Direkt zum Seiteninhalt springen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesarchivs an einem Tisch bei einer Notfallübung in Berlin-Lichterfelde

Im Einsatz bei einer Übung für den Notfall: Jens Niederhut (2. v. l.) im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde, Quelle: Bundesarchiv / Kramer

Drei Fragen an Jens Niederhut

Dr. Jens Niederhut ist Leiter des Referats AT 1 (Bestandserhaltung), das unter anderem für die Koordinierung der Restaurierungs-, Konservierungs- und Digitalisierungsprogramme des Bundesarchivs und damit auch für den Katastrophenschutz zuständig ist.

Warum ist Katastrophenschutz für eine Institution wie das Bundesarchiv wichtig?

Das Archivgut des Bundesarchivs ist einzigartiges Kulturgut. Durch eine zunehmende Zahl von Extremwetterereignissen, wie Starkregen oder Hitzewellen, steigt das Risiko für Schäden und Katastrophen. Bei einem entsprechenden Ereignis entscheiden oft die folgenden Stunden und Tage, ob das betroffene Archivgut gerettet werden kann. Große Katastrophen im Kulturbereich – wie der Einsturz des Kölner Stadtarchivs und der Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar – haben die Institutionen noch eher unvorbereitet getroffen. Heute gibt es überall im Kulturbereich einen deutlich besseren Stand bei der Notfallvorsorge. Das hat sich beispielsweise schon bei dem Hochwasser im Ahrtal gezeigt, wo vielfach schnell geholfen werden konnte. Trotzdem waren die Schäden natürlich signifikant.

Auf welche Szenarien bereitet sich das Bundesarchiv konkret vor?

Das wahrscheinlichste Szenario ist ein durch Wasser ausgelöstes Schadensereignis: Hochwasser, Starkregen, Rohrbrüche und Löschwasser führen alle zu durchnässtem, geschädigtem und verschmutztem Archivgut. Mit Sondermitteln des Deutschen Bundestages haben wir in den letzten Jahren drei Mobile Erstversorgungszentren beschafft – die sogenannten Notfallanhänger. In diesem Jahr wollen wir noch einen weiteren beschaffen. Die Anhänger sind ausgerüstet mit Zelten, Arbeitstischen, Equipment für die Bergung von Archivgut und so weiter. Im Ernstfall können wir schnell mehrere aufbauen, an denen Archivgut mit Wasser gereinigt, dokumentiert und in Folie verpackt wird.

Wir nehmen aber nicht nur die Erstversorgung, sondern den gesamten Prozess in den Blick: Das nasse Archivgut wird eingefroren – hierfür wurde das Notfallmagazin in Koblenz ertüchtigt und Kühlzellen bzw. Gefriertruhen für andere Standorte beschafft. In insgesamt drei Gefriertrocknungsanlagen in Lichterfelde, Koblenz und Chemnitz wird das Archivgut dann schonend getrocknet.

Hat das Bundesarchiv schon anderen geholfen?

Die drei neuen Anhänger, die in Berlin, Koblenz und Freiburg stehen, mussten zum Glück noch nicht zum Einsatz kommen. Aber das Bundesarchiv hat in den vergangenen Jahren immer wieder Einrichtungen unterstützt. Nach der Ahrtalkatastrophe haben wir Gerichtsakten eingefroren und in der Gefriertrocknungsanlage behandelt. Im letzten Jahr haben wir beispielsweise die Zentral- und Landesbibliothek Berlin und die Bibliothek des Deutschen Bundestages nach Wasserschäden unterstützt. Wichtig ist, dass wir bereit sind für den Ernstfall, deshalb kamen die Anhänger auch bei unseren Katstrophenschutzübungen zum Einsatz. In diesem Jahr soll ein weiterer Anhänger für den Standort Schwerin beschafft werden. Und wir wollen natürlich weitere Übungen durchführen.