Veranstaltungen und Filmprogrammen, bei uns im Haus oder auch bei externen Kooperationspartnern, zum Beispiel bei Filmfestivals wie dem Cinefest Hamburg, das im November in Kooperation mit dem Bundesarchiv stattfindet. Andererseits bin ich für die Koordinierung der Digitalisierung unserer Filmbestände zuständig. Das umfasst sowohl die reguläre Sicherung von Filmen als auch größere Projekte, bei denen wir Filme in bestmöglicher Qualität restaurieren und verfügbar machen. Zudem befasse ich mich mit internationaler und nationaler Archivzusammenarbeit, dem Austausch von Know-How und auch konkret von Filmkopien. Ein spannendes aktuelles Projekt war die Zusammenarbeit mit ukrainischen Filmwissenschaftlern und Historikern, bei der wir als verschollen gegoltene ukrainische Filme aus der Frühzeit des Films in unserem Archivbestand identifizieren konnten, die nirgendwo anders überliefert sind. Diese sind nun zu einem großen Teil in unserem Digitalen Lesesaal aufrufbar.

Welche Filme lagern im Filmarchiv des Bundesarchivs, nach welchen Kriterien wird entschieden, was restaurierungswürdig ist?

Unser Bestand umfasst Werke vom Beginn des Films 1895 bis heute. Da ist alles dabei: Stummfilme, Spielfilme, Animationsfilme, Dokumentarfilme. Zum Teil stammen sie aus Beständen früherer Archive wie dem Reichsfilmarchiv der Nationalsozialisten, dem Staatlichen Filmarchiv der DDR oder dem Bundesarchiv in Westdeutschland. Heutzutage übernehmen wir hauptsächlich Filme, die mit öffentlichen Geldern gefördert wurden, sowie Produktionen öffentlicher Stellen des Bundes. In unserer Arbeit stoßen wir auch immer wieder auf Kuriositäten oder besondere Schätze, sei es der Lehrfilm „Kamerad Pferd ist krank“ über ein Pferdelazarett im Zweiten Weltkrieg oder sogar die Filmrolle eines unbekannten alternativen Endes eines Films aus der Weimarer Republik. Den Großteil sichern wir digital. Ob etwas aufwändig restauriert wird, ergibt sich aus verschiedenen Faktoren wie der Materialüberlieferung- und Gefährdung, der Frage, ob der Film in anderen Archiven vielleicht in vollständigerer oder besserer Überlieferung vorliegt und auch der urheberrechtlichen Situation. Zudem spielt die filmhistorische oder ästhetische Bedeutung eine Rolle.

Welche Rolle spielt der Erhalt der Originale noch in Zeiten von Digitalisierung?

Gerade in Zeiten von Fake News und KI, in denen der digitale Film immer wieder Änderungen unterlegen ist, stellt das Original eine bedeutsame historische Quelle dar. Im Archiv kann man gucken: was zeigt der Film wirklich? Der Erhalt des Originals ist also als Zeitdokument unglaublich wichtig. Aber auch als ästhetisches Material, als Kunstwerk. Ein Originalbildnegativ, von dem ich weiß, dass es damals wirklich in der Kamera beim Dreh dabei war und diese Bilder aufgezeichnet hat, ist für mich nicht nur eine schöne Erinnerung, sondern bildet auch eine einzigartige Brücke in die Vergangenheit.