Geschichte der Wehrmachtauskunftstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene / Deutsche Dienststelle
Bereits am 26. August 1939 wurde in Berlin gemäß Artikel 77 der Genfer Konvention vom 27. Juli 1929 eine nationale amtliche Auskunftstelle mit der Bezeichnung Wehrmachtauskunftstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene (WASt) eingerichtet, deren Aufgabe es war, die in der Genfer Konvention festgelegten Verpflichtungen zu erfüllen.
Nach Artikel 77 der Genfer Konvention sind von jedem Krieg führenden Staat bei Beginn von Feindseligkeiten nationale amtliche Auskunftstellen über die auf ihrem Gebiet befindlichen Kriegsgefangenen zu errichten. Des Weiteren ist eine Zentralauskunftstelle über die Kriegsgefangenen auf neutralem Gebiet einzurichten, die alle die Gefangenen betreffenden Nachrichten sammelt und so schnell wie möglich dem Heimatstaat der Gefangenen oder der Macht, der sie Dienste geleistet haben, zustellt. Während des Zweiten Weltkrieges übernahm das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit Sitz in Genf die Aufgabe dieser Zentralauskunftstelle, welche die Bezeichnung Agence Centrale des Prisonniers de Guerre (ACPG) trug.
Des Weiteren war die WASt zuständig für den Nachweis der an Wehrmachtsangehörige ausgegebenen Erkennungsmarken, die Auswertung von Verlustmeldungen der Truppe, der Lazarette, der Wehrmacht-Gräberoffiziere und des IKRK sowie die Anzeige von Sterbefällen bei den zuständigen Standesämtern.
Um die Unterlagen der WASt vor Bombenangriffen in Sicherheit zu bringen, wurde sie im August 1943 zu großen Teilen nach Saalfeld und Meiningen in Thüringen verlegt. Nach der Besetzung Thüringens im April 1945 arbeitete sie unter der Aufsicht der amerikanischen Militär-Kontrollkommission weiter.
Anfang Juli 1945, unmittelbar vor der Übergabe Thüringens an sowjetische Truppen, wurden große Teile der Unterlagen und deren Bearbeitung nach Fürstenhagen bei Kassel verlagert. Ende Januar 1946 kehrte die Dienststelle nach Berlin zurück und nahm ihre Tätigkeit unter amerikanischer Aufsicht wieder auf. Ihr neuer Name „Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht“ war eine wörtliche Übersetzung der amerikanischen Bezeichnung.
Am 24. Juni 1946 wurde sie der Aufsicht der Délégation Française du Comité Quadripartite d'Étude de Renseignements mit dem Auftrag unterstellt, die aus den internationalen Verpflichtungen entstehenden Aufgaben und Arbeiten weiter fortzuführen.
Am 1. Juni 1948 wurde die von der Britischen Admiralität in Hamburg gebildete Marine-Personal-Dokumenten-Zentrale mit der Deutschen Dienstelle vereinigt, die in den folgenden beiden Jahren den Transport der Marineunterlagen nach Berlin veranlasste.
Im Jahre 1951 bezog die Deutsche Dienststelle auf dem Gelände der ehemaligen Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik (DWM) in Berlin-Reinickendorf den Standort Eichborndamm 167-209. Dort blieb sie bis zu ihrer Überleitung in das Bundesarchiv.
Die ihr ursprünglich von den Alliierten übertragenen Aufgaben wurden durch die Kriegsfolgengesetzgebung wesentlich erweitert. Während anfangs vor allem Bescheinigungen für behördliche Zwecke erfragt wurden, zum Beispiel Dienstzeitbescheinigungen, Sterbefallanzeigen oder Benachrichtigung von Angehörigen, überwogen bei den Eingängen zuletzt Anfragen zur Familiengeschichte und zu wissenschaftlichen Forschungsvorhaben.
Geschichte des Krankenbuchlagers Berlin
Das noch während der Kriegszeit im Jahr 1918 eingerichtete Krankenbuchlager Berlin verwaltete die Krankenunterlagen einschließlich der Krankenbücher zu preußischen Soldaten im Ersten Weltkrieg. Für die anderen Bundesarmeen wurden eigene Krankenbuchlager in Dresden, Stuttgart und München eingerichtet, die jedoch während des Zweiten Weltkriegs durch Kriegseinwirkungen vernichtet wurden.
Für die Krankenunterlagen aus dem Zweiten Weltkrieg war das Zentralarchiv für Wehrmedizin zuständig, währenddessen das Krankenbuchlager Berlin seine bisherigen Aufgaben behielt. Große Teile der Überlieferung des Zentralarchivs für Wehrmedizin ging kriegsbedingt verloren. Erhalten blieben die Unterlagen des Krankenbuchlagers Berlin.
In der Nachkriegszeit übernahm das Krankenbuchlager Berlin auch die Aufgabe der Sammlung von Krankenunterlagen zum Zweiten Weltkrieg und beantwortete somit Anfragen zu Versorgungsansprüchen aus beiden Weltkriegen. Im Jahr 1951 wurde das Krankenbuchlager für kurze Zeit als Abteilung X in die Deutsche Dienststelle integriert.
Durch Beschluss des Senats von Berlin wurde das Krankenbuchlager am 25. Februar 1952 dem Versorgungsamt I angegliedert. Daneben bestanden Krankenbuchlager in Kassel und München, deren Krankenbücher und Urkundenbestände 1964 beim Krankenbuchlager Berlin zentralisiert wurden.
Im Jahr 2013 stellte das Krankenbuchlager die Auskunftserteilung ein. Bereits im Vorfeld wurden seit 1977 personenbezogene Einzelurkunden überwiegend zum Ersten Weltkrieg an das Bundesarchiv in Freiburg abgegeben. Alle anderen Unterlagen übernahm die Deutsche Dienststelle.