Einführung
Das Mitgliedschaftswesen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) unterlag der Zuständigkeit des Reichsschatzmeisters. Die Mitgliederkarteien, bestehend aus Zentralkartei und Gaukartei, wurden in München (Amt für Mitgliedschaftswesen) geführt und sollten kurz vor Kriegsende auf Anordnung der NS-Administration in einer Papiermühle vernichtet werden. Durch Nichtausführung des Vernichtungsbefehls gelangten die Karteien in das unter amerikanischer Verwaltung stehende Berlin Document Center, wo sie bis zum Zeitpunkt der Übergabe an das Bundesarchiv am 1.7.1994 verwaltet wurden. Die Karteien können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben und sind nur zu schätzungsweise 80% überliefert.
Teil 1 - Die Aufnahmescheine
Die Karteikarten für die zentralen Mitgliederkarteien wie auch die Mitgliedskarten selbst, die den Betroffenen durch den örtlich zuständigen Hoheitsträger auszuhändigen waren, wurden dort auf der Basis eines Aufnahmeantrages ausgestellt.
Diese NSDAP-Aufnahmescheine waren vom Reichsschatzmeister nach Aufstempelung der einmalig zu vergebenden Mitgliedsnummer zur dauernden Aufbewahrung vorgesehen. Im Vergleich zur Gesamtmitgliederzahl von ca. 8,5 Millionen Mitgliedern zum Ende des Zweiten Weltkrieges hat dieser Bestand mit etwa 600.000 NSDAP-Aufnahmescheinen den Krieg jedoch nur sehr unvollständig überdauert.
Auf Grund der im Bundesarchiv verwahrten und nach NSDAP-Gauen gegliederten Listen der Aufnahmescheine, die zusammen mit den Antragsformularen an den Reichsschatzmeister gesandt wurden, sowie der dabei entstandenen Korrespondenz zwischen Gau- und Reichsleitung, ist durch eine Vielzahl von Einzelfällen belegt, dass zur Durchführung des Aufnahmeverfahrens ein Aufnahmeantrag mit eigenhändiger Unterschrift vorgelegen haben muss.
Teil 2 - Keine Aufnahme ohne Einzelantrag und Unterschrift
Aufnahmescheine ohne Unterschrift wurden vom Reichsschatzmeister unbearbeitet zurückgewiesen und an die zuständige Gauleitung mit Bitte um Berichtigung zurückgesandt. Ein unterschriebener Aufnahmeantrag war Bedingung für die Aufnahme in die NSDAP (siehe Schreiben des Aufnahme-Amtes vom 21.06.1944 an die Gauleitung Hessen-Nassau).
Laut Aussage des sich im Jahre 1947 im Internierungslager Regensburg befindenden ehemaligen Leiters des Mitgliedschaftamtes, Dr. Anton Lingg, sind "niemals Personen in die Partei aufgenommen worden, für die nicht ein Einzelantrag vorlag. Aufnahmen durch Sammellisten sind niemals vorgekommen." Weiter gab er bei seiner Vernehmung zu Protokoll "... ein anderer durfte so einen Antrag nicht unterschreiben, wenn auch in der Praxis Fälle bekannt sind, wo es (d.h. wohl Urkundenfälschung) vorgekommen ist" (zitiert nach Bundesarchiv, Research O. 377 I).
Teil 3 - Herabsetzung des Aufnahmealters
Gemäß Anordnung 1/44 des Reichsschatzmeisters vom 07.01.1944 wurde hinsichtlich der Aufnahme von weiblichen und männlichen HJ-Angehörigen der Jahrgänge 1926 und 1927 verfügt, dass das Aufnahmealter von 18 auf 17 Jahre herabzusetzen war. Neben einer HJ-Dienstzeitbescheinigung war ein NSDAP-Aufnahmeantrag von den Betroffenen eigenhändig auszufüllen und unterschrieben an den zuständigen HJ-Führer abzugeben. Die Gauleitungen hatten sodann die Anträge per Sammelsendung an die Reichsleitung (Reichsschatzmeister) weiterzuleiten. Als Aufnahmedatum war der 20.04.1944 vorgesehen.
Die gleiche Verfahrensweise ist auch in den Anordnungen 43/42 und 26/43 vorgesehen.
Teil 4 - Der Geburtsjahrgang 1928
Für die Angehörigen der Hitlerjugend des Geburtsjahrganges 1928 war gemäß Anordnung 24/44 vom 30.09.1944 eine Aufnahme in die NSDAP nicht mehr geplant. Die tatsächliche Aushändigung der Mitgliedskarten bzw. der Mitgliedsbücher durch die örtlichen Hoheitsträger (in der Regel die NSDAP-Ortsgruppenleiter) ist hier nur in den seltensten Fällen belegt.
Mit der Aushändigung dieser Dokumente, die bis zu zwei Jahre nach der Antragstellung erfolgen konnte, wurde die Mitgliedschaft erst rechtskräftig. Hingegen sind Vermerke über die Erstellung der Mitgliedskarten häufig den Mitgliederkarteikarten zu entnehmen.